Cum-Ex-ProzesseGrundstein für Anbau ans Siegburger Amtsgericht gelegt

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Gerichtsanbau für die Cum-Ex-Prozess in Siegburg

In Siegburg wurde am Freitag der Grundstein gelegt für den Gerichtsanbau für die Cum-Ex-Prozesse.

Das Millionenprojekt im Rahmen der Cum-Ex-Prozesse scheitet voran: Der Grundstein für den Anbau ans Siegburger Amtsgericht wurde gelegt.

Wer beklagt, dass die Mühlen der Justiz und der Bürokratie langsam laufen, sollte einen Blick in die Bahnhofstraße werfen. Dort wächst ein in Windeseile genehmigtes 43-Millionen-Projekt in die Höhe. Am Freitag wurde der Grundstein gelegt für die Gerichtssäle, bereits im Oktober 2024 sollen hier die Cum-Ex-Prozesse beginnen.

„Die erste Zelle steht schon“, sagte Landgerichtspräsident Dr. Stefan Weismann mit einem Augenzwinkern, er sei beeindruckt vom Baufortschritt. Vor knapp vier Jahren sei die Idee entstanden, ein Prozessgebäude zu errichten. Der Standort auf dem Areal des Amtsgerichts habe sich als der sinnvollste und wirtschaftlichste herausgestellt.

Baudezernent: „Geld, das uns allen geklaut worden ist“

Der Anbau wird formal eine Nebenstelle des Landgerichts Bonn. Bei der Aufarbeitung des größten Steuerbetrugs in der bundesdeutschen Geschichte gehe es indes nicht nur ums Geld, so Weismann, sondern darum, dass die „regelbasierte, gesellschaftlichen Freiheit“ gesichert werde. „Wenn man nur die Kleinen fängt und verurteilt, erodiert der Rechtsstaat.“

Der Anbau ans Amtsgericht sei ein „klares Bekenntnis zum Standort Siegburg“, sagte der Präsident des Oberlandesgerichts, Dr. Bernd Scheiff. An der Bahnhofstraße entstehen drei Säle mit einer Gesamtfläche von 740 Quadratmetern, zudem eine Vorführstelle und Funktionsräume auf insgesamt 570 Quadratmetern. In Anschluss wird das Amtsgericht, ein Bau aus den 1970er Jahren, modernisiert.

Der Siegburger Baudezernent Stephan Marks verwies auf die große Bedeutung der Cum-Ex-Verfahren: „Das ist Geld, das uns allen geklaut worden ist.“ Das habe der Bürgerschaft geholfen, Verständnis zu entwickeln. Für die Baumaßnahme mussten große Bäume gefällt werden, was Proteste vor allem bei den direkten Nachbarn hervorrief.

Ambitionierter Zeitplan – Innenausbau für Spätherbst 2023 geplant

50 bis 70 Firmen seien beteiligt, die Koordinierung und die Materialbeschaffung seien die größten Herausforderungen beim Bau, sagte Volker Müller von der Gummersbacher Wohnungsbaugesellschaft (GWG). Vor allem bei Heizung, Lüftung, Klima hätten sich die Preise verdoppelt, die Betriebe seien seit Corona ausgebucht. Bisher habe der ambitionierte Zeitplan eingehalten werden können, auch durch die Schnelligkeit der Siegburger Verwaltung. Im Spätherbst 2023 beginne der Innenausbau.

Es sei nicht die erste erfolgreiche Zusammenarbeit der Justiz mit der GWG, betonte der Landgerichtspräsident. Man könne den Architekten Josef Rottloff vom Büro JBR aus Reken/Münsterland „nicht genug loben“. Das Gebäude, das das Leitbild moderner und offener Justiz verkörpere, sei individuell geplant, „nichts aus der Schublade“.

Zuletzt wurde die „Zeitkapsel“ aus Edelstahl mit Tageszeitungen, Bauplan und Baugenehmigung sowie einigen Euromünzen gefüllt und eingemauert in den Rohbau. Während des Festakts drehten sich die Betonmischer, arbeiteten die Bauarbeiter weiter. Die Zeit läuft.


In Bonn fehlte der Platz

Am Bonner Landgericht beginnen nach jahrelangen Ermittlungen im Sommer die ersten vier Cum-Ex-Verfahren parallel. Bis Ende 2023 sollen weitere sechs Hauptverhandlungen beginnen. Insgesamt gibt es rund 1500 Angeklagte.

Da der Platz in Bonn nicht ausreichte und es im Umfeld des Bonner Gerichts keine Grundstücke gab, geriet Siegburg mit dem nahen ICE-Bahnhof und der Autobahnabfahrt in den Fokus.

Inhaber ist der Bau- und Liegenschaftsbetrieb NRW, Bauherrin ist die Justiz. Der Anbau entsteht auf dem Gerichtsparkplatz, neue Parkmöglichkeiten werden in der Hochgarage im Haufeld geschaffen, ein Bauprojekt der Stadtbetriebe.

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