1000 Zuschauer wollten sich bei der von Jonas Hector und Fabian Köster moderierten Veranstaltung ein Bild von den Präsidentschaftskandidaten des 1. FC Köln machen.
Nachlese zur FC-WahlarenaPeinliche Quiz-Antworten, aber wenig Erhellendes

Sie zogen in die FC-Wahlarena: die Präsidentschaftskandidaten (v.l.) Wilke Stroman, Sven-Georg Adenauer und Jörn Stobbe
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Sie waren gekommen, um sich bei der Entscheidungsfindung helfen zu lassen. Wen soll man nun wählen am 27. September, wenn der 1. FC Köln einen neuen Vorstand braucht? Nach den Monaten des Wahlkampfs sind die inhaltlichen Positionen soweit abgesteckt. Unterschiede sind zwar vorhanden, doch am Ende wählt man einen Präsidenten, keine Inhalte. Schließlich geht es um einen Fußballverein, an dem das Herz hängt.
Jonas Hector und Fabian Köster, die Moderatoren der „Wahlarena“ am Montagabend in der Vogelsanger Großraumdisko „Halle Tor 2“, hatten also eine gute Idee gehabt, als sie beschlossen hatten, die drei Präsidentschaftskandidaten vor rund 1000 Zuschauern mit einem Quiz zu konfrontieren. Es waren die Fragen, die Hector zu seiner Zeit als FC-Kapitän den neuen Spielern stellte, um herauszufinden, wie sehr sie sich bereits mit ihrem neuen Arbeitgeber befasst hatten und der Stadt, in der sie nun wirken würden.
Ein solches Quiz fragt nicht nur reines Wissen ab, schließlich wäre es etwas viel verlangt, einen brasilianischen Zugang mit Detailfragen zur Kölner Historie zu belästigen. Eher geht es darum, einem Menschen dabei zuzusehen, wie er sich aus einer schwierigen Situation befreit. Ein Vorstandskandidat dagegen, der seine Kampagne auch auf Werten wie jahrzehntelanger Vereinsliebe aufbaut und von dem man erwarten darf, dass er sich mindestens seit dem Tag seiner Einschulung, spätestens aber mit Eintritt ins Rennen um die Präsidentschaft von morgens bis abends mit dem 1. FC Köln beschäftigt, sollte dagegen eine solidere Wissensbasis haben als ein x-beliebiger Profi, der heute hier spielt und morgen schon wieder dort.

Der frühere FC-Kapitän Jonas Hector (l.) und Comedian Fabian Köster (l.) führten als Moderatoren durch den Abend in der „Halle Tor 2“.
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Ein Quiz also, erste Frage: Wann wurde der 1. FC Köln gegründet? Für die Mitglieder des Klubs ein heiliges Datum. Es ist auf T-Shirts gedruckt, Tausende Fahrradschlösser dieser Stadt öffnen sich mit der Kombination 1302. Der 13. Februar kommt kurz hinter Weihnachten. Die Kandidaten Sven-Georg Adenauer, Jörn Stobbe und Wilke Stroman sollten ihre Antworten auf Tafeln schreiben. Das Ergebnis war derart ernüchternd, dass den Mitgliedern das Lachen im Hals stecken blieb. Niemand wusste es.
Die zweite Frage befasste sich mit den Klubs, aus denen Franz Kremer an jenem legendären 13. Februar 1948 den 1. FC Köln schuf. Die Antwort „KBC 01 und Sülz 07“ wäre ausreichend gewesen. Doch die Kandidaten wussten nur „Sülz“, was allein deshalb zu denken gab, weil man aus nur einem Verein schlecht etwas fusionieren kann. Das Grummeln im Publikum wich spätestens in diesem Moment echter Empörung. Es gab Pfiffe und Buhrufe.
Moment voller Fremdscham nach Quiz-Antworten der Kandidaten
Dann wurde es historisch: Nie in der Geschichte des 1. FC Köln ist ein Präsident mit Buhrufen und (wohl nicht ganz erst gemeinten) „Vorstand raus“-Rufen bedacht worden, bevor er überhaupt im Amt war. Nun war es soweit.
Das Quiz hatte offenbar eine Antwort auf die Frage geliefert, die für viele Fans entscheidender ist als die Debatte über Pyrotechnik, Rechtsformen und hybride Mitgliederversammlungen: Ist den Männern dort oben auf dem Podium der 1. FC Köln so wichtig wie mir? Das Zwischenfazit für den überwiegenden Teil des Auditoriums: Absolut nicht.
Es waren Momente voller Fremdscham, und wer ein wenig mit den Herren litt, die dort oben auf großer Bühne verunfallten, der konnte sich immerhin denken: Zum Glück versagten sie alle. Hätte nur ein einzelner Kandidat nichts gewusst, wäre er wohl vom Podium gejagt worden, womöglich sogar zurecht. Und man fragte sich, ob Köster und Hector überhaupt bewusst gewesen war, was für eine monströse Falle sie da aufgebaut hatten. Es war jedenfalls ein Erfolg für das Format. Selten hat man derart viel erfahren über die Kandidaten.
Dass Sven-Georg Adenauer als einziger Kandidat wusste, wie hoch der Kölner Dom ist, und Wilke Stroman, wie viele Veedel Köln hat (nämlich 86), war ein Achtungserfolg. Ging aber beinahe unter. In jedem Team hätte sich jemand gefunden, der die Quizfragen hätte beantworten können, das machte die Angelegenheit noch übler. Auch für die Berater, die zuvor alle Eventualitäten durchgegangen waren und seit Wochen auf Fehler der Konkurrenz lauern. Es war schwierig, anschließend zu den Inhalten zurückzufinden.
Die Teams hatten sich vorstellen dürfen, was eher unterhaltsam als erkenntnisreich gewesen war. Es ist viel Sachverhalt zu den Kandidaten auf dem Markt, die Zeitungen haben Fleißarbeit erledigt, es gibt Podcasts und Videos. Die Mitglieder wissen grundsätzlich, für welche Linien die jeweiligen Trios stehen.
Vor 1000 Live-Zuschauern, mehr als bei mancher FC-Mitgliederversammlung also, entstehen allerdings schnell Stimmungen. Etwa bei der Debatte über die Frage, ob zum 1. FC Köln etwa einen Sponsor wie das Rüstungsunternehmen Rheinmetall passen könnte. Jörn Stobbe schloss das nach einem Moment des Überlegens kategorisch aus, was inhaltlich vertretbar war. Allerdings merkte man dem Immobilienmanager bei seiner Antwort an, dass ihm sehr wichtig war, zu sagen, was der Saal hören wollte. Entsprechend reagierten die Leute: Eher zurückhaltend als abgeholt.
Adenauer kann sich auch Rheinmetall als FC-Sponsor vorstellen
Sven-Georg Adenauer verfuhr da anders. Er hätte „kein Problem, das sage ich klar und deutlich. Wir stehen in einer Krisensituation in der ganzen Welt. Wenn es eine Firma wie Rheinmetall gäbe, die unsere Freiheit sichert, sehe ich nicht ein, warum sie ein Problem darstellen sollte“, sagte der CDU-Politiker. Und kassierte damit Pfiffe – überraschenderweise aber auch viel Applaus offenbar von Mitgliedern, die honorierten, dass der 65-Jährige sich traute, unpopuläre Meinungen zumindest anzudenken.
Stroman blieb wie in den meisten seiner Beiträge solide bis charmant, der Unternehmer ist ein hervorragender Redner. „Beim Thema Rüstung und Glücksspiel würde ich für den FC eine Grenze ziehen“, sagte er.

Reges Interesse: Rund 1000 Zuschauer waren am Montagabend zur FC-Wahlarena in die „Halle Tor 2“ gekommen.
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Ganz geschickt war allerdings auch Adenauer nicht. Etwa, als Köster eine seiner klamaukigen Fragen stellte: Warum der FC Sargis Adamyan nicht für 90 Millionen nach Newcastle verkauft habe. Adenauer: „Weil die Engländer nicht so blöd sind.“ Keine gute Aussage zu einem Profi, der noch immer beim 1. FC Köln unter Vertrag steht.
Köster war stets um Gags bemüht; einige zündeten mehr, andere weniger gut. Hector war intensiv damit befasst, beim Sprechen vor Aufregung das Atmen nicht zu vergessen. Die Moderatoren wirkten gut vorbereitet, wenngleich auch ihnen ein relativ unverzeihlicher Fehler unterlief, als sie Präsidentschaftskandidat Jörn Stobbe zunächst konsequent „Stöbbe“ nannten, bis der sich ihnen noch einmal neu vorstellte.
Zweieinhalb Stunden dauerte die Veranstaltung, an deren Ende die Mitglieder in ihrer Meinungsbildung womöglich eher ein paar Schritte zurückgeworfen worden waren. Ein langjähriger Begleiter des FC und Teil der Kölner Stadtgesellschaft meinte nach der Veranstaltung: „Bei wem soll ich denn nach diesem Abend bloß mein Kreuzchen machen?“ Wer in der Hoffnung nach Vogelsang gekommen war, mit einer klaren Entscheidung nach Hause zu fahren, hatte sich tatsächlich getäuscht.