Bergische KulturgeschichteJazzworkshop in Neunkirchen-Seelscheid ist Geschichte – ein Rückblick

Obligatorisch agierte die Dozenten-Band von der Saalmitte aus
Copyright: Peter Lorber
Nach 13 Jahren ist Schluss mit den alljährlich zum Herbstferien-Ende stattfindenden Bergischen-Jazzworkshops im Neunkirchener Antonius-Kolleg. Beim obligatorisch eröffnenden Dozentenkonzert in der Aula der Bildungsstätte gab jetzt die Begründerin des Workshops, die PR-Beraterin Dr. Silvia Merk, das Aus offiziell bekannt.
Bis zu 49 Jazzerinnen und Jazzer, die ihrer Musik als Amateure oder Semi-Profis frönen, erhielten alljährlich von sieben Dozenten und Dozentinnen, die allesamt zur nationalen oder internationalen Spitze zählen, Feinschliff an ihren jeweiligen Instrumenten und im Gesang.
Viele Teilnehmende gründeten nach Workshop eigene Bands
Die Fortbildungen mündeten zum Abschluss stets in ein Abschlusskonzert, bei denen die Teilnehmenden das Erlernte an der Seite der Vollprofis anwenden konnten. „Das Projekt trug Früchte“, wie der musikalische Leiter, Pianist Thomas Rückert beim Konzert berichtete. Demnach hätten viele Teilnehmer eigene Bands gegründet, seien in Bands eingestiegen oder hätten sogar ein Studium begonnen.

Silvia Merk neben Thomas Rückert
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Auf „tolle Momente voller Musik und schöne Begegnungen mit netten Menschen“ blickte Silvia Merk in ihrer Abschiedsrede zurück. Sie freute sich, dass die Seelscheider Jazz-Session, die noch in diesem Jahr zum 65. Mal ausgerichtet werde und sich mittlerweile fest etabliert habe, vor 13 Jahren, unmittelbar nach dem ersten Dozentenkonzert ins Leben gerufen worden sei.
Der Austausch zwischen Workshop und Jazz-Session wird fehlen.
„Der Austausch zwischen Workshop und Jazz-Session wird fehlen“, betonte Annette Schroeder, Hobby-Jazzerin und Gründerin der Jazz-Session. Merk lobte Rückert, dem es ein Herzensanliegen gewesen sei, „den Leuten Mut zu machen und ihnen die Angst zu nehmen.“ Er habe dem Workshop „einen besonderen Stil verliehen“, so Merk. „Wenn es am schönsten ist, soll man aufhören“, sagte sie sichtlich gerührt. Sie ziehe sich zurück, auch aus gesundheitlichen Gründen. Der Sponsor mache ebenfalls nicht mehr weiter und ohne einen solchen sei es nicht möglich. Einen Nachfolger für die Organisation des Workshops gebe es nicht.
„Man kann Silvia Merk nicht genug loben für das, was sie geleistet hat“, unterstrich Folkwang-Dozent Rückert. „Es war ein Geschenk für Neunkirchen-Seelscheid […] Jazzmusik high-class.“ „Die Gemeinde muss gucken, dass die Kultur nicht baden geht“, mahnte der Pianist.
Viel Applaus und laute Bravos beim letzten Konzert
Beim finalen Dozentenkonzert zeigten sich Alexander Gelhausen (Gesang), Hugo Read (Altsaxofon), Ignaz Dinné (Tenor-Saxofon), Frank Haunschild (Gitarre), Caris Hermes (Bass), Jens Düppe (Schlagzeug) und Bandleader Rückert in verschiedenen Besetzungen noch einmal von ihrer Schokoladenseite: Hochvirtuos und motiviert, voller Spielfreude und publikumsnah.

Hugo Read (Altsaxofon) und Ignaz Dinné (Tenor-Saxofon) (v.l.)
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Viel Applaus, laute Bravos und Juchzer gab es für die hohe Schule des Jazz aus Eigenkompositionen und Schmuckstücken des Genres. Neben Blumen erhielt Silvia Merk ein unvergängliches Geschenk. Noch am Vormittag des Dozentenkonzerts komponierte Rückert ein Stück speziell sie, mit dem eher wenig überraschenden Titel „Silvia“.
Die musikalische Illustrierung stand im fühlbaren Bezug zum Anlass. Wehmut, Melancholie und zarte Melodie wurden am Ende abgelöst von prickelnden Trillern und sanft perlenden Läufen. Champagner als Scheidebecher zum Abschluss eines genialen Projekts.
Dreimal nahm der Siegburger Jürgen Spengler in der Sparte Jazzgesang am Workshop teil. Er habe vor allem gelernt, auf der Bühne lockerer mit der Aufgabe umzugehen. „Ich komme vom Bluesgesang, habe mich erstmals mit Scat-Gesang auseinandergesetzt und sehr profitiert“, berichtete er. Und: „Wie die Dozenten mit uns umgegangen sind, war großartig.“

Michaela Grundmann und Martina Weiß (v.l.)
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Die Zwillinge Michaela Grundmann (l.) und Martina Weiß besuchten alle 13 Dozentenkonzerte, sind „sehr enttäuscht“ über das Ende. „Es war für uns das Jahreshighlight“ betonte Michaela Grundmann. „Wann bekommt man solche Musik auf diesem 1a-Niveau fast vor der Haustür geboten“, pflichtete ihre Schwester bei, die für die Konzerte stets aus dem Sauerland anreiste.

