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VorgartenwettbewerbBergisch Gladbacher Preisträger verarbeiten den Tod ihres Kindes

Lesezeit 3 Minuten
Im Vorgarten von Familie Alter ist unter anderem eine Liege zu finden.

Viele Elemente prägen den kleinen Vorgarten, den Claudia und Reiner Alter gestaltet haben.

Vor ein paar Tagen hat die Siegerehrung des Vorgartenwettbewerbs „Bunt statt grau“ in Bergisch Gladbach stattgefunden. Auf der Bühne erzählten die Sieger, wie sie zur Gartenarbeit gekommen sind.

Gartenarbeit ist Trauerarbeit. Als Claudia Alter vor ein paar Tagen bei der Siegerehrung des Vorgartenwettbewerbs „Bunt statt grau“ auf der Bühne stand, wollte die Moitzfelderin die ausgelassene Stimmung nicht drücken. „Ja, ich habe mich sehr über den ersten Preis gefreut“, sagt sie. Eine Jury aus Stadt und Klimafreunden Rhein-Berg hatte den grünen Garten als einen von zwei Siegerbeiträgen ausgewählt unter 71 Einsendungen, die nun prämiert wurden. Die tragische Geschichte dahinter bekamen nur wenige mit.

Der Garten, um den sich Claudia Alter gemeinsam mit ihrem Mann Reiner kümmert, war bis zum Mai 2020 ein Kinder-Abenteuer-Spielegarten für Tochter Sophia. Sandkasten und Trampolin standen im Garten, alles, was ein Kind von sechs Jahren zum Glücklichsein braucht.

Tochter starb bei ambulanter Vollnarkose

Sophia, die Tochter von Claudia Alter, starb im Mai 2020 durch eine ambulante Vollnarkose in einer Zahnarztpraxis, es hätte ein „Routineeingriff“ sein sollen. Ihr Herz blieb stehen, es war ein Todeskampf über mehrere Tage. An Ende stand der Hirntod. Weil die Staatsanwaltschaft eingeschaltet ist, darf Claudia Alter keine Details zum Tod ihres Kindes preisgeben. Im Internet hat sie, gemeinsam mit ihrem Ex-Mann, eine Gedenkseite für Sophia eingerichtet. In der Öffentlichkeit engagiert sich die Gladbacherin seitdem, um auf die Risiken bei ambulanten Vollnarkosen von Kindern aufmerksam zu machen.

Der Garten, sagt Claudia Alter leise, „ist unser Projekt seit dem Tod von Sophia“. Zugleich habe sie etwas Neues entdeckt , „zum Hegen und Pflegen, zum „Groß“ ziehen“. Die Arbeit mit den Pflanzen gebe ihr auch ein Zeitfenster zum Abschalten. Denn immerfort kreisen die Gedanken um die Ereignisse im Mai 2020, um die Tochter und um die Trauer. Die Gartenarbeit sei wirklich keine „Beschäftigungsgeschichte“ aus der Pandemie heraus gewesen, wie der Moderator gemeint habe.

Vorgarten in Moitzfeld hat viel Grünes zu bieten

Wer den Garten des Paares sieht, macht eine kleine Rundreise durch grüne Tupfer. Dabei ist er als Vorgarten eines Mietshauses relativ klein und wegen der Beschaffenheit des Bodens für einen Rasen nicht geeignet. Der Vermieter habe ihnen auch die Vorgaben gegeben, nichts „Großes“ einzupflanzen, „selbst wenn wir es könnten“. Blauregen und Weinreben hat die Familie beim Einzug vorgefunden und weiter gepflegt.

Hinzu kam eine kleine Terrasse aus Holz, viele Ranken, Töpfe, kleine Gabionen und ein Miniteich. Der Sichtschutz, sagt Claudia Alter, sei für die Hunde wichtig, die sonst alles anbellten, was es in der Nähe des Eckgrundstücks zu sehen gebe. Um das Mehrfamilienhaus herum hat das Paar ein weiteres Stück Freifläche übernommen. „Da haben wir Hochbeete, selbst gebaute Tomatenhäuser, ein Marienkäferhotel und eine Wildblumenecke stehen.“ Im Carport, unter den Reben, hat ein Gewächshaus zum Anziehen junger Pflanzen Platz gefunden. Auch einige Pflanzen überwintern dort.

Das Preisgeld von 500 Euro, gestiftet von der Dr.-Jürgen-Rembold-Stiftung,   wollen die Alters für einen Komposter investieren und das Eckchen mit dem Blauregen hübscher machen und umgestalten. Seit Sophias Tod sei der Garten „in der Entwicklung“, sagt Claudia Alter. Und sie fügt hinzu: „Sophia ist der Garten quasi gewidmet.“

www.gedenkseiten.de/sophia-lara-marie


Der Wettbewerb

Stadt Bergisch Gladbach und Klimafreunde hatten in diesem Jahr erstmals den Vorgartenwettbewerb „Bunt statt grau“ ausgelobt, die Dr.-Jürgen-Rembold-Stiftung spendete 1200 Euro Preisgeld.

In der Kategorie „private Vorgärten“ gingen zwei erste Plätze an die Familien Alter und Lehmann, Platz drei an Ina Köpke. Bei Vereinen etc. gingen Preise ans Gymnasium Herkenrath, ans Papiermuseum sowie an Blau-Weiß Hand.

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