PlanänderungRhein-Bergs CDU und Grüne sagen Kreisdirektor-Sturz kurzerhand ab

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Applaus im Zuschauerraum, betretene Mienen bei CDU und Grünen

Applaus im Zuschauerraum (hinten), betretene Mienen bei CDU (vorne rechts) und Grünen (vorne links).

CDU und Grüne haben den Antrag im Kreistag (7.12.) zurückgezogen – Schwarz-Grüne Koalition steht offenbar vor dem Aus.

Der Satz war kurz: „Tagesordnungspunkt 3 ist von den Antragsstellern, CDU und Grünen, heute zurückgezogen worden und wird nicht verhandelt“, gab Landrat Stephan Santelmann (CDU) zur Beginn der Kreistagssitzung am Donnerstagabend knapp bekannt. Viele stutzten, konnten es offenbar nicht fassen.

Koalition von CDU und Grünen soll vor dem Aus stehen

Dann brandete nicht gekannter Applaus der proppenvollen Zuschauerreihen auf: CDU und Grüne haben ihr Vorhaben, das Amt des Kreisdirektors abzuschaffen und durch einen Allgemeinen Vertreter zu ersetzen, offenbar fallen gelassen. Eine Erklärung dazu gab es von ihnen nicht. Am Ende der Sitzung erläuterte allein Landrat Stephan Santelmann das weitere Vorgehen.

Nach Informationen dieser Zeitung steht die Koalition von CDU und Grünen   vor dem Aus, und das ist nicht die einzige Zerreißprobe, die sich im Vorfeld der für viele unerwarteten Wende im politischen Streit um die Änderung der Hauptsatzung des Kreises und den damit verbundenen faktischen Rauswurf von Kreisdirektor Dr. Erik Werdel (CDU), dessen Amtszeit im Mai ausläuft, ergeben hatte.

Besucher applaudierten für Kreisdirektor Dr. Erik Werdel vor der Tür

Besucher applaudierten für Kreisdirektor Dr. Erik Werdel vor der Tür

Die an die 200 Mitarbeitenden der Kreisverwaltung – von Amtsleiterinnen über Abteilungsleiter bis hin zu Sachbearbeitenden – , die zur Kreistagssitzung gekommen waren, freuten sich vor allem darüber, dass Kreisdirektor nun nicht wegen einer Abschaffung seines Postens gehen muss. Weil der Jubel im Saal nicht enden wollte, griff Landrat Santelmann zur Sitzungsglocke. Die Besucher räumten das Feld und jubelten vor der Sitzungstür weiter.

Das war einfach nicht zu machen. Wir haben uns da in was verrannt.
Kreistagsmitglied der Mehrheitskoalition kurz vor Beginn der Kreistagssitzung gegenüber der Redaktion

Dort dankte der ebenfalls kurz vor die Tür gegangene Kreisdirektor der Kreishausbelegschaft „für diese großartige Unterstützung“. Zugleich räumte er ein: „Aber was das heißt, weiß ich auch nicht.“

„Wenn die das noch mal versuchen sollten, dann kommen wir wieder“, antwortete ein Besucher und eine andere Stimme sagte: „Und dann sind wir noch mehr. Halten Sie durch, wir brauchen Sie noch.“

Politiker und Verwaltungsspitzenbeamte stehen vor der Sitzung des Rheinisch-Bergischen Kreistags am 7. Dezember zusammen.

Vor der Sitzung am Tisch der Sitzungsleitung: (v.l.) CDU-Fraktionschef Johannes Dünner, Landrat Stephan Santelmann, Kreisdirektor Dr. Erik Werdel und Kreiskämmerer Klaus Eckl.

Während vor der Sitzung noch CDU-Fraktionsmitglieder dieser Zeitung zuraunten: „Das war einfach nicht zu machen. Wir haben uns da in was verrannt“, zeigten sich andere später selbst ratlos: „Ich habe auch schon daran gedacht, alles hinzuschmeißen“, sagt ein CDU-Politiker, eine andere berichtet davon, dass die Koalition mit den Grünen jetzt „wohl am Ende“ sei, auch wenn das noch „nicht alle in der Fraktion wahr haben“ wollten.

Das Thema Abschaffung des Kreisdirektors, so ein anderer, werde jedenfalls nicht weiter verfolgt. Grüne gaben sich am Rande der Sitzung zugeknöpft.

Zerwürfnis zwischen CDU und Grünen schon bei Probeabstimmung am Vortag

Konkret hatte es am Tag vor der Kreistagssitzung eine Probeabstimmung gegeben, bei der klar geworden war, dass die schwarz-grüne Mehrheitskoalition nicht genügend Stimmen zusammenbekommen würde, um ihren Antrag durchzubringen. Daraufhin hatten die Verantwortlichen den Beschluss gefasst, den Antrag im Kreistag zurückzuziehen.

Landrat Stephan Santelmann gibt bekannt, dass der Kreisdirektor-Antrag zurückgezogen ist.

Landrat Stephan Santelmann gibt bekannt, dass der Kreisdirektor-Antrag zurückgezogen ist.

„Die Grünen haben uns daraufhin klar gemacht, dass damit für sie die Koalition zu Ende sei“, so ein Beteiligter. In den vorbereiteten Haushaltsreden war davon zunächst nichts zu hören. Bei Redaktionsschluss dauerte die Kreistagssitzung unterdessen noch an – mit Kreisdirektor Dr. Erik Werdel, der nach Dank für die Solidarität der zur Kreistagssitzung gekommenen Besucher, zu denen unter anderem auch der ehemalige Kreisbrandmeister Wolfgang Weiden gehörte, zurück in den Saal geeilt war.

Mir liegt das Kreishaus sehr am Herzen, deshalb bin ich auch eine Reihe anderer Karrierewege bewusst nicht gegangen.
Dr. Erik Werdel, Kreisdirektor des Rheinisch-Bergischen Kreises

Bis zu dem Moment in der Sitzung, als klar geworden sei, dass der Antrag zurückgezogen wurde, habe niemand mit ihm darüber gesprochen, hatte Werdel zuvor den Besuchern vor der Tür im Foyer gesagt, wohin die Kreistagssitzung wegen des großen Andrangs kurzerhand übertragen worden war. Ihm liege das Kreishaus sehr am Herzen bekannte Werdel, deshalb sei er auch eine Reihe von Karrierewege nicht gegangen. Dann kamen ihm die Tränen.

Die Anspannung der letzten Wochen seien einfach zu groß gewesen. „Vielen, vielen Dank – und jetzt gucken Sie, dass sie nach Hause kommen“, so der Kreisdirektor zu den Mitarbeitenden, die noch draußen blieben, während Werdel zurück in die Kreistagssitzung ging. „Ich bin nur eine Bürgerin“, sagte eine Frau, „aber auch uns kann doch nicht egal sein, was hier im Kreishaus vor sich geht. Und bei so etwas, da muss man doch einfach aufstehen.“

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