Bonner Beethoven-DenkmalHistorisches Spektakel stellte Enthüllung von 1845 nach

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Kurz nach 13.30 Uhr fiel die Plane, das am Samstag verhüllte Beethoven-Denkmal war wieder zu sehen.  

Bonn – Im Schatten des Kurfürstlichen Residenzschlosses versammelte sich am Sonntagmorgen eine Gruppe Frauen, die sich mit Fächern Luft zu wedelten. Es war zwar erst 9 Uhr und das Thermometer zeigte schon knapp über 20 Grad, der Tag sollte wieder heiß werden. Die Damen legten letzte Hand an ihre Garderobe, zupften die Jäckchen zurecht und verknoteten die Schleifen ihrer Biedermeierhüte unterm Hals. Die Frage an eine Schöne, woher sie denn ihr Kleid habe, stieß auf leichte Empörung: „Selbstverständlich vom Hofschneider“, antwortete sie indigniert. Dann lachte sie, in der Tat handele es um ihr Hochzeitskleid, das sie für diesen besonderen Sonntag umgearbeitet habe.

Festzug zur Restaurierung des Beethoven-Denkmals

Die muntere Damengruppe gehörte zur Abteilung „Bonner Bürgerinnen und Bürger“, die am Sonntag in einem Festzug zur Feier der Restaurierung des Beethoven-Denkmals mitging. Es waren gut 80 Männer und Frauen, die aus diesem Anlass ihre Gewänder der Mode des Jahres 1845 angepasst hatten.

Ein Jahr vor Beethovens 200. Geburtstag hatte der Schiffer-Verein Beuel die Idee, 2020 die Enthüllung des Beethoven-Denkmals vom 12. August 1845 nachzugestalten. Doch dann kam Corona, die Feier wurde zweimal verschoben und gestern nachgeholt.

Das von Ex-Oberbürgermeister Jürgen Nimptsch verfasste Drehbuch hielt sich dabei an die Geschehnisse jenes Sommertages: Es setzte sich also ein Festzug vom Uni-Hauptgebäude, dem alten Stadtschloss, zum Münster in Bewegung. Ein paar Hundert Teilnehmerinnen und Teilnehmer reihten sich ein, Burschenschaftler, Vertreter von Wirtschaft und Handwerk, des Stadtrats und der Universität. Vor allem gingen Karnevalsvereine mit, Ehrengarde, Stadtsoldaten, das Alte Beueler Damenkomitee und die Bönnsche Chinesen.

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Damals kam es vor und im Münster zu tumultartigen Szenen, die Kirche war so voll, dass Menschen auf Schultern hineingetragen wurden und draußen berittene Polizei für Ordnung sorgen musste. Gestern ging es sittsamer zu. Wie seinerzeit erklang in der Basilika Beethovens Messe in C-Dur für Soli, Chor Orchester und Orgel, des Meisters Opus 86, das 1807 uraufgeführt wurde und voll heiteren Gemüts und Gottvertrauens ist. Regional- und Münsterkantor Markus Karas hatte die Gesamtleitung. Stadtdechant und Münsterpfarrer Wolfgang Picken rief in seiner Predigt dazu auf, die Ideale Beethovens von Gerechtigkeit, Freiheit und Brüderlichkeit zu verteidigen. Das gehe mitunter nicht ohne Streit, aber eine Auseinandersetzung sei allemal besser als Schweigen oder die Dämonisierung des politischen Gegners.

Während im Münster kurz vor 12 Uhr der Choral „Nun danket alle Gott“ erklang, hatten sich auf dem Münsterplatz mehr als 1000 Zuschauer in der prallen Sonne auf Stühlen oder unter den Schirmen des Bistro „Midi“ niedergelassen. Alle schauten auf das verhüllte Denkmal, doch es dauerte noch zwei Stunden, bis die graue Plane fiel.

In der Zwischenzeit sprachen Nimptsch in Gestalt des seinerzeitigen „Sekretärs des Beethoven-Komitees“, C. M. Kneisel, und Birgit Landsberg, stellvertretende Leiterin der Bonn-Information, mit Zeitzeugen des Spektakels. Der Kabarettist Andreas Etienne (Springmaus-Theater) zum Beispiel mimte den Bonner Professor und Freiheitskämpfer Gottfried Kinkel, der 1845 als Zeitungskorrespondent über das Großereignis berichtet hatte. Etiennes Kollege vom Pantheon, Rainer Pause, mimte Alexander von Humboldt, der zur Delegation von Preußens König Friedrich Wilhelm IV. (Stadtbaurat Helmut Wiesner) gehörte. Dirk Vianden, Vorsitzender des Vereins Haus & Grund, erzählte als Franz Liszt mit einem Seitenhieb auf die jahrelangen Verzögerungen bei der Sanierung der Beethovenhalle, dass es 14 Bonner Handwerksmeistern 1845 binnen elf Tagen gelungen sei, die erste Beethovenhalle in der Franziskanerstraße für bis zu 3000 Besucher zu errichten. Sie wurde nach dem Ende des von Liszt veranlassten ersten Beethovenfests auf Abbruch verkauft.

OB Katja Dörner als Queen Victoria dabei

Schließlich fuhren die Ehrengäste in einer Kutsche vor, an der Spitze Englands Queen Victoria (OB Katja Dörner ganz majestätisch mit Diadem, Halskette und in schwarzem Tüll) und ihr Gemahl Prinz Albert von Sachsen-Coburg und Gotha (Stadtdirektor Wolfgang Fuchs). Sie postierten sich auf dem Balkon der Post, Paul Breidenstein, Musikdirektor der Stadt Iserlohn, verlas die historische Festrede, die sein Vorfahr Professor Carl Heinrich Breidenstein am 12. August 1845 gehalten hatte und die mit den Worten endete: „Es falle die Hülle“, dann läuteten Glocken und das Tuch fiel. Beethoven stand da in ganzer Pracht.

Jetzt müssen nur noch die Blumen um das Denkmal gepflanzt werden.

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