Prozess in BonnTroisdorferin soll von Tinder-Bekanntschaft sexuell missbraucht worden sein

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Der Eingang des Landgerichts in Bonn.

Ein 30-Jähriger aus dem Oberbergischen soll seine Tinder-Bekanntschaft sexuell missbraucht haben. Dafür muss er sich vor dem Landgericht verantworten. (Symbolbild)

Beim zweiten Treffen mit einer Troisdorferin, die er bei Tinder kennengelernt hatte, soll ein Mann aus dem Oberbergischen die 26-Jährige sexuell missbraucht haben. Jetzt ist er am Landgericht Bonn angeklagt.

Partnersuche im Chat? Ihre Zweifel hatte die junge Frau von Anfang an. Dennoch hatte die 26-Jährige sich auf die Dating-App „Tinder“ eingelassen: „Damals hatte ich mich von meiner Jugendliebe getrennt und war sehr alleine“, erzählte die Troisdorferin vor dem Bonner Landgericht – als Zeugin. Denn der Mann, den sie über die App kennenlernte, muss sich jetzt wegen Vergewaltigung verantworten.

Im Herbst 2018 war die Frau auf virtuelle Partnersuche gegangen. Bei einem 30-Jährigen aus dem Oberbergischen passten die Profile, und es gab ein „Match“, eine Übereinstimmung. Fünf Wochen lang chatteten und telefonierten die beiden.

Troisdorferin stand während des Übergriffs unter Schock

Anfang Dezember trafen sie sich zum ersten Mal in seiner Wohnung, ein Date, zu der sie mit „Kuscheldecke“ anreiste. Doch das Treffen war für sie wohl nicht überzeugend: Am nächsten Morgen schlenderten die beiden noch über den Weihnachtsmarkt, dann chatteten sie wieder, bis sie sich kurz vor Weihnachten wiedertrafen, diesmal in ihrer Wohnung, mit einem laut Anklage unguten Ende.

Am Abend des 21. Dezember 2018, so die Anklage der Bonner Staatsanwaltschaft, habe der Angeklagte die 26-Jährige, die nach einem gemeinsamen Filmabend tief eingeschlafen war, ungefragt ausgezogen und war wiederholt in sie eingedrungen. Die 26-Jährige, die während des Übergriffs aufgewacht war, stand unter Schock.

Da sie nicht gewusst habe, wie sie reagieren sollte, habe sie sich weiter schlafend gestellt. Ihre Versuche, von seinem Körper abzurollen, habe er verhindert, indem er sie fest umklammert gehalten habe. „Ich habe gedacht, das sei einvernehmlich“, erklärte der Angeklagte etwas zögerlich zum Prozessauftakt. „Erst als sie mich vor die Tür warf, wusste ich, dass da was nicht stimmte.“

26-jährige Troisdorferin vertraute sich einer Freundin an und fuhr in Notaufnahme

Dabei hatte die 26-Jährige ihm ihrer Aussage nach bereits nach der ersten Begegnung mitgeteilt, dass sie sich mit ihm keine Beziehung vorstellen könne, auch keinen Sex auf freundschaftlicher Basis. Dennoch hatte sie sich zu dem zweiten Treffen überreden lassen.

An der Haustür bereits, so die Zeugin, habe sie ihn mit den Worten empfangen: „Wenn du Sex haben willst, kannst du gleich wieder gehen.“ Der 30-Jährige aber blieb. „Ich hatte mir eine Beziehung mit ihr gewünscht, ich fand sie interessant“, räumte er ein. Die 26-Jährige hatte sich nach dem Vorfall einer Freundin anvertraut und war mit ihr zur Notaufnahme gefahren.

„Weißer Ring“ riet der 26-Jährigen dazu, Anzeige zu erstatten

Angezeigt hatte sie die Vergewaltigung erst einmal nicht: „Ich hatte Angst, dass man mir nicht glaubt“, sagte sie im Zeugenstand. Erst als ihre psychischen Probleme immer massiver wurden, holte sie sich Rat bei der Opferschutzorganisation „Weißen Ring“, die ihr schließlich riet, Anzeige zu erstatten.

Besonders ungewöhnlich für einen Vergewaltigungsprozess: Die Nebenklage hatte keinen Antrag gestellt, die Öffentlichkeit bei der Aussage der 26-Jährigen auszuschließen. Obwohl es für die Zeugin erkennbar bitter war, über all das zu sprechen, was gegen ihren Willen in der Nacht passiert sein soll. Ab und zu hielt sie ganz fest die Hand ihrer Anwältin, die bei der Aussage schützend neben ihr saß.

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