Siegburger ArbeitsgerichtMitarbeiter eines Stromversorgers soll 3,5 Millionen zahlen

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Rhein-Sieg-Kreis – Die rasant steigenden Strompreise wurden einem Mitarbeiter eines Energieversorgungsunternehmens zum Verhängnis. Weil er massive Fehler machte und einen hohen Schaden verursachte, erhielt er die fristlose Kündigung. Seine Klage dagegen vor dem Siegburger Arbeitsgericht wurde zum Bumerang: Die 1. Kammer nannte die fristlose Kündigung rechtens und setzte gegen ihn einen Schadensersatz in Höhe von 3,5 Millionen Euro fest.

Die Zahlungsverfügung orientiere sich lediglich am entstandenen Schaden, sagte Presserichterin Dr. Dorothea Roebers auf Anfrage. Ob der Kläger diese Summe überhaupt aufbringen könne, sei dabei, anders als bei Geldstrafen in Strafprozessen, nicht maßgebend.

Schaden beim Energieunternehmen im Rhein-Sieg-Kreis vorsätzlich in Kauf genommen

Der Bonner Rechtsanwalt Herbert Kaupert, Partner der bundesweit tätigen Sozietät Bietmann mit Stammsitz in Köln, hatte das Versorgungsunternehmen vor Gericht vertreten und die sehr hohe Schadenersatzzahlung für seinen Mandanten erstritten.

Der Mitarbeiter war in verantwortungsvoller Position tätig, verkaufte Strom an gewerbliche Kunden. Nach einem Abschluss musste er unverzüglich beim Stromlieferanten den zuvor abgefragten Preis verbindlich buchen, so die internen Regeln. Doch er versäumte die Preisbindungsfrist, die für solche Deckungskäufe nur wenige Minuten gilt. Der Preis schnellte in die Höhe – und das ausgerechnet bei zwei Großkunden.

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Trotz Warnung des Stromlieferanten habe der Beschäftigte in Folge weiter auf Deckungskäufe verzichtet, er habe wohl „auf das Prinzip Hoffnung, also auf sinkende Strompreise“ gesetzt, so die Kanzlei. Ein fataler Fehler, der bald ans Tageslicht kam. Da war der Schaden aber nicht mehr rückgängig zu machen.

Für Mitarbeiter mit solch risikobehafteten Tätigkeiten gibt es eine spezielle Versicherung, die in diesem Fall aber nicht einspringen dürfte. Denn das Gericht stellte einen „vorsätzlichen Fehler“ fest, so Rechtsanwalt Kaupert. Hätte indes eine Fahrlässigkeit vorgelegen, wäre nach den Grundsätzen des Bundesarbeitsgerichts eine Haftungserleichterung in Betracht gekommen. Der Verursacher habe zudem das Entstehen des Schadens auch in dieser Höhe „vorsätzlich in Kauf genommen“.

Zwei weitere Mitarbeiter des Versorgers klagen ebenfalls gegen ihre Kündigung

Die Recherchen dieser Redaktion ergaben, dass es sich um einen größeren kommunalen Energieversorger mit Sitz im rechtsrheinischen Rhein-Sieg-Kreis handeln muss, auf dieses Gebiet erstreckt sich die Zuständigkeit des Arbeitsgerichts Siegburg. Der Fall ist weder bei der Rhenag, dem größter Anbieter in der Region, noch bei den Stadtwerken Troisdorf und Lohmar bekannt.

Laut Arbeitsgericht betrifft es nicht nur einen Mitarbeiter, anhängig sind weitere Klagen gegen die fristlose Kündigung von zwei weiteren früheren Beschäftigten. Diese werden voraussichtlich im Dezember vor der fünften Kammer verhandelt. Die Verteilung der Fälle an die Kammern, so die Sprecherin, erfolge nach dem Zufallsprinzip.

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