Friseur aus Rhein-Erft„Kunden haben Geld geboten, wenn ich anderen dafür absage“

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Innungsmeister Thomas Ritter aus Alt-Hürth hat Verständnis für den Lockdown und fordert Hilfen für seine Branche.

Innungsmeister Thomas Ritter aus Alt-Hürth hat Verständnis für den Lockdown und fordert Hilfen für seine Branche.

Rhein-Erft-Kreis – Einen wahren Ansturm erlebten die Friseure in den vergangenen Tagen. Viele Kundinnen und Kunden wollten sich vor dem erneuten Lockdown und dem bevorstehenden Weihnachtsfest noch frisieren lassen. In vielen der 450 Betriebe mit rund 2000 Beschäftigten wurden Überstunden gemacht, einige öffneten an ihrem freien Montag oder stellten zeitweise auf Schichtbetrieb um, berichtet Innungsmeister Thomas Ritter, Inhaber eines Friseursalons in Alt-Hürth.

„Als ich nach dem Wochenende in meinen Laden kam, hatte ich 167 Anrufe auf dem Anrufbeantworter und 70 Terminanfragen per E-Mail“, berichtet Ritter. „Einige haben mir sogar Geld geboten, wenn ich dafür einem anderen Kunden absage.“ Das kam für den 59-jährigen Friseurmeister nicht in Frage.

Corona-Krise bringt Friseure in Rhein-Erft in Existenznot

Die Corona-Krise macht den Friseuren schwer zu schaffen. „Da ist ja nicht nur der neue Lockdown. Meine vier Mitarbeiterinnen und ich dürfen wegen der Abstands- und Hygieneauflagen auch nur an fünf von unseren neun Plätzen bedienen“, erklärt Ritter. „Entsprechend sinkt der Umsatz.“

Viele kleine Betriebe bringe das in Existenznot. Sein Betrieb sei zwar gesund, sagt Ritter. An einen Gewinn sei in diesem Jahr aber nicht zu denken, vielmehr habe auch er einen Kredit aufnehmen müssen. „Ich bin jetzt 59 Jahre und habe eigentlich schon ans Aufhören gedacht“, berichtet Ritter, der seit 30 Jahren Innungsmeister im Rhein-Erft-Kreis ist. „Jetzt muss ich noch fünf Jahre weitermachen.“

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Dennoch hat er für den Lockdown Verständnis. Zwar seien aufgrund der Hygienekonzepte keine Infektionen beim Friseur bekannt. „Das gilt aber ja für Gaststätten und Fitnessstudios auch“, so Ritter. „Bei 75 Prozent der Infektionen weiß man einfach nicht, woher sie kommen.“ Dass nun auch die Friseurgeschäfte schließen müssen, sei daher konsequent und eine Frage der Solidarität. Wichtig sei allerdings mehr staatliche Unterstützung für die Betriebe. Immerhin habe das Kurzarbeitergeld dafür gesorgt, dass kaum ein Friseur seinen Arbeitsplatz verloren habe.

Erftstädter Friseurin arbeitet vor Lockdown bis spätabends

Mirjam Wuits und ihr Team haben am Samstag begonnen, ihre Stammkunden anzurufen. Ihre Aushilfskräfte hätten sich von sich aus gemeldet und angeboten, zu arbeiten, erzählt die Friseurmeisterin, die den traditionsreichen Salon Mattheis im Erftstadt-Center von ihren Eltern übernommen hat. Am Samstag hätten sie bis 20 Uhr gearbeitet, Montag und Dienstag bis 22 Uhr. Dennoch verbreitet Wuits gute Laune, selbst wenn sie Kundinnen, die anrufen oder vorbeikommen, absagen muss. Und sogar, wenn sie berichtet, dass ihr Weihnachtsgeschäft komplett wegbricht. Dafür habe sie schon eine ganze Menge Gutscheine verkauft – „sogar welche über 200 Euro“.

Mirjam Wuits versucht, in ihrem Salon im Erftstadt-Center noch möglichst viele Kunden zu frisieren.

Mirjam Wuits versucht, in ihrem Salon im Erftstadt-Center noch möglichst viele Kunden zu frisieren.

Die durch die Bank positive Resonanz ihrer Kunden mache ihr Mut: Heute beschwert sich keiner mehr. Die Leute sind nur noch dankbar“, sagt Mirjam Wuits. Und versucht, noch so viele Menschen wie irgendwie möglich zu frisieren. Denn dass sie am 11. Januar ihren Salon wieder eröffnet, glaubt sie bei allem Optimismus nicht.

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