HochansteckendKatzenseuche vermutet – Tierheim Bonn kann keine Katzen mehr aufnehmen

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Eine Katze streckt ihre Pfote durch die Gitterstäbe ihres Zwingers.

Das Tierheim Bonn hat einen Aufnahmestopp für Katzen verhängt. Es besteht der Verdacht eine ansteckende Krankheit könnte ausgebrochen sein. (Symbolbild)

Das Tierheim wartet noch auf den endgültigen Laborbefund. Die Katzenabteilung ist brechend voll, die Lage angespannt.

Das Albert-Schweitzer-Tierheim in Bonn hat einen kompletten Aufnahmestopp für Katzen verhängt. Es soll einen Verdachtsfall einer für Katzen hochansteckenden Krankheit geben, teilte die Einrichtung vor kurzem mit. Und die Abteilung ist brechend voll.

Auf Anfrage des „Kölner Stadt-Anzeiger“ bestätigt Tierheimleiterin Julia Zerwas den Verdachtsfall. Es gehe um die sogenannte Katzenseuche. Eine endgültige Bestätigung gibt es aber noch nicht. „Bisher sind Schnelltests positiv, die vorläufigen Laborergebnisse aber negativ. Wir warten auf die endgültigen Befunde“, erklärt Zerwas.

Die Katzenseuche („Panleukopenie“) ist eine durch einen Virus verursachte Krankheit, die bei Katzen hochansteckend ist. Vor allem bei Jungtieren, die noch nicht geimpft sind oder deren eigene Antikörper noch nicht voll aufgebaut sind, kann sie tödlich verlaufen. Was heißt das nun für das Bonner Tierheim?

Für Menschen besteht durch das Virus keine Gefahr

Zunächst ist deshalb die Katzenabteilung geschlossen. Es werden keine Fundkatzen mehr aufgenommen und es können auch keine Katzen mehr vermittelt werden. Gespräche mit Interessierten könne das Team jedoch führen, so teilt es das Tierheim auch auf seiner Webseite und auf Social Media mit. 

Wie es weitergeht, ist noch nicht klar. Was passiere, hänge von den Laborergebnissen und dem Krankheitsverlauf ab, sagt die Tierheimleiterin. Gegebenenfalls müsse die gesamte Abteilung unter Quarantäne gestellt werden. Die Krankheit kann teilweise mit „Antibiotika und Infusionen“ behandelt werden, aber „es kommt immer auf den Verlauf an.“ Es gebe allerdings Heilungschancen. Es müssen jedoch auch strenge Hygienemaßnahmen eingehalten werden, um zu verhindern, dass das Virus sich weiter verbreitet. Denn es kann unter anderem über den Kot der infizierten Tiere weitergegeben werden. Für Menschen bestehen durch Virus und Krankheit keine Gefahr.

Dennoch dürfen aktuell auch ehrenamtliche Katzenbetreuer nicht zu Besuch kommen. Denn „es besteht die Gefahr, dass jemand den Virus an der Kleidung mit nach Hause nimmt und seine Tiere ansteckt.“ Symptome bei infizierten Katzen können Erbrechen, starker Durchfall, Apathie und Fieber sein. Auch vermindert sich die Anzahl der Blutkörperchen drastisch, was die Abwehrkräfte des Organismus zusätzlich schwächt. 

Der Verdachtsfall macht die ohnehin schwierige Lage im Tierheim noch angespannter. Die Abteilung für Katzen ist brechend voll. „Für 100 Tiere ist maximal Platz“, sagt Zerwas. „So steht es auch in unserer Betriebserlaubnis.“ Zurzeit sind allerdings schon 113 Katzen untergebracht.

Tierheim Bonn: „Derzeitige Lage psychisch und physisch kaum mehr auszuhalten“

„Die derzeitige Lage ist psychisch und physisch kaum mehr auszuhalten“, macht die Tierheimleiterin deutlich. „Die Tierheime sind so voll wie nie zuvor und es hagelt Abgabeanfragen am laufenden Band.“ Dafür gebe es viele Gründe. Die meisten davon sind für Öffentlichkeit und Politik nicht neu, denn fast alle Tierheime in Deutschland, auch in unserer Region, haben mit den gleichen Problemen zu kämpfen.

Es sind Corona-Tiere, es sind Moderassen, die unwissend angeschafft wurden, es sind die erhöhten Tierarztkosten, es sind Direktvermittlungen, für deren Rückläufer meist nicht gesorgt ist“, listet Julia Zerwas auf. Tiere, die während der Pandemie angeschafft wurden, werden oft nun zurückgegeben, weil die Zeit nicht mehr ausreicht, um sich zu kümmern. Auch die Kosten können sich türmen. Doch das müssten potenzielle Tierbesitzer sich vorher bewusst machen, deutet Zerwas an. Das Problem ist demnach nicht einfach finanziell und wirtschaftlich bedingt, sondern viel mehr ein Problem der Verantwortungsbereitschaft.

Menschen drohen, Tiere zu töten, wenn sie nicht aufgenommen werden

„Das grundsätzliche Problem liegt an der Einstellung der Menschen“, so Zerwas. „Jeder meint, berechtigt zu sein, ein Tier halten zu dürfen. Selbstreflexion bezogen auf »kann ich das leisten, sowohl auslastungstechnisch als auch finanziell?« und »bin ich bereit dranzubleiben, auch wenn es schwierig wird?« gibt es kaum noch. Erst wenn das Kind in den Brunnen gefallen ist, kommt eine Einsicht, auch da nicht immer.“

Das alles sei aber für die Tierheime nicht mehr tragbar, denn sie und ihre Mitarbeitenden sollen dann „ganz schnell helfen“, so Zerwas. Das könnten sie jedoch einfach nicht mehr. „Für uns, die, die helfen wollen, und nun nicht mehr können, eine ganz schwierige Situation, die nicht spurlos an einem vorbeigeht.“ Zerwas berichtet von Menschen, die einem die Tiere über den Zaun werfen, sie vor das Tor stellen und drohen, die Tiere zu töten, wenn sie nicht aufgenommen werden. Und Julia Zerwas fragt bewusst: Aber wohin sollen die Tiere noch?

Nicht nur das Bonner Tierheim sei absolut voll. Auch anderen Tierheimen in der Region geht es nicht anders. Das Tierheim Bergheim erhalte Anrufe mit Annahmeanfragen aus Bayern und ganz Deutschland, hatte Tierheimleiterin Heike Bergmann dem „Kölner Stadt-Anzeiger“ berichtet. Das Tierheim Bonn und das Tierheim Troisdorf hatten sich erst Ende Juli an einem Brandbrief an die Bundesregierung beteiligt, indem sie deutlich machten: Die Tierheime sind am Ende.

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