Kommentar zum AbschiedRudi Völler hat wieder den perfekten Moment gefunden

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Völlerkommibild

Rudi Völler jubelt mit der Mannschaft

Leverkusen – Rudi Völler war so viele Jahre lang in Leverkusen, dass er bei Bayer 04 zu einer Selbstverständlichkeit wurde. Die Metapher vom Gesicht des Werksklubs wurde so oft benutzt, dass sie nach Jahrzehnten fast ein wenig abgegriffen und inhaltsleer wirkte. Vor allem nach innen, ins Herz von Bayer 04, schien der überregional stets intakte Zauber von Rudi Völler nicht mehr immer zu wirken. Die Sehnsucht nach einem Titel konnte auch er nicht erfüllen. Der Fast-Abstieg im Jahr 2017 hatte der Ikone Kratzer zugefügt, die zuvor nicht für möglich gehalten worden waren.

Deshalb war die spontane Liebeserklärung des gesamten Klubs an sein Idol am letzten Spieltag der Saison 2021/22 in ihrer Spontanität eine große Sache. Im Moment seines Rücktritts aus dem operativen Geschäft schienen alle zu begreifen, wer da geht: Der nationale Mythos Rudi, ein Monument deutscher Fußball-Geschichte.

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Wie so oft hatte Völler scheinbar aus dem Bauch heraus den perfekten Moment für eine wichtige Entscheidung gewählt. Noch im Winter, als er seinen schon länger gefassten Entschluss des Rücktritts vom operativen Geschäft bekanntgab, stand bei Bayer 04 vieles auf wackligen Beinen. Der Einzug ins große Geschäft der Champions League, nichts anderes, entschied nach zwei Spielzeiten des Verpassens über die Bewertung der Arbeit eines ganzen Jahres. Über den Wert der Trainerwahl vom vergangenen Sommer, den Neuaufbau des Teams mit großen, aber noch unfertigen Talenten, den eigenen Weg zwischen internationalem Milliarden-Wahnsinn und gefeierten deutschen Großklubs mit ihrem riesigen Anhang.

Trotz erheblicher Widerstände ist Bayer 04 in die Champions League eingezogen. Trainer Gerardo Seoane hat mit guten Nerven die richtigen Entscheidungen getroffen. Der Wert des Kaders, um den Bayer 04 von fast allen Konkurrenten beneidet wird, ist weiter gestiegen. Simon Rolfes wird gestärkt die Nachfolge von Rudi Völler als Geschäftsführer antreten. Klubchef Fernando Carro kann den Entscheidungen der sportlichen Abteilung vertrauen. In diesem Moment darf Rudi Völler die Kommandobrücke mit gutem Gewissen verlassen. Und die Fußnote dieser Entscheidung lautet: Er ist ja gar nicht weg. Wenn der Weltmeister von 1990 sein Geschick im Umgang mit Menschen und heiklen Situationen nicht verliert, wird er im Gesellschafterausschuss an der Seite von Werner Wenning die großen Entscheidungen genauso beeinflussen und können wie vorher. Wenn nicht sogar stärker. Anderswo hätten sie auch gern einen Rudi Völler. Bayer 04 hat einen. Und einen zweiten gibt es nicht. Das war es, was am Samstag alle miteinander gefeiert haben.

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