Kunst im HofKünstlerin Renate Berghaus lädt das letzte Mal zum Offenen Atelier ein

Lesezeit 3 Minuten
Menschen stehen vor einer Wand, an der Bilder hängen.

Das Offene Atelier in Dürscheid.

In idyllischer Atmosphäre können Kunstinteressierte großfächige Arbeiten bewundern, ein letztes Mal.

Sehr idyllisch ist die Fahrt von Kürten-Dürscheid über die hügeligen Wiesen nach Hove, jenem kleinen Dorf mit dem Elternhaus der Künstlerin Renate Berghaus. Am Pfingstwochenende hat sie den Bauernhof mit den „Offenen Ateliers“ geöffnet – Kunst, wohin das Auge schaut.

Am grauen Scheunentor die berühmten Kuhporträts mit den wachen Augen. Berghaus’ riesiges Kuhbild auf der Fassade eines Hauses in Dürscheid kennt jeder. In der Remise sind die nicht minder bekannten abstrahierten „Köln“-Bilder zu entdecken, an den Wänden vor den ehemaligen Stallungen die sportlichen Schattenbilder und die beiden „Schwimmbilder“, die das Eintauchen in die blauen Fluten spürbar vermitteln.

Heute fühlt es sich so an, wie wir es alle kennen, sonst ist eine Geisterstimmung hier.
Renate Berghaus, Künstlerin

Ein beschaulicher Ort: Von der Freitreppe vor dem alten Fachwerkhaus blickt man auf die idyllische Szenerie im Carré des Hofes: Leute, die sich unter dem alten Apfelbaum unterhalten, Besucher, die langsam von Werk zu Werk laufen, sich miteinander und mit der Künstlerin austauschen.

Man kennt sich, nicht nur die Künstler, sondern auch die Menschen rund um Kürten, schließlich ist die Familie Berghaus seit Generationen hier verwurzelt. Als der Vater vor über 20 Jahren starb, wurde die Rinderhaltung aufgegeben, Renate Berghaus richtete oben in der Scheune ihr Atelier ein – über 200 Quadratmeter.

Ich brauche viel Raum, weil ich sehr großformatig arbeite.
Renate Berghaus, Künstlerin

„Ich brauche viel Raum, weil ich sehr großformatig arbeite“, sagt sie und zeigt ihre fein gespachtelten „Vespa-Bilder“, die einen Teil der Vorderfront von der Stilikone aus Italien zeigen: die feinen Rundungen, der dunkle Handgriff, die Verchromung und das geriffelte Glas an der Vorderleuchte – das alles wirkt so echt, dass man sofort die feinen Rundungen anfassen möchte.

Und doch ist es eine künstlerische Umsetzung, die nicht nur die Vespa-Fans begeistert. Unter dem olivgrünen Baldachin mit einem Kristalllüster sitzen die Künstlerfreunde am runden Tisch, eine Hornisse hat sich hierhin verirrt und wird liebevoll nach draußen getragen.

Wehmut: langjährige Gastgeberin verstarb um Weihnachten

Wehmut stellt sich ein, denn wahrscheinlich kommen hier alle zum letzten Mal zum „Offenen Atelier“ zusammen. An Weihnachten im vorigen Jahr ist die Mutter, Marlene Berghaus, gestorben. Sie hat im Fachwerkhaus gelebt und war Anziehungspunkt für viele Aktivitäten im Dorf: Chor- und Flüchtlingstreffen, Vespa-Treffen und vieles mehr.

Marlene war eine wunderbare Gastgeberin, konnte unglaublich gute Blechkuchen backen. „Seit ihrem Tod habe ich wieder angefangen, hier zu malen, aber es ist eine andere Stimmung – alles ist leer!“ stellt Renate Berghaus fest. „Aber heute fühlt es sich so an, wie wir es alle kennen, sonst ist eine Geisterstimmung hier.“

Hof steht nun zum Verkauf

Sie und ihre beiden Schwestern haben sich entschlossen, den Hof zu verkaufen. „Wir haben alle unsere Wohnstätten, aber das Haus müsste kernsaniert werden. Das kann man machen, wenn man selbst drin wohnt.“ Ideen für die Nutzung des Hofes sind da für eine Mehrgenrationenanlage, Wohnungen in den Scheunen, aber den Stress will sich keine der drei Berghaus-Schwestern antun. An der Scheune weist ein Transparent in Richtung Dorfstraße darauf hin: „Zu verkaufen“.

Innerlich hat sich Renate Berghaus schon von Haus, Hof und Atelier verabschiedet: „Eine Veränderung tut mir auch gut, ich habe mich darauf eingestellt.“

Unter den Freunden, besonders unter den Künstlern, ist die Betroffenheit groß. Zwei Mal hat Renate Berghaus von hier aus die Bergischen Kunstwanderungen rund um Dürscheid organisiert: Kunst in den Häusern, im Wald, auf dem Hof. Unvergessen der glutäugige Rehbock, den Renate Berghaus auf das efeuumrankte Silo gemalt hat, unvergessen auch das Treibhaus auf der Wiese, in der Kunst gezeigt und Musik gemacht wurde.

Das alles soll es nicht mehr geben? „Man müsste den Hof als Kulturort erhalten – ein idealer Treffpunkt, der die Fantasie anregt“, sagt Christa Liebach aus Köln, Künstlerin und Sängerin von „Amöbenpank“. Doch der Wunsch dürfte sich wohl nicht erfüllen.

KStA abonnieren