Boxen in KölnArthur Abraham und Felix Sturm wollen zurück in den Ring

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Sturm Abraham IMAGO

Arthur Abraham (l.) und Felix Sturm wollen zurück in den Ring

  • Die ehemaligen Mittelgewichtsboxer Felix Sturm und Arthur Abraham arbeiten an einem Comeback.
  • Felix Sturm trat zum ersten Mal seit seiner Verurteilung wegen Steuerhinterziehung und Doping wieder öffentlich auf.
  • Abrahams letzter Kampf fand 2018 statt. Sturm hat seit 2016 nicht mehr geboxt.

Köln – KÖln, ComebackEndlich mal wieder übers Boxen reden. Den Gegner piesacken, das Interesse schüren, die Marketingmaschinerie ans Laufen bringen. Roland Bebak, der Manager des ehemaligen Box-Weltmeisters Felix Sturm, hatte sich das so schön ausgedacht – und im kleinen Rahmen ein bisschen Box-Prominenz im Sturm-Gym am Bonner Wall versammelt.

Die Kämpfer Arthur Abraham, Marco Huck und Manuel Charr waren da. Schauspieler Ralf Richter und der ehemalige Fußballtrainer Christoph Daum ebenfalls. Und nachdem alle eine ganze Weile gewartet hatten, ließ sich auch Felix Sturm zum ersten Mal seit seiner Untersuchungshaft und seiner Verurteilung wegen Steuerhinterziehung und Doping mit daraus abgeleiteter Körperverletzung wieder öffentlich blicken.

Flunsch gegen Grinsen

Lust auf das szeneübliche Ballyhoo hatte er allerdings nicht. Hatte der inzwischen 41 Jahre alte Leverkusener mit bosnischen Wurzeln aber eigentlich noch nie in seiner Karriere als Profiboxer. Ganz anders Arthur Abraham, 40 Jahre, Berliner mit armenischen Wurzeln und ebenfalls ehemaliger Weltmeister. Wenn Sturm bei nahenden Fotografen oder Fans mit Fotowunsch einen Flunsch zieht, grinst Abraham freundlich in die Kameras. Wenn Sturm Interviews mit sichtlichem Widerwillen gibt oder gar ablehnt, erzählt Abraham munter drauf los.

Zu den Personen

Felix Sturm, 41, geboren als Adnan Catic in Leverkusen, ehemaliger Profibox-Weltmeister im Mittel- und Supermittelgewicht, in 49 Kämpfen 40 Siege, 5 Niederlagen, 3 Unentschieden und 1 Kampf ohne Wertung. Sturm ist verheiratet und hat zwei Kinder.

Arthur Abraham, 40, geboren als Awetik Abrahamjan im armenischen Jerewan, ehemaliger Weltmeister im Mittel- und Supermittelgewicht, in 53 Kämpfen 47 Siege und 6 Niederlagen. Abraham ist liiert und hat drei Kinder. (sro)

Sturm und Abraham, sie standen beide ganz oben, hatten große Fangemeinden und kassierten Gagen in Millionenhöhe. Aber das ist lange her. Sturms Schlüsselkampf fand am 5. Juni 2004 statt. Er verlor im MGM Grand Hotel von Las Vegas seinen WBO-Titel im Mittelgewicht an den großen Oscar de la Hoya. So sahen es die Punktrichter. Die Welt sah einen boxerisch begnadeten Jungspund, der den Altmeister aus den USA vorführte, gegen die ungeschriebenen Gesetze des Geschäfts aber keine Mittel hatte. Immerhin: Anschließend ging Sturms Karriere so richtig los, er eroberte noch vier Mal einen WM-Titel.

Zwei Jahre später, am 23. September 2006, gewann Abraham, damals IBF-Weltmeister im Mittelgewicht, in Wetzlar nach Punkten gegen den Kolumbianer Edison Miranda. Die Sensation dabei: In den letzten acht Runden kämpfte Abraham stark blutend mit doppelt gebrochenem Kiefer. Der Ringarzt hatte einen Abbruch empfohlen, doch Abrahams Trainer Ulli Wegner ließ seinen Schützling weiterboxen. Und sagte anschließend: „Jetzt haben wir einen Star gemacht.“ Als Mittelgewichtsweltmeister blieb Abraham ungeschlagen, nach seinem Aufstieg ins Supermittelgewicht eroberte er noch zweimal einen WM-Titel. Sein letzter Kampf fand im April 2018 statt. Sturm hat seit Februar 2016 nicht mehr geboxt.

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Doch nun liebäugeln beide mit einem Comeback – um gegeneinander anzutreten. „Vor zehn, zwölf Jahren haben wir öfter versucht, diesen Kampf zu machen“, sagt Kalle Sauerland, langjähriger Promoter von Abraham. „Das wäre damals der absolute deutsche Kracher gewesen.“ Die Verhandlungen seien jedoch an den Rahmenbedingungen gescheitert. Vor allem das Fernsehproblem war nicht zu lösen gewesen, Abraham war Kämpfer der ARD, Sturm des ZDF.

Das Boxen war lange oben, zuletzt aber ganz unten

Heute könnte das Duell Sturm gegen Abraham wieder am Fernsehen scheitern – diesmal am mangelnden Interesse. „Ob jemand einsteigen würde für einen Kampf von zwei Boxern, die weit über ihrem Zenit sind?“, fragt Sauerland. Und antwortet gleich selbst: „Das wird sehr schwer in der aktuellen deutschen Medienlandschaft. Das Boxen war lange oben, zuletzt aber ganz unten. Und jetzt ist es mit jungen Boxern erst langsam auf dem Weg zurück.“

Am Bonner Wall wurden Burger gefuttert und Schultern geklopft. Roland Bebak hätte gern gesehen, dass Sturm und Abraham ein bisschen biestig miteinander umgehen. Doch die Boxer glauben, dass die Fernsehsender schon Schlange stehen werden. Der Manager ahnt, dass es schwer werden wird. Erst recht, wenn im Halbschwergewicht geboxt wird, wie Abraham es sich wünscht. Also bis 79,378 Kilogramm. „Die Leute sind kritisch“, sagt Bebak, „die sagen dann, dass die Schlaumeier ja eh nur Geld verdienen wollen“. Was nicht von der Hand zu weisen wäre. Zumindest im Fall Sturm. Er saß 2019 acht Monate in Untersuchungshaft und wurde im Mai zu drei Jahren Haft verurteilt. Gegen das Dopingurteil gehe er in Revision, sagt sein Manager. Den Rest seiner Haftstrafe könne Sturm möglicherweise als Freigänger absolvieren – was ein Training erleichtern würde.

„Ich muss weiter Geld verdienen“, erklärte Sturm kürzlich in einem Interview mit dem Spiegel. Vier bis sechs Kämpfe wolle er noch machen. Da wird ihm eingefallen sein, dass für einen Kampf gegen Abraham mal ein Angebot über 2,5 Millionen Euro auf seinem Tisch lag. Ein hübsches Sümmchen für einen Mann, der vor Gericht angegeben hat, vermögenslos zu sein. Auch für Abraham, der allerdings schon jetzt nach eigenen Angaben über mehrere Immobilien, ein Flugzeug, einen Friseursalon, in dem sich die Frauen der Familie jederzeit umsonst frisieren lassen können, und zwei Hausangestellte verfügt.

Abraham tuschelte in Köln Arm in Arm mit Sturm. Roland Bebak hätte sich im Sinne der Kampfvermarkung weniger Eintracht gewünscht. Immerhin steuerte Abraham Sätze wie diesen bei: „Boxen ist einfach geil. Wenn du da oben im Ring stehst und deine Hand wird nach einem Sieg in die Höhe gestreckt – das kannst du nicht kaufen, das musst du mit Blut und Schweiß verdienen.“

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