Neuer Geschäftsführer übernimmtChristian Keller plant mit deutlich reduziertem Etat

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Christian Keller am Montag im Geißbockheim

Köln – Im Februar war Christian Keller am Ziel, er war nun bereit für den 1. FC Köln: Keller stand in Kapstadt, und bei aller Pracht Südafrikas überkam ihn das Gefühl, dass es nun gut sei. „Ich habe gedacht: Jetzt reicht es langsam mit Urlaub“, berichtete Keller bei seiner Präsentation am Montagmittag im Geißbockheim. Er sei das Reisen leid gewesen, „das ist ja immer ein gutes Zeichen“, sagt der neue Geschäftsführer des 1. FC Köln. Seit vergangenem Freitag ist Keller verantwortlich für die sportlichen Belange des Vereins, die Aufgabe wird vorerst nur noch wenig mit Urlaub zu tun haben. Doch der 43-Jährige zeigt sich voller Elan und Vorfreude. „Der 1. FC Köln ist ein großer Verein mit einer immensen Strahlkraft. Wie der Klub in der Stadt gelebt wird – da gibt es nicht viele vergleichbare Standorte“, sagte Keller.

Seit November war Keller zwischen zwei Jobs, nach achteinhalb Jahren Aufbauarbeit bei Jahn Regensburg hatte sich der gebürtige Badener eine Pause verordnet, die er zu einer seiner Bedingungen gemacht hatte, als er mit dem 1. FC Köln sprach: Fünf Monate. Gar nicht mal, um die Akkus aufzuladen, sagt er: „Erfolgreiches Management im Fußball beginnt mit Identifikation, und ich kann nicht von einem Tag auf den anderen den Verein wechseln, zumindest nicht glaubwürdig. Darum wollte ich Abstand und Pause“, erklärt er.

Überrascht, den Job zu bekommen

Er hat sich gewundert, die Anstellung in Köln trotzdem bekommen zu haben. „Ich war positiv überrascht, dass die Pause kein Ausschlusskriterium war.“ Das sei schon ungewöhnlich, Keller kann das beurteilen: „Ich habe einen ganz guten Vergleich, weil ich ja nicht nur mit dem FC gesprochen habe“, erklärte er am Montag und lächelte dabei. Er hat sich die Jobs aussuchen können, das darf man ruhig fallenlassen. Doch die Wahl fiel auf Köln, weil er gesehen habe, „wie planvoll man hier die Zukunft gestalten möchte. Das ist im Fußball nicht immer so.“ Zudem habe gestimmt, was er als „Hygienefaktoren“ bezeichnet. Dazu zählt offenbar, dass der Verein auf eine Weise plant, die es dem Sportchef erlaubt, seine Arbeit erst nach fünfmonatigem Nichtstun anzutreten. Zudem erklärte Keller, die Kölner Haltung zur 50+1-Regel habe ihm bei der Entscheidung geholfen: „Ich könnte mir nicht vorstellen, in einem Umfeld zu agieren, in dem das anders gesehen wird.“

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Keller hat einst zum Thema „Steuerung von Fußballunternehmen“ promoviert, vor seiner Zeit im Profifußball lehrte er Sportmanagement an der Universität Heidelberg. Dass er nun in Köln nur Sportchef werden wird, dürfte ihn allerdings nicht unterfordern. In Regensburg war er zwar für alles verantwortlich, während er beim FC mit Philipp Türoff ein Team bildet, der seit Anfang des Jahres als kaufmännischer Geschäftsführer agiert. Die Folgen von Pandemie und großzügigem Wirtschaften werden ihn zunächst begleiten, da kann es nicht schaden, auch wirtschaftlich zu denken. „Ein gutes Stück Zukunft ist bereits verfrühstückt, um akute Defizite zu lösen. Es liegen gewisse Fesseln an der Kaderplanung. Für die nächste Saison planen wir mit 20 Prozent weniger Aufwand für die Lizenzspieler als in der laufenden Saison. Da wird es keine Standardlösungen geben“, erklärt er.

Özcan und Baumgart sollen bleiben

Steffen Baumgarts Vertrag läuft nur noch für die nächste Saison, der Verein wird bald mit dem Trainer verlängern wollen. Auch Salih Özcan soll über den Sommer 2023 hinaus gehalten werden, was schwierig wird, denn der türkische Neu-Nationalspieler ist mittlerweile mehr wert, als der FC sich eigentlich leisten kann – immerhin ist dieses Dilemma zwischen Spieler- und Vereinsseite in aller Offenheit angesprochen. Insgesamt profitiert Keller von der Vorarbeit, die Jörg Jakobs mit Thomas Kessler und Lukas Berg geleistet hat. Der FC erlebe „eher einen Übergang als einen Neuanfang“, sagt Vizepräsident Eckhard Sauren, der die Suche nach dem neuen Sportchef verantwortete.

Sauren und seine Vorstandskollegen profitierten auch davon, dass die Saison der Kölner sportlich so gut gelaufen ist. Hätte es anders ausgesehen – Keller wäre womöglich früher gerufen worden. Ob er dann auch tatsächlich gekommen wäre, ist allerdings nicht zu ergründen. Da die Kölner mit nun 40 Punkten den Klassenerhalt früh geschafft bereits vor Kellers Ankunft erreicht haben, trete er mit einer hervorragenden Perspektive an, sagt Keller: „Ich kann den Blick über die Saison hinaus lenken, was viel wer ist.“

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Christian Keller (M.) mit seinen Chefs Werner Wolf (l.) und Eckhard Sauren

So war es ein Machtwechsel nach Wunsch. „Wir wollten dafür sorgen, dass es fließende Übergänge gab. Das hat aus unserer Sicht gut funktioniert“, sagt Präsident Werner Wolf. Keller wird nun Verein und Stadt kennenlernen müssen, am ersten Tag verfuhr er sich zwar gleich mit dem Fahrrad, hofft aber auf rasche Besserung. Er hätte Möglichkeiten gehabt, Wegbegleiter und Bekannte aus der Kölner Szene zu befragen, doch er will seine eigenen Erfahrungen machen. Er sei bereit, die Aufgabe auf sich zukommen zu lassen, sagt er. Nur eine kleine Hilfe hat er sich dann aber doch genommen. Und das Buch „101 Dinge, die man über den 1. FC Köln wissen muss“ durchgelesen.

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