Helfer in Flutgebieten„Wir waren auf das Bild vor Ort nicht vorbereitet“

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Aufgehäufter Müll am Lager des Vereins „Bunter Kreis Rheinland“; im Hintergrund zwei der angespülten Autos.

Königswinter/Bad Neuenahr – Viele Helfer und Helferinnen sind schon seit Tagen in den Hochwassergebieten im Einsatz. Auch unsere Reporterin Madeleine Majunke fuhr selbst zu einem Hilfseinsatz in den Flutgebieten an der Ahr. Ein Erfahrungsbericht:

Seit Tagen waren die Meldungen zu den verheerenden Ausmaßen der Flutkatastrophe im Rhein-Erft-Kreis, im Rhein-Sieg-Kreis und im Ahrtal in über alle Medien zu verfolgen und ließen in mir den Wunsch wachsen, dort zu helfen. Als Bianka Lehnen-Hinkelmann, frühere Präsidentin der Karnevalsgesellschaft Vinxel, per Whatsapp-Status nach Hilfe fragte, war deshalb für mich klar: Ich bin sofort dabei. Es ging um ein Lager des Vereins „Bunter Kreis Rheinland“.

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Bianka Lehnen-Hinkelmann beim Schlammschippen im Lager; vorne rechts: total verschlammte Butterbrotbüchsen.

Ausgerüstet mit Gummistiefeln, Wechselklamotten und Wasser fuhr ich mit Uta Kampffmeyer, einer Nachbarin von Bianka Lehnen-Hinkelmann und Mitarbeiterin der Zurich-Versicherung, und ihrem Sohn Sven nach Bad Neuenahr. Unterwegs nahezu nonstop am Handy, koordinierte Uta Kampffmeyer weitere „helfenden Hände“ der Zurich-Versicherung, die sich ebenfalls für Einsätze im Überschwemmungsgebiet gemeldet hatten.

Der Verein

„Wenn plötzlich alles anders wird“, ist der Claim des Vereins „Bunter Kreis Rheinland“, der in der Region von Koblenz bis Leverkusen Familien mit zu früh geborenen, chronisch kranken und beeinträchtigten Kindern unterstützt.

Wie schnell sich alles ändern kann, musste der Verein vor wenigen Tagen selbst feststellen. Viele Gebäude wurden vom Jahrhunderthochwasser zerstört, darunter das Lager des Vereins, in dem Give-aways für Veranstaltungen und Events aufbewahrt werden.

Der Bunte Kreis hat auch eine Hotline für Familien in den Hochwassergebieten geschaltet: 015141641875. (mmn)

Eine Fahrt per Navi schien bei den zerstörten Brücken und sonstigen Sperrungen unmöglich und so erreichten wir die Sammelstelle des Vereins erst nach knapp zwei Stunden. Sven, von Beruf Elektroinstallateur, sollte direkt einem alten Herrn helfen, der dachte, seine Stromversorgung sei durch einen Defekt im Haus unterbrochen. Das war leider nicht der Fall. Der gesamte Teil der Straße hatte nach wie vor keinen Strom.

Helfer in Flutgebieten: Nicht auf das Bild vor Ort vorbereitet

Nach dem Abladen eines Lkw mit gesammelten Hilfsgütern ging es für uns gemeinsam mit der Assistenz der Geschäftsführerin des Bunten Kreis Rheinland, Melanie Schuster, weiter zur „richtigen“ Einsatzstelle. Dem Lager in der Oberstraße. Wir alle waren motiviert. Worauf wir nicht vorbereitet waren, war das Bild, das sich uns vor Ort bot. Die Schmutzränder an den Wänden machten deutlich: Bis zu 1,50 Meter hatte hier das Wasser gestanden. Immer noch schwamm alles in einer braunen Brühe. Um uns herum „gestrandete Autos“, die in den Hof gespült worden waren.

Mit Besen und Schaufeln versuchten wir die Wassermassen aus dem Raum zu schieben, um an die verschlammten Kisten zu gelangen und eventuell noch ein paar unbeschädigte Dinge zu retten. Unsere mitgebrachte Wasserpumpe wollte trotz Notstromversorgung nicht anspringen. Ein verschlammter Abfluss in der Raummitte konnte leider nur kurzfristig aktiviert werden, um etwas Wasser abfließen zu lassen.

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Plastikkisten, Koffer und alles tragbare wurde mit den vollgesogenen Sachen befüllt und in den Hof gebracht. Unter Riesengetöse brach ein Metallregal zusammen, das bereits ausgeräumt war und nun in Einzelteilen transportiert werden konnte. Getränke und Verpflegung hatte Uta Kampffmeyer mitgebracht, aber auch die Versorgung durch den Bunten Kreis Rheinland war bestens.

So auch die Stimmung unter den Helfern, die immer wieder aufs Neue gegen die Schlammmassen ankämpften und letztlich durch einen Räumbagger, der vor Ort ausgeliehen werden konnte, Unterstützung bekamen. „Es macht mental schon einen Riesenunterschied, ob man die Lagerhalle eines Vereins ausräumt“, philosophierten wir gemeinsam, „oder ob man einen Keller leerräumt und damit Lebenserinnerungen betroffener Menschen auf den Sperrmüll kippt.“ Dennoch werden uns die Bilder des Tages lange Zeit im Gedächtnis bleiben.

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