21 Notfallhelfer werden mit dem Notarzt alarmiert und rücken aus. Sie sind im Schnitt sechs Minuten schneller als der Rettungswagen.
Notfallhelfer der FeuerwehrIn Ruppichteroth-Winterscheid gibt es ein im Kreis einmaliges Angebot

Die Notfallhelfer der Freiwilligen Feuerwehr Ruppichteroth-Winterscheid haben inzwischen 500 Einsätze geleistet, im Schnitt sind sie sechs Minuten vor dem Rettungswagen oder Notarzt da.
Copyright: Ralf Rohrmoser-von Glasow
Niel (12) und Lukas (13) sind beide Jugendfußballer beim TuS Winterscheid. Und noch etwas verbindet sie: Beide waren Einsatzanlass für die Notfallhelfergruppe beim Löschzug Winterscheid der Freiwilligen Feuerwehr Ruppichteroth. Die speziell geschulten Wehrleute rücken immer dann aus, wenn für ihr Einsatzgebiet der Notarzt alarmiert wird.
Niel hat die Notfallhelfer selbst nicht mitbekommen. „Er war schneller als alle anderen“, sagt seine Mutter Anne Becker. An jenem Abend im Juli 2013 setzten bei ihr die Wehen ein. Ihre Hebamme ging nicht ans Telefon, und ihr Mann fragte, ob sie sicher sei, dass sie jetzt ins Krankenhaus wolle. Natürlich war sie das. Alle Betreuungspersonen für die Tochter reagierten nicht, die Nachbarin sprang kurzfristig ein.
Auf dem Weg zum Auto platzte die Fruchtblase
„Auf dem Weg zum Auto ist die Fruchtblase geplatzt“, erinnert sie sich. „Da haben wir die Feuer- und Rettungsleitstelle angerufen.“ Sven Marberger, einer der Mitgründer der Notfallhelfergruppe, war als Ersthelfer in der Nähe, zwei weitere Kräfte kamen durch die Alarmierung dazu. Da war Niel aber schon da. „Ich habe das Kind auf dem Boden des Badezimmers geboren.“ Als die Helfer eintrafen, lag das Baby auf ihrer Brust, sie versorgten Mutter und den Jungen.
Alles zum Thema Bergisches Land
- Alkohol-Fahrt in Wermelskirchen Mit 1,2 Promille zum Drive-in
- Verfolgungsjagd in Bergisch Gladbach 18-Jähriger flüchtet mit Kleinkraftrad vor der Polizei
- Einbruch in Gronau Werkzeuge und Maschinen aus Transporter gestohlen
- Einbrüche in Bergisch Gladbach Unbekannte stehlen Schmuck aus zwei Häusern
- Einbruch in Overath Unbekannte stehlen Skoda Kodiaq im Wert von 65.000 Euro
„Das haben sie mir erzählt, seit ich denken kann“, erinnert sich Niel, einer der wenigen echten Winterscheider. Es war einer der ersten Einsätze und die erste und bislang einzige Hausgeburt für das im Kreis einmalige Angebot. Der Ort war lange ein weißer Fleck bei der rettungsdienstlichen Versorgung. Jeder Standort von Rettungswagen war mindestens zehn Kilometer entfernt.

Anne Becker und ihr Sohn Niel, der vor zwölf Jahren geboren wurde, mit Hilfe der Feuerwehrleute.
Copyright: Ralf Rohrmoser-von Glasow
Die Idee für die Notfallhelfergruppe ist nach einem Unfall auf einem Kinderspielplatz entstanden. Hannes, der Sohn Marbergers, des Löschzugführers von Winterscheid, benötigte den Rettungsdienst. „Der Rettungswagen hat ewig gebraucht“, erinnert sich Jörg Limbach, einer der Mitgründer. Die Idee war angestoßen, der damalige ärztliche Leiter des Rettungsdienstes, Frank Riebandt, unterstützte das Vorhaben, wie Wehrleiter Ralf Schneider betont.
Am 15. Juni 2012 wurde das System scharf gestellt, waren die ersten zwölf Helfer in einer speziellen Alarmierung eingebunden. Es waren und sind heute auch alles Feuerwehrleute, die einen 50 Unterrichtseinheiten umfassenden Lehrgang absolviert haben. Von Anfang an dabei ist auch Feuerwehrarzt Dr. Helmut Broich.
Florian Lückerath, Leiter der Gruppe, macht klar, was er und seine Leute leisten können. „Wir machen nur das, was nötig ist, die Basismaßnahmen. Wir machen Betreuung und Lagerung der Patientinnen und Patienten“, erklärt er. „Außerdem betreuen wir die Angehörigen und erklären, was da gerade passiert. Wenn jemand reanimiert werden muss, wissen wir, was zu tun ist.“ Im Schnitt sind sie sechs Minuten vor dem Rettungswagen da.
Ziel ist es, das sogenannte therapiefreie Intervall, also den Zeitraum vom Eintritt des Notfalls bis zur ersten Behandlung des Patienten, möglichst kurz zu halten. „Die Zusammenarbeit mit den Profis aus den Rettungsdiensten ist gut, das ist gewachsen“, schildert Lückerath, „wir haben uns einen guten Ruf unter den Rettungsdienstlern und Notärzten erworben.“ Christina Hagedorn berichtet von einem inzwischen oft gehörten Ausruf: „Gott sei Dank, ihr seid schon da.“

Markus Jung (l.) und sein Sohn Lukas, der Patient Nummer 500 war.
Copyright: Ralf Rohrmoser-von Glasow
Lukas Jung ist Patient Nummer 500. „Bei einem Fußballspiel auf Winterscheider Platz bin ich auf der Außenbahn in einen Zweikampf gegangen“, erzählt der 13-Jährige. „Da habe ich einen Stoß von hinten bekommen und bin mit dem Brustkorb gegen die Brüstung geflogen.“ Der Junge stürzte zu Boden und blieb liegen.
Sein Vater, zugleich sein Trainer, ließ nach kurzer Beratung den Rettungsdienst rufen. „Die Notfallhelfer waren viel früher da“, erinnert er sich. Limbach war direkt vor Ort, hatte er doch das Spiel angeschaut. Lukas ergänzt: „Sie haben mich versorgt und den Blutdruck gemessen. Die Trainer hätten nicht das machen können, was die Notfallhelfer gemacht haben.“

Für kleine Patienten gehören in die Ausrüstung Spielzeuge und Lollis zur Beruhigung.
Copyright: Ralf Rohrmoser-von Glasow
Ihr Material beschaffen sie sich ausschließlich aus Spenden. Beim kommenden Feuerwehrfest wird es den Tag der Notfallhelfer geben. Auch der Förderverein sammelt Spenden. Die Gemeinde hat ihnen erlaubt, ein Fahrzeug der Feuerwehr zu nutzen. Denn es durften der klammen Kommune keine zusätzlichen Kosten entstehen. 40 bis 50 Einsätze gibt es jährlich. „Für die älteren Leute ist das sehr beruhigend, dass sie die Notfallhelfer kennen“, sagt der Wehrleiter.
Limbach erinnert sich an ein Beispiel. Ein Patient hatte einen Herzinfarkt erlitten. Der Helfer traf die Frau vor der Tür: „Gott sei Dank, du bist da. Er sitzt noch auf dem Klo.“ Die Vertrautheit machte es der Angehörigen leichter. Es kann aber auch unangenehm sein. Anne Becker, Niels Mutter, etwa sagt: „Ich habe kurz darüber nachgedacht, ob ich das gut finde, dass Sven Marberger bei der Geburt dabei ist.“
Inzwischen gehören 21 Frauen und Männer zur Notfallhelfer-Gruppe
Inzwischen sind es 21 Notfallhelfer, viele von Anfang an dabei. Peter Fischer etwa. „Wir wollen den Leuten helfen“, erklärt er schlicht den Antrieb zu diesem zusätzlichen Ehrenamt. Philipp Breuch ist vor sieben Jahren dazu gekommen. „Eine der ersten Reanimationen war bei meinem Opa.“ Das hat ihn bewogen, mitzumachen.
Nikolai Eiserfey ist erst vor knapp zwei Jahren eingestiegen. Sein beeindruckendster Einsatz: „Bei einem schwergewichtigen Patienten mussten wir bis ins Krankenhaus reanimieren, während der Fahrt im Rettungswagen.“ Geschafft hat der Patient es leider nicht.
