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Durchgehend besetztLohmarer Ehepaar versucht vergeblich Impftermin zu bekommen

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In der Warteschleife: Ingeborg und Heinz Brasche scheiterten mit ihrem Versuch, telefonisch einen Impftermin zu vereinbaren.

In der Warteschleife: Ingeborg und Heinz Brasche scheiterten mit ihrem Versuch, telefonisch einen Impftermin zu vereinbaren.

Lohmar – Zwölf Ziffern zu tippen, das könne doch kein Problem sein, meinte Ingeborg Brasche. Wie oft die Seniorin dann die 080011611701 wählte und hörte „Bitte versuchen Sie es später noch einmal“, das hat sie nicht gezählt. Auf der Jagd nach einem Impftermin für sich und ihren Gatten Heinz, 90, ist die 87-Jährige auf der Strecke geblieben. „Wer weiß, ob wir überhaupt einen Termin bekommen“, sagt die sonst so fröhliche Frau geknickt.

Die Nachrichten in der Zeitung und im Fernsehen verfolgt Ingeborg Brasche intensiv. Dass die Impfungen nun erst eine Woche später beginnen, nämlich am 8. Februar statt am Montag, 1. Februar, wie in dem Schreiben vom Rhein-Sieg-Kreis angekündigt, das hat sie nachvollziehen können.

Angst vor einer Infektion

Doch der Tipp, es online zu versuchen, wenn die Hotline überlastet ist, kam nicht so gut an bei der früheren Bankangestellten, Jahrgang 1933: „Wir haben keinen Computer, kein Smartphone, kein Internet. Und wir brauchten es bislang auch nicht.“

Ingeborg Brasche schaut aus dem Fenster ihres Einfamilienhauses in Birk auf die verschneite Landschaft, die Einfahrt hat das Paar selbst geräumt. Sportlich waren die Brasches immer, sie tanzten gern, hielten sich in den Sportkursen des TuS Birk fit – bis Corona sie ausbremste. Nun drehen die Senioren regelmäßig ihre Runde durch den Ort, nutzen den Bus nach Siegburg und Lohmar für Erledigungen wie Arzttermine. Auto fahren sie schon lange nicht mehr, „ich habe meinen Führerschein längst abgegeben“, sagt die mobile 87-Jährige. Unternehmungslustig seien sie nach wie vor, aber man könne ja zurzeit nichts machen. Die soziale Isolation müsse halt sein, so schwer es falle.

Die Sorgen vor dem Virus versuchten sie zu verdrängen, manchmal beschleiche sie aber die Angst, schildert die Seniorin, „vor allem, als die Zahl der Toten so hoch ging“. Nur wenige Gleichaltrige gehörten zum Freundeskreis, dagegen viele jüngere, so um die 70, die aber auch Abstand halten wollten, verständlich.

„Von Corona lassen wir uns nicht kleinkriegen“

Bis zuletzt hoffte das Paar, den 90. Geburtstag von Heinz Brasche wie geplant groß feiern zu können, im Gasthof Fielenbach, mit einer Musikkapelle, gutem Essen, Wein und Tanz. Alles abbestellt. Vielleicht nur verschoben und nicht aufgehoben, sagt Ingeborg Brasche. Bis dahin blieben sie hoffentlich gesund und seien bald dran mit der Impfung. „Das tut hoffentlich nicht weh“, sagt Gatte Heinz, gebürtiger Berliner, mit einem Augenzwinkern. Und erzählt dann von alten Zeiten, von seinem Job bei der Flughafenfeuerwehr, von vielen Reisen nach Afrika.

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„Wir haben schon viel Schlimmeres erlebt“, sagt seine Frau, gebürtig aus Köln. Eine Kindheit im Luftschutzkeller, das Haus ausgebombt: „Wir hatten nur noch die Kleidung auf dem Leib.“ Evakuierung, Hunger, Armut, viel Arbeit, das Haus baute Heinz Brasche einst mit eigenen Händen. Von Corona ließen sie sich nicht kleinkriegen. Ingeborg Brasche tippt die 080011611701. „Bitte versuchen Sie es später noch mal.“ Dann melden sich Freunde und bieten ihre Hilfe an. „Wir versuchen es jetzt online.“ Doch vergebens. Die Internetseite der KV Nordrhein hat diese Funktion gesperrt.

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