Supermarkt geplantFrechener CDU-Vorstand West tritt zurück – Machtwort der Fraktionsvorsitzenden

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Das Luftbild zeigt die ehemalige Grube Carl in Frechen.

Der Standort für einen Supermarkt im neuen Stadtteil Grube Carl in Frechen ist gefunden.

Der Ortsverband Frechen-West der CDU hält die Entscheidung seiner Parteimitglieder im Planungsausschuss für falsch. Zudem sei er nicht eingebunden gewesen.

Die Frechener Kommunalpolitik wird von einem CDU-internen Streit erschüttert. Am Dienstagabend (10. Oktober) ist der Vorstand des CDU-Ortsverbands Frechen-West mit sofortiger Wirkung von seinen Ämtern zurückgetreten. Dies sei die Konsequenz auf die jüngste Entscheidung des Planungsausschusses der Stadt, auf dem Gebiet der Grube Carl einen Supermarkt zu errichten.

Die CDU-Fraktion hat diese Entscheidung mitgetragen. „Wir sind inhaltlich völlig anderer Meinung und wir sind über den innerparteilichen Umgang erschüttert“, teilt der Ortsverbandsvorsitzende Stefan Sporn auf der Facebook-Seite des Ortsverbands mit.

Dort ist ferner zu lesen: „Das, was planerisch vor 15/20 Jahren richtig erschien, ist es heute nicht mehr. Wer an solchen Plänen festhält, verweigert sich den Realitäten, neuen Fakten (wie anderen Eigentumsverhältnissen) und geänderten Bedürfnissen. Wir sagen nicht, dass das Gutachten der Stadt, auf das sich jetzt alle zu ihrer Entlastung berufen falsch ist. Wir meinen: Bei entsprechenden Vorgaben bzgl. der Rahmenbedingungen haben Gutachter keine Möglichkeiten, zu einem anderen Ergebnis zu kommen. Hier hat die Politik unter Verweis auf eine ‚Referenz‘ das eigene kritische und kreative Denken eingestellt. So macht man sich Politik einfach.“ Zudem kritisiert der CDU-Ortsverband das nicht schlüssige Verkehrskonzept zur Anbindung eines Wohngebietes, das ebenfalls auf dem brachliegenden Areal geplant ist.

Man will uns als zuständigen Ortsverband offenbar nicht (mehr) hören
Stefan Sporn

Zudem kritisieren Sporn – er ist auch stellvertretender Stadtverbandsvorsitzender – „innerparteilichen Umgang“: Man wolle „uns als zuständigem Ortsverband offenbar nicht (mehr) hören. Entgegen der ausdrücklich anderen Beschlusslage der CDU-Stadtpartei und der CDU-Fraktion ist die Entscheidung des Planungsausschusses mit den Stimmen der CDU erfolgt; und somit für uns völlig überraschend. Wir als CDU-Ortsverband, der für die Belange der Grube Carl originär zuständig ist, sich – wie ersichtlich – seit Jahren unermüdlich für den Stadtteil einsetzt und in dieser konkreten Frage eine völlig andere Position vertritt, wurde vor der Entscheidung von der Fraktionsführung oder dem Parteivorstand und der anschließenden gemeinsamen Presseerklärung von CDU und SPD nicht einmal kontaktiert.“

Auf dem Foto ist der Frechener CDU-Parteivorsitzende Thomas Okos zu sehen.

Der Frechener CDU-Parteivorsitzende steht intern in der Kritik.

Unter einer solchen Parteiführung – Vorsitzender ist der Landtagsabgeordnete Thomas Okos – und unter solchen Umständen könne kein Ortsverband inhaltlich glaubwürdig und verlässlich gegenüber seinen Mitgliedern arbeiten.

Die Antwort der CDU-Fraktion im Frechener Stadtrat ließ nicht lange auf sich warten. Sie will die Mitglieder, die dem Vorstand des Ortsverbands angehören, aus allen Ratsausschüssen streichen lassen. Davon betroffen sind die Ratsmitglieder Sporn und Bruno Müller. Ein entsprechender Antrag ist am Mittwoch (11. Oktober) im Rathaus eingegangen. Unterzeichnet hat ihn die Fraktionsvorsitzende Karla Palussek.

Sporn kündigte an, dass er und seine ehemaligen Vorstandskollegen alle Aktionen, die gestartet wurden, um zu einem Umdenken bei den Planungen zu gelangen, unterstützen werden. Dazu gehört die Unterstützung einer Online-Petition, die sich zum Ziel gesetzt hat, die Grube Carl zu retten.

Online-Petition gegen die Ansiedlung eines Supermarktes gestartet

Die Initiatoren der Online-Petition sind der Ansicht, dass ein Supermarkt an der geplanten Stelle bei nur geringem Nutzen für die Bürgerinnen und Bürger viele Nachteile nach sich ziehen würde. Sie verweisen auf zunehmendem Kunden- und Lieferverkehr in dem Wohngebiet, was auch eine höhere Gefahr insbesondere für die Kinder bedeuten würde. Auch die verstärkte Lärmbelästigung durch Anlieferungen, oder den Geräuschen, die Kühlautomaten oder Kartonpressen verursachen, werden ins Feld geführt.

Ferner heißt es in der Petition: „… hat sich nun bedauerlicherweise der Planungsausschuss doch für den alten Standort entschieden, für den sich vor allem die Ratsfraktion ,Perspektive für Frechen' stark machte. Eine nicht geringe Rolle scheint dabei die Aussicht zu spielen, durch den Verkauf der Baufläche an einen Investor Einnahmen für die Stadt Frechen generieren zu können.“

Initiative will Grünflächen erhalten und im Sinne eines Bürgerparks kultivieren

Die Gegner des Marktes, die unter der Bezeichnung  „Arbeitsgruppe zum Schutz des Baudenkmals Grube Carl“ firmieren, halten es laut Petition „für wichtig, an dieser Stelle die Grünfläche zu erhalten und gegebenenfalls im Sinne eines Bürgerparks zu kultivieren, um so auch den unverbauten Blick auf die historische Fassade der denkmalgeschützten Brikettfabrik sicherzustellen. Dies auch vor dem Hintergrund, dass der bestehende Grünzug westlich des Wolfgang-Giesen-Platzes gegebenenfalls zukünftig einer Verlängerung der Stadtbahnlinie 7 weichen könnte“.

Unterstützer verweisen in ihren ablehnenden Beiträgen im Internet darauf, dass es ja in Frechen genug Möglichkeiten gäbe, wo man einkaufen könne. Und ein weiterer Gegner des Planes meint: „Ältere Menschen haben sich bisher auch arrangiert.“

Keine Entwicklung nach alten Plänen

Die CDU-Fraktionsvorsitzende Karla Palussek ist zum Rücktritt des Vorstands des Stadtverbands West anderer Auffassung. „Meinungsverschiedenheiten gibt es in jeder Partei und sie gehören zu jedem demokratischen Prozess dazu. Ich finde es nur schade, dass der CDU-Ortsverband Frechen-West mit seiner Kritik ohne vorherige Rücksprache an die Öffentlichkeit gegangen ist.“

Die Weiterentwicklung Frechens im gesamten und damit auch von Grube Carl liegt nicht nur in den Händen eines Ortsverbandes
Fraktionsvorsitzende der CDU-Frechen, Karla Palussek

Palussek fügt an, dass die Erweiterung von Grube Carl nicht nach 20 Jahre alten Plänen umgesetzt werde. „Wir werden uns mit dem Stadt- und Ortsverbandsvorstand zusammensetzen, um über die Zukunft des Stadtteils zu sprechen. Es muss aber klar sein, nicht alle Ideen und Vorschläge sind auch umsetzbar. Die Weiterentwicklung Frechens im gesamten und damit auch von Grube Carl liegt nicht nur in den Händen eines Ortsverbandes.“

Zum Planverfahren gehört auch eine Bürgerbeteiligung

Bürgermeisterin Susanne Stupp sagt zum Rückzug der Mitglieder des Stadtverbands West: „Das ist eine politische Entscheidung, die die Partei und Fraktion betrifft. Als Bürgermeisterin habe ich da die Rolle der Beobachterin. Fest steht, dass der Planungsausschuss einstimmig entschieden hat. Zu den nächsten Schritten in den weiteren Planverfahren gehört aber ja auch eine Bürgerbeteiligung.“

Frechens CDU-Parteichef Thomas Okos erklärt auf Anfrage, dass man über Wochen und Monate über dieses Thema diskutiert habe und am Ende eine Entscheidung getroffen habe, die vorher geprüft worden sei.

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