Amtsgericht SiegburgUrteil im Prozess um Pony Mario – „schwere seelische Abartigkeit“
Siegburg/Troisdorf – Vor dem Amtsgericht in Siegburg begann am Donnerstag der Prozess gegen eine junge Frau, die ein Pony getötet und zerstückelt haben soll.
Die 20-Jährige ist wegen Brandstiftung, Diebstahls und Verstößen gegen das Tierschutzgesetz angeklagt. Unser Ticker zum Nachlesen
16.34 Uhr
Nach sieben Stunden Prozessdauer fiel das Urteil. Zwei Jahre und vier Monate Jugendstrafe. Das Gericht erkannte einerseits eine „schwere seelische Abartigkeit“ und eine Gefahr weiterer Straftaten. Andererseits gehe von der Angeklagten keine Gefahr für die Allgemeinheit, das heißt für Menschen aus. Das aber sei die Voraussetzung für „Maßnahmen zur Besserung und Sicherung“. Die 20-Jährige sei zur Tatzeit eingeschränkt steuerungsfähig, aber nicht schuldunfähig gewesen.
14.52 Uhr
Den abgetrennten Kopf des Zwergponys Mario hat die Angeklagte offenbar im Wald vergraben, etwa 100 Meter von der Stelle entfernt, wo sie das Pony getötet habe, das sagte die Strafverteidigerin Alexandra Seidenkranz im Auftrag ihrer Mandantin.
Die Anwältin richtete auch eine Entschuldigung an die Ponybesitzerin und Nebenklägerin. Aufgrund des Krankheitsbildes könne ihre Mandantin leider nicht selbst das Wort an sie richten.
Nach rund fünfstündiger Beweisaufnahme wurde für die Plädoyers sowie das letzte Wort der Angeklagten die Öffentlichkeit erneut ausgeschlossen. Somit wird der Ursprung der psychischen Erkrankung, der wohl im familiären Umfeld zu suchen ist, nicht vor Publikum erläutert. Ebenso wenig das damit verknüpfte Motiv der jungen, fast kindlich wirkenden Frau. Die Angeklagte hielt stets den Kopf und den Blick gesenkt, schaute nach Aufforderung selbst den äußerst sensibel vorgehenden Richter Lars Hillert nur ganz kurz an.
Die Urteilsverkündung, so der Richter, wird öffentlich sein.
13.45 Uhr
Nach 90-minütiger nicht-öffentlicher Verhandlung wurde die Beweisaufnahme öffentlich fortgesetzt. Dabei warfen die Fakten ein gruseliges Bild auf die Angeklagte: In ihrer Wohnung fanden sich unter anderem ein abgetrennter Möwenkopf auf ihrem Bettvorleger und eine Schildkröte im Eisfach, außerdem zahlreiche Tierpräparate und Fischköpfe an der Wand.
Auch bei ihren Taten in Krefeld hatte die damals 17-Jährige die Köpfe der getöteten Tiere - ein Zwergpony und zwei Schafe – abgetrennt.
Der Kopf des Mini-Shettys Mario ist bislang nicht aufgetaucht, die Geschädigte vermutet, dass die Angeklagte ihn noch in ihrem Besitz hat. Sie habe Alpträume, in denen immer wieder der Kopf vorkomme, so hieß es in dem ärztlichen, psychologischen Attest, das der Anwalt der Nebenklägerin vorlegte.
Er habe rund 80 Fragen rund um den Tatkomplex und ihr Motiv, so Richter Lars Hillert. Und wenig Hoffnung, dass auch nur ein Bruchteil von der Angeklagten beantwortet würde. Sie habe nur eine Frage, sagte die Staatsanwältin: „Wo ist der Kopf?“
Darüber Auskunft zu geben, so der Richter, wäre „ein Zeichen besonderer Stärke“. Das gab er der Angeklagten mit auf den Weg in die Verhandlungspause. Klarheit darüber zu bekommen, wäre auch wichtig für alle anderen Beteiligten, damit diese mit der Tötung des Ponys abschließen könnten.
Er hatte zuvor das Urteil des Amtsgerichts Krefeld aus dem Jahr 2013 in Auszügen vorgelesen. Darin heißt es, dass die Angeklagte schädliche Neigungen aufweise, sich nicht entschuldigt habe und auch kein Bedauern über ihre Taten geäußert habe. Man hege aber die Erwartung, dass das Urteil wie auch der Aufenthalt in einer therapeutischen Jugendeinrichtung Wirkung zeigten; weitere Straftaten seien nicht zu erwarten.
12.30 Uhr
Den Prozess verfolgen auch etliche Pferdefreundinnen aus dem Umfeld der Geschädigten. Diese hatte den Mini-Shetty Mario ein Jahr vor der Tat von Bernhard Paul, Direktor des Zirkus Roncalli, geschenkt bekommen.
Sie hatte Paul am Standort Hamburg mit seinen Pferden geholfen, so der Presseanwalt der Nebenklägerin. Mario war auf einem Auge erblindet und sollte in Troisdorf sein Gnadenbrot erhalten.
Die Angeklagte soll laut Anklage die Tat im Zustand erheblich verminderter Schuldfähigkeit begangen haben. Die Gutachterin in Krefeld hatte damals volle Schuldfähigkeit attestiert.
Die beiden Geschädigten aus Krefeld sind auch zum Prozess in Siegburg angereist. Sie haben nach der Tötung dreier Pferde eine Alarmanlage und Kameras an der Weide angebracht.
11 Uhr
Blass, blond, verweint: Das junge Mädchen auf der Anklagebank versteckt sich vor den Kameraleuten und Fotografen hinter einem Aktenordner. Der Medienauftrieb ist groß beim Prozess gegen die 20-Jährige, die das Pony Mario getötet und zerstückelt haben soll.
Das, und etliche Brandstiftungen in der Tatnacht zum 31. Mai 2015 hat sie eingeräumt. Aus der JVA Köln ist sie ins Siegburger Schöffengericht gebracht worden.Nach rund einer Stunde wurde zunächst die Öffentlichkeit von der Sitzung ausgeschlossen.
Ein psychiatrischer Sachverständiger trägt derzeit sein umfangreiches Gutachten vor. Die Angeklagte war bereit vor dem Amtsgericht Krefeld 2013 wegen ähnlich gelagerter Fälle zu einer Jugendstrafe auf Bewährung verurteilt worden.
9.45 Uhr
Vor dem Prozessauftakt bildeten sich vor dem Amtsgericht lange Warteschlangen. Das Gericht hat für den Prozess eigens eine sitzungspolizeiliche Verfügung erlassen.
Sie regelt die Vergabe der 40 begehrten Zuhörerplätze in Saal 34 des Amtsgerichts für Pressevertreter und die interessierte Öffentlichkeit. Außerdem hat das Gericht verfügt, dass alle Zuschauer des Verfahrens ihre Mobiltelefone ausschalten müssen. (mit Peter Freitag)
Das könnte Sie auch interessieren: