Stichwahl in ErftstadtFairness prägt das Miteinander der Bürgermeisterkandidatinnen

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RE-Erftstadt-Stichwahl

Carolin Weitzel und Monika Hallstein

Erftstadt – Fünf Kandidatinnen hatten sich in Erftstadt um den Posten der Bürgermeisterin beworben, zwei machen am Sonntag, 27. September, das Rennen unter sich aus. Carolin Weitzel (CDU) erhielt im ersten Wahlgang 38,4 Prozent der Stimmen, Monika Hallstein, die als Kandidatin ohne Parteibuch von der SPD nominiert worden war, 28,4 Prozent. Mit ihnen sprachen Ulla Jürgensonn und Horst Komuth.

Auffallend war die Fairness aller fünf Kandidatinnen in einem Wahlkampf, der von anderen durchaus mit harten Bandagen geführt wurde. Als typisch weiblich möchte Carolin Weitzel, Gleichstellungsbeauftragte in der Stadtverwaltung, diesen freundlichen Umgang mit einander nicht einordnen. Sie hoffe jedenfalls, dass er Schule mache. Da sind sich die beiden, wie oft im Gespräch, einig. Sie habe die Erfahrung gemacht, dass die Bürger kein Werfen mit Dreck wollten, sondern schlicht Lösungen, sagt Monika Hallstein.

Das Lechenicher Schulzentrum

Der Streit um Sanierung oder Neubau des Schulzentrums hat Gräben aufgerissen. Hallstein, die als Technische Beigeordnete häufig in der Schusslinie gestanden hat, möchte einen Ältestenrat einsetzen, um derart komplexe und strittige Themen künftig sachlicher zu diskutieren. Weitzel bedauert, dass die Verwaltung bei diesem Thema in der Öffentlichkeit nicht gut dagestanden habe: „Ich möchte Frau Hallstein unterstützen, um das Vertrauen der Lehrer und Schüler wieder aufzubauen.“

Der Stil im Rat

Die neue Bürgermeisterin wird durchgreifen müssen, wenn der Ton im Stadtrat mal wieder inakzeptabel wird. Da gehe es weniger um die Sitzungsleitung als um die Disziplin in den Fraktionen, sagt Hallstein: „Ich glaube, dass da in allen Fraktionen eine Aufarbeitung angesagt ist.“

Monika Hallstein

Architektur und Städtebau hat die Technische Beigeordnete in Darmstadt studiert. Seit 2014 ist die 52-Jährige in den Diensten der Stadt Erftstadt. In Neuwied war sie Leiterin der Bauaufsichtsbehörde, in Köln hatte sie die Leitung im Bauaufsichtsamt für die Stadtteile Lindenthal, Ehrenfeld und Chorweiler inne. Monika Hallstein ist 52 Jahre alt und hat zwei Kinder, sie wohnt in Bonn. (kom)

In der konstituierenden Sitzung werde sich der neue Rat auf Regelungen verständigen, sagt Weitzel. Und das Einhalten dieser Regeln müsse die Bürgermeisterin einfordern.

Die Fachhochschule

Um die Chancen zu nutzen, die die Ansiedlung der FH biete, und alle Herausforderungen dabei zu meistern, brauche es Strategie, Struktur und Kultur, sagt Carolin Weitzel.

Diskutierten lebhaft und engagiert, aber stets sachlich und fair: Carolin Weitzel beim Gespräch mit Monika Hallstein.

Diskutierten lebhaft und engagiert, aber stets sachlich und fair: Carolin Weitzel beim Gespräch mit Monika Hallstein.

Sie verweist auf die Organisationsanalyse in der Verwaltung. Auf deren Ergebnissen müsse die Strategie fußen. Hallstein: „Ziel ist, dass 2025 der Lehrbetrieb beginnt.“ Dann müssten die Gebäude stehen, die Straßen fertig sein. Und ein Kindergarten müsse vorhanden sein. Jetzt müsse strukturiert werden, wer was bis wann gemacht haben müsse. Nur dann sei das Ziel zu erreichen.

Die Stadtentwicklung

Für die TH sei die Stadtentwicklungsgesellschaft sinnvoll, weil sie nicht in den Zwängen des öffentlichen Vergaberechts stecke und damit viel schneller agieren könne, sagt Monika Hallstein.

Diskutierten lebhaft und engagiert, aber stets sachlich und fair: Monika Hallstein beim Gespräch mit Carolin Weitzel.

Diskutierten lebhaft und engagiert, aber stets sachlich und fair: Monika Hallstein beim Gespräch mit Carolin Weitzel.

Kritisch sehe sie, dass die Gesellschaft alles, was Liegenschaften angehe, operativ abwickeln solle: „Damit nimmt sich die Stadt eine lukrative Einnahmequelle.“ Carolin Weitzel ist dagegen der Ansicht, dass gerade durch die neue Gesellschaft mehr Erträge für die Stadt erwirtschaftet würden. Sie plädiert für Service aus einer Hand. Die Stadt müsse aber klar definieren, welche Gewerbetreibende sie wolle, um ihrem Motto „Tür an Tür mit der Natur“ weiter gerecht werden zu können. Hallstein sieht Handlungsbedarf vor allem beim Thema Gewerbesteuer. Die müsse mittelfristig unbedingt gesenkt werden, um Firmen nicht in die Flucht zu schlagen.

Die Mobilität

„Mit mir als Bürgermeisterin wird kein Ortsteil vergessen“, sagt Weitzel mit Blick auf die ländliche Struktur Erftstadts. Einerseits müsse die vorhandene Infrastruktur hergerichtet, andererseits die Verbindung der Stadtteile, auch durch öffentlichen Nahverkehr, verbesssert werden.

Die Gespräche

Noch ist die Kommunalwahl nicht gelaufen. In fünf Städten des Kreises stehen am Sonntag, 27. September, Stichwahlen an. In Brühl, Frechen, Kerpen, Pulheim und Erftstadt entscheiden die Wählerinnen und Wähler, wer Bürgermeister wird, da hier im ersten Durchgang am 13. September keiner der Kandidaten die absolute Mehrheit erreichen konnte. Da auch das Rennen um die Nachfolge von Landrat Michael Kreuzberg noch nicht entschieden ist, sind nicht nur in diesen fünf Städten, sondern in allen Kommunen des Kreises die Wahlberechtigten ein weiteres Mal aufgefordert, an die Urne zu gehen.

Die Redaktion hat sich auf die Stichwahlen vorbereitet und die Kandidatinnen und Kandidaten zu Gesprächen eingeladen. Mit dem Gespräch der Erftstädter Kandidatinnen endet die Reihe. (dv)

Hallstein erinnert an die Bedeutung des Klimaschutzes: „Mein Ziel ist es – da bin ich Realistin – dass eine Familie in Erftstadt mit einem Auto auskommt.“ Neben Radwegen und ÖPNV müsse man auch über Car-Sharing nachdenken. In jedem Fall müsse man für ein Mobilitätskonzept abfragen, was die Menschen wünschen, fordert Weitzel.

Der demografische Wandel

Viele Menschen möchten im vertrauten Ort alt werden. In den größeren Stadtteilen sieht Monika Hallstein Erftstadt auf einem guten Weg, gerade mit den Projekten in Gymnich und Konradsheim. In den südlichen Stadtteilen sei der Bedarf groß, jedoch noch kein Projekt realisiert.

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Sie könne sich vorstellen, dass auf der Fläche der Friesheimer Martinusschule ein gemischtes Quartier entstehen könnte. Man müsse Wohnraum dem Ort angemessen entwickeln, sagt Carolin Weitzel. Gerade in den Dörfern hätten die älteren Menschen oft ein Netzwerk, das sie unterstütze.

Die Zusammenarbeit

Wer auch immer die Stichwahl gewinnt, eine der beiden Bewerberinnen wird anschließend die Chefin der anderen sein. Carolin Weitzel hatte im Wahlkampf mit #Miteinander geworben.

Carolin Weitzel

Die 40-jährige Diplom-Verwaltungswirtin ist Gleichstellungsbeauftragte der Stadt Erftstadt und außerdem im Schulamt Projektleiterin für die Digitalisierung der Schulen. Vorher hat sie Berufserfahrung bei der Bundesagentur für Arbeit gesammelt. Carolin Weitzel ist in Köln geboren und in Erftstadt aufgewachsen, wo sie bis heute mit ihrem Mann und ihren beiden Kindern lebt. (kom)

Dieser Linie bleibt sie treu: „Die letzten Wochen haben gezeigt, dass Monika Hallstein und ich konstruktiv miteinander umgehen.“ Sie arbeiteten ja auch jetzt schon im Verwaltungsvorstand zusammen. Hallstein sieht ebenfalls keine Probleme. Wenn sie Bürgermeisterin werde, wisse sie, dass sie in Carolin Weitzel eine hochmotivierte Mitarbeitern habe, die sich weiterentwickeln wolle . „Und wenn nicht, habe ich als Technische Dezernentin eine wunderbare Aufgabe, in der ich in den letzten Jahren aufgegangen bin .“

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