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Von Gus Backus bis KraftwerkDas waren die ersten Schallplatten unserer Leser in Rhein-Erft

7 min
Auf dem Foto sind drei Schallplatten zu sehen.

Schallplatten werden in Deutschland immer mehr gekauft.  

Spannende Geschichten verbergen sich hinter den ersten Malen der Vinyl-Liebhaber. Einer bezeichnet sich sogar als „bekloppt“.

Ein neuer Plattenladen in Frechen, kürzlich folgte ein weiterer in Brühl: Die gute alte Schallplatte feiert ihre x-te Wiedergeburt, die Verkäufe steigen stetig. Und auch unter unseren Lesern sind viele, die das Vinyl wiederentdeckt haben oder es – anders als andere – nie in dunkle Keller verbannt hatten. Sie erzählen, was sie mit den schwarzen Scheiben verbindet und welche Schallplatte ihre erste gewesen ist.

Karl Lauth aus Elsdorf: „Im Sommer 1966 habe ich als Gymnasiast am Goethe-Gymnasium in Stolberg in den Sommerferien bei der Firma Kerpen-Kabel sechs Wochen gearbeitet und mir mit dem verdienten Geld meinen ersten Plattenspieler von Dual für 330 Mark gekauft. Meine erste Schallplatte war ‚Aftermath‘ von den Stones, und die habe ich heute noch.

Als 1983 die CD in Mode kam, trennten sich viele Leute von ihren Plattenspielern. Ein Jahr später hatte ich zufällig das Glück, meinen Traumplattenspieler RX 5000 von Micro Seiki gebraucht zu kaufen. Für 4000 Mark erwarb ich ihn samt Dynavector Tonarm DV 505 und Tonabnehmer. 2003 ließ ich mir von einem Steinmetz in Köln zwei Granit-Säulen für dieses Gerät bauen. Sie sind einen Meter hoch und komplett mit mit Quarzsand gefüllt. Resonanzfrei! Gesamtgewicht: rund 300 Kilogramm.“

Vor 41 Jahren kaufte Karl Lauth seinen Traumplattenspieler, einen gebrauchten RX 5000 von Micro Seiki.

Schwergewicht: Vor 41 Jahren kaufte Karl Lauth seinen Traumplattenspieler, einen gebrauchten RX 5000 von Micro Seiki.

Karl Kutsch aus Wesseling: „Eine meiner ersten Schallplatten war keine Vinyl-, sondern eine Schelllackplatte. Der Kaufhof in Köln verkaufte Anfang der 60er neue, unbespielte Schelllackplatten (wurde damals nicht mit drei ‚l‘ geschrieben) für eine Mark, und ich kaufte mehrere. Eine Platte Sidney Bechets ‚Summertime‘ von Blue Notes besitze ich noch heute – auf unserem Dachboden.

Ja, richtig, ich bin schon älter als 86 und hatte, wie viele Freunde auch, vor allem Jazz-LPs und Wert auf möglichst gute Musikwiedergabe gelegt. Viel wurde investiert in gute Plattenspieler vom Riemen- bis Direktantrieb mit guten und teuren Tonabnehmerköpfen. Natürlich wurden die Platten nass gefahren und auch die übrigen Komponenten der Musikanlage mussten sehr gut sein, um eine möglichst realistische Wiedergabe zu gewähren.

Die erste Platte von Karl Kutsch aus Wesseling war noch aus Schellack.

Die erste Platte von Karl Kutsch aus Wesseling war noch aus Schellack.

Und was haben wir uns gefreut, als 1982 Sony den ersten Hifi-CD-Player auf den deutschen Markt brachte – für ca. 2500 Mark! Während LPs nach ca. 20 Minuten umgedreht werden mussten, hatte die CD bereits eine Spieldauer von 74 Minuten.

Meinen Plattenspieler habe ich bereits vor Jahren verkauft und betrachte die Reinkarnation der Musikwiedergabe von LP als romantische Retrospektive auf eine schöne Zeit ohne Smartphones, Streamingdienste, Tiktok und einen Orbit überbordender Fakes. Verständlich, dass sich junge Menschen einen Teil dieser Zeit zurückwünschen...“

Martina Essel aus Kerpen: „Meine erste Schallplatte war die Single ‚Ticket to ride‘ von den Beatles. Die hat mir mein Vater 1964 zur Kommunion geschenkt. Das war für mich das schönste Geschenk von allen, weil es damals überwiegend Sammeltassen und Hortensien zur Kommunion gab, was mich als Achtjährige natürlich wenig begeistert hat.“

Fred Jung aus Wesseling: „Meine erste Single war ‚Hot Love‘ von T. Rex 1971! Ich besitze sie heute noch mit ein paar Kratzern drauf. Ich verbinde damit eine geile Jugend in den 70ern, tolle Feten usw.. Meine Plattensammlung von damals hab ich immer noch, und jetzt wo ich Rentner bin, habe ich viel Zeit, diese zu hören.“

Manuel Flores aus Pulheim: „Wenn ich mich richtig daran erinnere, war ‚Beatles 65‘ meine erste Platte. Es war ein Samstag, mein Vater war am Zeitunglesen, als ich angekommen bin und die Platte aufgelegt habe. Auf meine Frage ein paar Minuten später, wie es war, hat mein Vater trocken geantwortet: ‚Ist das Musik?‘ Der Spruch bleibt bei mir unvergesslich.“

In Frechen gibt es seit diesem Jahr einen neuen Plattenladen.

In Frechen gibt es seit diesem Jahr einen neuen Plattenladen.

Peter Bihl aus Bergheim: „Ich habe 1967 meine erste Single gekauft: ‚Here come the nice‘ von Small Faces. Vorher hatte ich schon Singles von The Who geschenkt bekommen (ein Onkel war unter anderem Musikboxen-Aufsteller ). Ich ‚durfte‘ zu Hause schon immer das hören, was mir gefiel, da mein Vater selber Musiker war (was ein Glück!). Es sollte nur nicht zu laut sein.

Seitdem bin ich musikverrückt, und es wurde gesammelt. Ich habe nunca. 1500 LPs und ca. 600 CDs. Alles Musik ab den 60ern bis heute. Allerdings nur Rock, Heavy, Blues, Progressive undJazz-Fusion. Aber keine Schlager! Zudem habe ich ca. 145 Gruppen und Musiker live gesehen, unter anderem Jimi Hendrix und ELP. Mittlerweile bin ich 72 und immer noch ‚bekloppt‘ !“

Kunde Bernd Schirmer und Schallplattenverkäufer Julian von Heyl im Gespräch.

Fachsimpeln in Frechen: Kunde Bernd Schirmer (l.) und Schallplattenverkäufer Julian von Heyl im Gespräch.

Klaus Pfeiffer aus Brühl: „Meine erste Platte war die LP ‚Beatles Greatest‘, das muss so 1966 gewesen sein. Ich hatte damals die Musiktruhe von meiner Oma übernommen und dann kam ich voller Vorfreude mit meiner ersten selbst gekauften Platte nach Hause, aufgelegt – und was hörte ich? Nur den Instrumentalpart ohne Gesang. Die Platte war eine der ersten in Stereo, die Musiktruhe konnte aber nur Mono. Danach habe ich erstmal nur noch Singles gekauft, die waren noch länger in Mono.“

Günther Decker aus Bergheim: „Tatsächlich war meine erste Schallplatte gar nicht meine, sondern die meiner um einige Jahre älteren Schwester. Es muss so gegen Ende der 60er-, Anfang der 70er-Jahre gewesen sein. Von einem Holland-Urlaub (ohne Eltern) brachte sich meine Schwester eine Single als Souvenir mit.

Diese kleine, runde, schwarze Vinylplatte stellte quasi den ganzen Haushalt bei uns auf den Kopf. Aus der Schallplatten-/Radiokommode Marke ‚Gelsenkirchener Barock‘ ertönten auf einmal ganz neue Töne. Bisher wurde das Gerät (neben gelegentlichen Radiobeiträgen) überwiegend für die Marschmusik und Operettenmelodien unseres Vaters genutzt. Weihnachtsplatten hatten wir natürlich auch.

Karl Kutsch aus Wesseling

Karl Kutsch aus Wesseling

Was für ein Stilbruch für das arme Gerät – aber auch für meine Eltern, insbesondere für unseren Vater. Auf einmal ‚Dschungelmusik‘ aus seinem geliebten Musikschrank. Für mich als Heranwachsender war diese Musik nicht nur neu, sondern faszinierend. So habe ich diese kleine 45-er Platte wahrscheinlich wesentlich häufiger gehört als meine Schwester.

Aber bei mir war ein Bazzilus geweckt. Ab dem Auftauchen der Platte bin ich dann am Samstag doch so langsam aber sicher von der deutschen Hitparade auf die internationalen, englischsprachigen Charts abgebogen. Leider ist diese Single im Rahmen der Wohnungsauflösung bei unseren Eltern entsorgt worden.“

Frank Böhnke aus Erftstadt-Lechenich: „Meine erste Vinyl-Platte war ‚Live at Leeds‘ von The Who. Erarbeitet 1971 durch Streichen eines Garagentores in Ahrem, Stundenlohn immerhin 3,50 Mark.

Auf dem Foto sind die vier Musiker der Beatles zu sehen.

Für viele die erste Vinyl-Begegnung: die Beatles.

So kann's im Leben gehen, gleich beim ersten Versuch eine der besten Scheiben aller Zeiten erwischt. Darauf steht ‚Crackin noise is ok, do not correct‘, und ich glaube, ‚Play at maximum volume‘, was mir schon damals die Missgunst der Mitbewohner eingebracht hat. So wie letztes Jahr meine Umsiedlung, nach 40 Jahren von München zurück nach Lechenich, jetzt habe ich – zum Glück – freundliche und tolerante Nachbarn, die gerne ‚Summertime Blues‘ hören.“

Michael von Franken aus Frechen: „Meine erste Platte war ‚Roboter‘ von Kraftwerk. Ich bin Jahrgang 65.“

Wolfgang Zimmer aus Kerpen-Blatzheim: „Ich bin Jahrgang 1949, und bei uns war die sogenannte ‚Negermusik‘ verboten. Obwohl ich den ‚Tiger Rag‘, den mein Vater so liebte, nicht als deutsche Volksmusik bezeichnen würde. Hörte ich ‚Die großen 8‘ von Radio Luxemburg, hieß es: ‚Mach den Jammerkasten aus‘. Aber egal, als junger Mensch findet man immer Wege, Verbote zu umgehen.

Meine erste Freundin, von der meine Eltern auf keinen Fall etwas wissen durften, besaß einen Dual-Plattenspieler, und ich konnte meine erste Schallplatte bei ihr deponieren. Es war die LP von Vanilla Fudge mit gleichnamigem Titel. Diese LP war immer meine Referenz-Platte, wenn ich mir einen neuen Plattenspieler (den letzten habe ich mir zu meinem 50. geleistet) oder neue Hörgeräte kaufte.

Wolfgang Zimmer pflegt eine innige Beziehung zu Vanilla Fudge.

Wolfgang Zimmer pflegt eine innige Beziehung zu Vanilla Fudge.

Zum Abschied aus dem Berufsleben haben meine lieben Kollegen aus dem Kerpener Rathaus für mich gesammelt, und ich konnte mir eine richtige Schallplattenwaschmaschine kaufen. Meine neuesten Errungenschaften heißen ‚All that matters‘ und ‚On a Roll – Live‘ mit Simon Oslender, Steve Gadd und Will Lee. Richtig tolle Musik.

Michael Trippel aus Köln, wohnhaft in Pulheim: „Die erste selbst gekaufte Schallplatte war von Gus Backus ‚Da sprach der alte Häuptling der Indianer‘. Für fünf Mark beim Elektrohändler um die Ecke in Köln-Bayenthal Anfang der 60er. Kurz danach ging es dann richtig ab: ‚My generation‘ von The Who.“