Grenze der BelastbarkeitSchwere Zeiten im Bergheimer Haus St. Gereon

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Marina Bischof (l.) und Ellen Bühl berichten über die Belastung, die die Pandemie mit sich bringt.

Marina Bischof (l.) und Ellen Bühl berichten über die Belastung, die die Pandemie mit sich bringt.

Bergheim-Zieverich – Die Corona-Pandemie stellt die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sowie die Jugendlichen im CJG Haus St. Gereon vor große Herausforderungen, besonders was die Schule angeht. 193 Kinder und Jugendliche werden in unterschiedlichen Gruppenformen im Haus St. Gereon betreut.

So auch Lukas, Kai und Paul. Sie leben mit vier weiteren Jungen in einer Wohngruppe. Die Jungen werden von einem Team pädagogischer Fachkräfte rund um die Uhr betreut, „anders als Kinder, die in ihren Familien aufwachsen“, schreibt die Einrichtung. Grund dafür seien familiäre Erziehungsdefizite, Vernachlässigung und traumatisierende Lebensereignisse. Lukas, Kai und Paul brauchen im Alltag vor allem Sicherheit, Stabilität und feste Strukturen. Das werde täglich in den Wohngruppen sichergestellt.

Die Grenze der Belastbarkeit

Eine Herausforderungen für die Fachkräfte im Haus St. Gereon ist der Distanzunterricht. Bis zu neun Kinder und Jugendliche aus unterschiedlichen Schulformen und Klassenstufen müssten gleichzeitig betreut werden. „Die Kinder und Jugendlichen brauchen eine intensive Betreuung, um ihren Alltag und insbesondere ihre Schulaufgaben zu schaffen. Manch einer von ihnen sogar eine Eins-zu-eins-Betreuung“, berichtet Marina Bischof, die pädagogische Leiterin des Hauses.

Die Möglichkeit, auch mal Zeit außerhalb der eigenen Wohngruppe zu verbringen, falle durch den Distanzunterricht weg, sagt Bischof weiter. Das bedeutet „zusätzliche Belastungen und Konfliktpotenzial“. Kindern und Jugendlichen mit einer Bindungsstörung, fehle durch den digitalen Unterricht jetzt die Beziehung zur Lehrkraft. Auffangen müssten das die pädagogischen Fachkräfte im Haus, „was sie immer wieder an die Grenze der Belastbarkeit bringt“, wie Bischof beschreibt. Denn vorgegeben durch den Stellenschlüssel der stationären Jugendhilfe, seien die Fachkräfte vormittags oft allein oder zu höchstens zu zweit im Dienst.

In Wohngruppen leben die Kinder und Jugendlich im Haus St. Gereon.

In Wohngruppen leben die Kinder und Jugendlich im Haus St. Gereon.

Einige der Kinder und Jugendliche, die im Haus St. Gereon betreut werden, besuchen die CJG Jakob-van-Gils-Schule, eine Förderschule, die den Schwerpunkt auf Lern- und Entwicklungsstörungen legt. Auch Lukas, Kai und Paul gehören zu den 140 Schülerinnen und Schülern aus dem Nordkreis dort, die alle Rückstände in der emotionalen und sozialen Entwicklung sowie beim Lernen haben.

„Im Alltag sind den drei vitalen Jungen ihre Schwierigkeiten nicht sofort anzumerken, aber sie benötigen eine sehr intensive Einzelförderung, damit der Schulalltag bewältigt werden kann“, sagt Ellen Bühl, Schulleiterin der CJG Jakob-van-Gils-Schule. Weil die durch die Schule gegebene gleichförmige Struktur wegfalle, sei die Pandemie für alle ihrer Schülerinnen und Schüler eine große Herausforderung. Zur Verunsicherung trage außerdem bei, dass nicht vorhersehbar sei, wann die Landesregierung Präsenz- und wann Wechselunterricht vorgebe. „Zum Glück gibt es beim Distanzunterricht die Möglichkeit einer schulischen Notbetreuung. Dadurch können die drei weiterhin durch ihre Lehrerin betreut werden und erhalten so die erforderliche Kontinuität und Sicherheit, die sie in diesen unsicheren Zeiten dringend benötigen“, sagt Bühl.

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Eine gute Kooperation zwischen Schule und CJG Haus sei wichtiger denn je. Bisher sei es in Zusammenarbeit mit den Jugendämtern gelungen, die Betreuung der Kinder und Jugendlichen zu sichern, allerdings „unter großen Kraftanstrengungen“, heißt es. „Dies wäre ohne das persönliche Engagement unserer Mitarbeitenden von Schule und Einrichtung nicht möglich gewesen“, sind sich Bischof und Bühl einig.

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