Video wird zum BumerangSiegburger Richter beklagt „täglichen Wahnsinn auf der Straße"

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Amtsgericht_Siegburg_Eingang

Der Eingang zum Amtsgericht in Siegburg (Symbolbild)

Siegburg – Richter Hauke Rudat beklagte „den alltäglichen Wahnsinn auf der Straße“, mit dem er sich in zwei Prozessen befassen musste. Auch beim neutralen Beobachter hinterließen die Fälle Kopfschütteln. Resümee: Provokationen, Rechthaberei und Rachsucht aller beteiligten Autofahrer ließen die Situationen eskalieren.

Und bescherten der Justiz viel Arbeit. In Hennef nahm das Unheil mit einer Lichthupe seinen Lauf. Einem BMW-Fahrer ging es an einem Tag im November 2021 wohl auf der Autobahn 560 in Richtung Hossenberg nicht schnell genug, er überholte schließlich rechts, scherte wieder links ein, der „angehupte“ Opel-Fahrer folgte dem BMW auf die Bundesstraße 8.

Auffahrunfall auf der Bundesstraße 8 in Hennef

Beide quetschten sich an der Stelle, wo aus zwei Spuren eine wird, in eine Lücke, der 5er-BMW musste verkehrsbedingt bremsen, der Opel Mokka fuhr auf. Der Vorwurf, den Unfall durch eine plötzliche und nicht erforderliche Vollbremsung provoziert zu haben, brachte den 41-jährigen BMW-Fahrer auf die Anklagebank.

Die Zeugenaussage einer unbeteiligten Autofahrerin sorgte für Klarheit: Der Opel sei dem BMW fast „in den Kofferraum gekrochen“, so die 41-Jährige. Der BMW, der flott unterwegs war, habe durch ein langsameres Fahrzeug mit Anhänger stark abbremsen müssen. Die Beifahrerin im Opel hatte indes einen Stopp mit quietschenden Reifen geschildert. Doch hierfür fehlten die Beweise: Der ältere BMW ohne ABS hätte Bremsspuren hinterlassen müssen.

Der Staatsanwalt plädierte daher auf Freispruch, dem sich das Gericht anschloss. Auf den 12.000 Euro Schaden an ihrem Opel Mokka wird die Beifahrerin, deren Lebensgefährte am Steuer saß, wohl sitzen bleiben.

Der zweite Fall spielte sich Ende August auf der Bundesstraße 56 ab. Ein Pärchen im 3er-BMW fühlte sich belästigt durch einen Golffahrer. An der Ampel am Stallberg wollte dieser zunächst links abbiegen, verfolgte dann aber den BMW. Der Fahrer habe ihn mit einer Scheibenwischer-Handbewegung beleidigt, er habe ihn „identifizieren“ wollen für eine eventuelle Anzeige, so der 25-jährige Straßenbauer.

Gefährliches Überholen auf der B56 in Siegburg

Als er zum Überholvorgang ansetzte, habe der andere plötzlich Gas gegeben, die Lücke zu einem vorausfahrenden Smart sei zu klein geworden, so dass er diesen auch überholte und dann die Abfahrt nahm. Das Pärchen im BMW hatte die Szene gefilmt, das Video wurde aber zum Bumerang. Denn beim mehrfachen Abspielen im Gerichtssaal war deutlich die Beschleunigung des Automatik-BMW zu hören.

Nur so sei die Situation beim Überholen gefährlich geworden, so die Überzeugung des Gerichts.  Es sprach den Golffahrer frei, der gut gelaunt zu seiner Frau eilte. Die Geburt seines ersten Kindes könnte jeden Moment losgehen.

Die Kosten und Auslagen der Angeklagten trägt in beiden Fällen die Landeskasse.

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