ProzessLohmarerin soll Kinderpornos verbreitet haben – Verteidiger kritisiert Ermittlungsfehler

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Gebäude mit Schild Amtsgericht und Arbeitsgericht

Absolute Seltenheit: Eine Frau stand wegen Besitz und Verbreitung von Kinderpornografie vor dem Amtsgericht Siegburg.

Dass eine Frau wegen Kinderpornografie vor Gericht landet, wie jetzt eine dreifache Mutter, ist extrem selten. Die Frau wurde freigesprochen.

Die 27-Jährige auf der Anklagebank weinte. Sie schien trotz Dolmetscher kaum zu verstehen, warum sie vor dem Siegburger Schöffengericht saß. Der Vorwurf: Die dreifache Mutter aus Lohmar soll kinder- und jugendpornografische Fotos und Videos besessen und verbreitet haben. Vor Gericht wurde die Frau jetzt freigesprochen.  

Ursprünglich war gegen ihren Verlobten ermittelt worden. Doch dann gab es offenbar Ermittlungsfehler. Der Troisdorfer Strafverteidiger kritisierte, dass seine Mandantin bei der Hausdurchsuchung von der Polizei wie eine Tatverdächtige verhört worden war, ohne sie allerdings korrekt zu belehren.

Hausdurchsuchung fand zwei Jahre nach dem Hinweis aus den USA statt

Und auch ohne sie darauf hinzuweisen, dass sie ein Recht zu Schweigen habe und auf anwaltlichen Beistand. Die Frau, die nur sechs Jahre lang die Schule besuchte, sei sowohl sprachlich als auch intellektuell nicht in der Lage gewesen, den Vorwurf zu verstehen und die Situation zu erfassen. 

Die Hausdurchsuchung fand im Sommer 2022 statt, nach einem Hinweis von Ermittlern aus den USA zwei Jahre zuvor. Dort war das inkriminierte Video, das auf einem Facebook-Account geteilt, und die per Whatsapp verschickten Fotos per Internetfirmen aufgefallen. Der Account war auf den Namen der Angeklagten angemeldet, die Handynummer führte zu ihrem Verlobten und Vater der gemeinsamen Kinder. 

Die Angeklagte wurde von der Polizei nicht als Beschuldigte belehrt
Der Troisdorfer Rechtsanwalt Dr. René Gülpen kritisiert Ermittlungsfehler

Der Account hätte auch von anderen Personen genutzt werden können, sagte der Vorsitzende Richter Ulrich Prümper. Auf einem Handy seien auch etliche Fotos gefunden worden. Wem das Handy gehörte und wer es nutzte, blieb unklar.

In dem Polizeiprotokoll finde sich kein Hinweis, dass die Angeklagte als Beschuldigte belehrt wurde. Spätestens, als ihr die Screenshots von den Beweisfotos gezeigt wurden, hätte das erfolgen müssen, sagte der Verteidiger. „Das geschah aber auch nicht verspätet, sondern gar nicht.“

Wie die Staatsanwaltschaft forderte er einen Freispruch. Dem folgte das Gericht. Die Kosten des Verfahrens und das Anwaltshonorar trägt die Landeskasse.

Ob das Verfahren gegen den Verlobten nun wieder aufgenommen wird, sei offen, so die Staatsanwältin. Der 30-Jährige, der sehr gut Deutsch spricht, hatte vor Ort die Schuld der Frau zugeschoben. Doch auch ihm sei die Tat kaum nachzuweisen. Tragisch: Die drei Kinder des Paares sind so jung wie die meisten Opfer auf den Fotos. 

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