Städtischer Umweltschützer im InterviewWie der Veganismus dem Klima nützt

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Marco Gröger, Klimaschutzmanager in Troisdorf, stieg zunächst auf vegetarische Ernährung um, dann auf vegane.

Marco Gröger, Klimaschutzmanager in Troisdorf, stieg zunächst auf vegetarische Ernährung um, dann auf vegane.

  • Marco Gröger arbeitet als Klimaschutzmanager bei der Stadt Troisdorf.
  • Der 35-Jährige hat Umweltwissenschaft an der Universität Trier studiert und lebt seit fünf Jahren vegan.
  • Annette Schroeder wollte wissen, ob der Veganismus wirklich zum Klimaschutz beiträgt.

Troisdorf – Sind Sie Veganer geworden wegen des positiven Effekts, den dieser Lebensstil auf das globale Klima hat?

Zunächst nicht. Es begann mit einem Experiment. Einer meiner Mitbewohner in der Studenten-WG in Trier ernährte sich rein pflanzlich und schlug vor, 30 Tage lang vegan zu essen und dazu ein Sportprogramm zu absolvieren. Es machte dann viel Spaß, gemeinsam am Herd zu stehen, und zwar schon morgens zum Frühstück. Wir probierten viele Lebensmittel aus, die ich vorher nicht kannte, etwa Getreidesorten wie Quinoa und Amaranth. Und ich habe begonnen, mein eigenes widersprüchliches Verhalten in puncto Ernährung zu hinterfragen.

Was heißt das konkret?

Ich habe mich damals für Tierrechte eingesetzt, ich war eine Zeit lang bei Greenpeace aktiv. Aber die Massentierhaltung habe ich bei meinem Konsum ausgeblendet. Tiere teilen wir in Kategorien ein. Die einen streicheln wir, die anderen quälen und schlachten wir. Das Mitgefühl, das wir für unsere Haustiere empfinden, wird verdrängt, wenn es um Lebewesen geht, die wir essen wollen. Dass dies keineswegs natürlich, sondern eine kulturelle Prägung, ja eine Ideologie ist, wurde mir klar, als ich ein Buch der US-Sozialpsychologin Melanie Joy las, die dieses Phänomen analysiert und von „Karnismus“ spricht.

Oft wird als Argument angeführt, dass der Mensch schon immer Fleisch gegessen habe.

Es gibt eine Menge Sachen, die eine lange Tradition haben. Dazu gehört auch Krieg, von dem man ja nicht sagen kann, dass er etwas Sinnvolles ist. Ich finde es jedenfalls nicht mehr richtig, dass Tiere für mein Bedürfnis nach Fleisch und Milchprodukten leiden und getötet werden.

Eine Studie der Universität Oxford kommt zum Ergebnis, dass ein Viertel der globalen Treibhaus-Emissionen von der Lebensmittel-Produktion verursacht wird, davon gehen 80 Prozent aufs Konto der Tierhaltung. Bestätigt Sie das in Ihrem veganen Lebensstil?

Das zeigt einmal mehr, dass man auf diesem Feld als Individuum sehr viel bewegen kann, um den den Klimawandel zu beeinflussen. Jede Mahlzeit ist so gesehen auch eine bewusste Entscheidung dafür. Dass jeder einzelne Einfluss mit seinem Konsum hat, zeigt ja auch, welche Auswahl man inzwischen an veganen Produkten hat. Als ich vor zwölf Jahren Vegetarier wurde, musste ich noch ins Reformhaus gehen, um einen Gemüsebratling zu kaufen.

Die Serie

Müll vermeiden, regional einkaufen, weniger Fleisch essen, aufs Fliegen verzichten – viele kleine Schritte sind nötig, um den Ausstoß von Treibhausgasen zu drosseln. In unserer Serie „Prima Klima“ stellen wir Menschen und Initiativen vor, die sich um einen nachhaltigen Lebensstil bemühen.

Für die Sojafelder werden große Regenwaldflächen abgeholzt.

Dieses Soja wird zu bis zu 95 Prozent als Futtermittel genutzt. Es werden enorme Mengen an Nahrungsmitteln verschwendet, die der Mensch direkt verbrauchen könnte. Für ein Kilo Rindfleisch müssen acht Kilo Getreide und 15000 Liter Wasser eingesetzt werden, der Ausstoß von CO2 beträgt 100 Kilo.

Haben Sie das Gefühl, beim Essen auf etwas zu verzichten?

Nein. Im Gegenteil, meine Lebensqualität hat sich gesteigert durch die große Vielfalt an Gemüsen, Kräutern und Gewürzen, die ich entdeckt habe. Zum Beispiel, dass man als Patty für einen Burger auch eine gebratene Auberginenscheibe nehmen kann, oder dass man den Parmesan für die Spaghetti durch geriebene Mandeln ersetzen kann: Mit Zwiebeln und Salz anrösten, dazu noch Hefeflocken geben – extrem lecker! Inzwischen gibt es auch einige Blogs mit immer neuen Rezepten.

Waren Sie nie in Versuchung, mal ein Käsebrot zu essen?

Ganz am Anfang ja. Aber es hat mir nach einem Bissen nicht mehr geschmeckt. Ich guckte mir den Käse an und wusste: Es ist ein Fettklumpen, 45 Prozent in Trockenmasse. Das wirkte abschreckend.

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Sind Sie als Klimamanager auch Vorbild, wenn es um einen umweltfreundlichen Lebensstil geht?

Es ist sowieso das Beste, wenn man selbst mit gutem Beispiel vorangeht. Ich besitze kein Auto, fahre von meinem Wohnort Köln aus mit der Bahn nach Troisdorf. Für meine Reisen fliege ich nicht mehr. Aber ich will niederschwellig an das Thema herangehen und anderen signalisieren: Jeder Tag, an dem kein Fleisch auf dem Teller liegt, ist ein richtiger Schritt. Man muss nicht gleich alles perfekt machen.

Und die Mode?

Ich kaufe keine Produkte mehr, in denen Wolle oder Leder verarbeitet sind. Aber die alten Klamotten trage ich noch auf, Wegwerfen wäre alles andere als nachhaltig.

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