Für die TonneDer Bücherschrank in Odenthal wird viel zu oft mit Müll befüllt

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Ulrike Viering, Astrid Martini Hamann, Linde Tisbrummel (v.l.) stehen in Winterjacken in und teilweise im bunt bemalten Bücherschrank.

Der Bücherschrank in Osenau wird immer wieder mit Büchern befüllt, die in den Müll gehören. Das ärgert das Organisationsteam.

Das Team, das sich um den Schrank kümmert, ärgert sich über Menschen, die den Bücherschrank mit einem Container für Altpapier verwechseln.

Es ist kostensparend, ressourcenschonend und nachhaltig: Das Angebot des öffentlichen Bücherschranks am Penny-Parkt in Osenau ist gefragt. Die Literatur zum Nulltarif hat viele Anhänger, die nicht nur aus Odenthal, sondern auch aus den angrenzenden Ortsteilen der Nachbarstädte kommen.

Romane, Kriminalgeschichten sowie Kinder- und Jugendliteratur finden sich in breiter Auswahl in dem Bücherschrank, der sein erstes Leben als Telefonzelle verbrachte und seit Mai 2022 direkt vor dem Eingang des Einkaufsmarktes steht. Doch es gibt auch Probleme.

Immer wieder werden Bücher abgegeben, die in den Müll gehören

Vier Patinnen kümmern sich regelmäßig um Pflege und Sortierung der Regale. Zu ihnen gehört neben Astrid Martini-Hamann, Christa Seesing und Dr. Linde Tiesbrummel, die das Projekt vor anderthalb Jahren angestoßen hatte, auch Ulrike Viering. Die Buchhändlerin hat bis 2021 eine kleine, aber feine Buchhandlung in Odenthal-Holz betrieben.

Zweimal täglich, so Linde Tiesbrummel sehe man am Bücherschrank nach dem Rechten; schaue, welche neue Ware die Kunden und Kundinnen in die große Sammelkiste gelegt haben und sortieren die Neuzugänge ein. Doch immer öfter müssen sie zerlesene, vergilbte und fleckige Bücher oder veraltete Speziallachliteratur aussortieren, die nur noch für die Papiermülltonne geeignet seien, ärgern sich die Bücherschrank-Patinnen.

"Wir wollen Bücher, die man zum Lesen mit ins Bett nehmen kann"

So wie das Kinder- und Abenteuerbuch „Wolfsblut“, das vor 30 Jahren sicherlich einmal Kinderherzen höher schlagen ließ, heute aber nur noch unansehnlich ist. Oder ein Herz-Schmerz-Roman, der inzwischen eine ziemlich schmutzige Liebesgeschichte ist, – nicht aus inhaltlichen Gründen, sondern weil das Buch einfach nicht mehr hygienisch einwandfrei aussieht.

„Wir wollen Bücher, die man zum Lesen mit ins Bett nehmen kann“, erklärt Astrid Martini-Hamann. Doch viele Exemplare erfüllen dieses Kriterium nicht: Jahrzehnte alte Bücher aus längst vergangenen Leseclubs, ein 30-bändiges Bertelsmann-Lexikon der 1950er, fleckige Koch- oder bekritzelte Kinderbücher.

20 bis 30 Prozent sind Ausschussware

All dies fischen die Ehrenamtlerinnen Tag für Tag aus der Sammelkiste am Bücherschrank und aus den Regalen im Inneren und ziehen es aus dem Verkehr. Ergebnis: „Unsere Papiermülltonnen quellen über“, seufzt Astrid Martini-Hamann. Dies, obwohl schon acht Nachbarn in Osenau unterstützten und ihre blauen Tonnen ebenfalls für die Entsorgung zur Verfügung stellten.

Über die Motive können die Patinnen nur rätseln. „Manche sagen, man wirft doch kein Buch weg“, berichtet Martini-Hamann. Andere schmuggelten ihr Altpapier ganz gezielt in die Abgabekiste und stapelten fremde, frischere Bücher zur Tarnung obendrauf. 20 bis 30 Prozent sei Ausschussware, schätzt Ulrike Viering und ihre Kolleginnen nicken verärgert, denn sie alle eint die Liebe zum Buch und der Wunsch, gut erhaltene Lektüre an andere Menschen weitergeben zu können. „Da sind wir schon manchmal etwas frustriert“, so Viering.

Doch viele wissen das Angebot offensichtlich auch zu schätzen: „Ich möchte mich für die hervorragend geführte Bücherzelle bedanken“, meldete sich erst vor wenigen Tagen eine Nutzerin bei den Bücherschrank-Patinnen. Das „wunderbare und liebevoll gepflegte Angebot“ sei für ihre Mutter sehr beglückend, für die Lesen ein Ausdruck von Lebensfreude und Lebensqualität sei und die als Rentnerin für das kostenfreie Angebot dankbar sei.

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