Prozess wegen KörperverletzungAmtsgericht Siegburg vereidigt Zeugen

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Amtsgericht Siegburg

Amtsgericht Siegburg 

Siegburg/Lohmar – Dass Zeugen in einem Strafverfahren vor dem Amtsgericht vereidigt werden, ist selten. Beim Prozess gegen einen 21 Jahre alten Lohmarer wegen gefährlicher Körperverletzung und Drogenbesitz griff das Gericht jedoch zu diesem Mittel. Richterin, Staatsanwältin und Nebenklägerin waren sich einig: Dieser Zeuge lügt.

Im Mittelpunkt der Verhandlung stand ein Vorfall aus dem Sommer 2020. Er sei abends nach 22 Uhr mit einem Kumpel im Auto auf das Parkdeck des Lohmarer Edeka-Marktes gefahren, schilderte der heute 22 Jahre alte Geschädigte und Nebenkläger. Dort habe ihn der damals 19 Jahre alte Angeklagte zunächst durchs offene Autofenster angesprochen. Es sei um Geld gegangen, das sein Kumpel, der als Beifahrer neben ihm saß, dem anderen schulde.

Unvermittelter Schlag ins Gesicht

Die Situation sei eskaliert, als er ausgestiegen sei, so der Geschädigte weiter. Der jüngere Mann habe ihm unvermittelt ins Gesicht geschlagen. Ein Arzt der Uniklinik Bonn diagnostizierte später einen Knochenbruch.

Der Angreifer habe auch mehrmals gegen sein Auto getreten, sagte der 22-Jährige aus. Die Zeugen des Vorfalls, die der Geschädigte offenbar nur mit Vornamen kannte, waren zum ersten Prozesstermin nicht zu ermitteln.

Beifahrer will sich an kaum etwas erinnern

Der Beifahrer, der dem Angeklagten angeblich Geld geschuldet hatte, behauptete, sich an kaum etwas zu erinnern. Nur dass der Geschädigte zuerst zugeschlagen habe, wisse er sehr genau. Worum es im Gespräch davor gegangen war, wisse er ebenfalls nicht mehr, keinesfalls aber um Geld.

Dass es noch ein Treffen zur Aussprache gegeben habe und die Schulden beglichen seien, berichtete er erst, nachdem die Anwältin des Nebenklägers massiv nachgefragt hatte. Weitere Zeugen konnten zur Klärung nichts beitragen.

Richterin sah viele Ungereimtheiten

Die Richterin folgte am Ende in weiten Teilen den Anträgen von Staatsanwältin und Nebenklägerin. Das hatte nicht zuletzt mit der lückenhaften Erinnerung des Zeugen zu tun. Dessen „komplette Amnesie“ bis auf die Aussagen, wer geschlagen habe und worüber nicht gesprochen worden sei, sei wenig glaubhaft.

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Dass es keinen Kontakt mehr gegeben haben soll und der Angeklagte trotzdem gewusst habe, dass der Zeuge zum Prozess kam, stieß der Richterin ebenso negativ auf wie die Tatsache, dass offenbar auch die Schulden kein Thema mehr waren.

Der Angeklagte war bereits mit Gewalt- und Drogendelikten aufgefallen, hat sich aber seit Juli 2020 nichts mehr zuschulden kommen lassen und inzwischen eine Lehre begonnen. 110 Tagessätze zu je 20 Euro lautete am Ende das Urteil des Amtsgerichtes. Die Verteidigerin hatte auf Freispruch plädiert. Sie schloss nicht aus, dass sie und ihr Mandant Rechtsmittel einlegen.

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