BefragungMarode Infrastruktur wird für Firmen in Deutschland zu einem immer größeren Problem

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Fahrzeuge stauen sich auf der A1 vor einer Baustelle an der Brücke Vollmarstein.

Fahrzeuge stauen sich auf der A1 vor einer Baustelle an der Brücke Vollmarstein.

Vier von fünf Unternehmen werden durch kaputte Straßen, hohe Energiekosten oder überlastete Seehäfen behindert, so eine Befragung des Instituts der deutschen Wirtschaft. In der öffentlichen Verwaltung fehlen Fachkräfte.

Marode Infrastruktur bremst zunehmend die Geschäftstätigkeit von Unternehmen. Das größte Problem sind unzureichende Straßennetze. Massiv verstärkt haben sich die Beeinträchtigungen für die Firmen zudem bei der Energieversorgung und im Schiffsverkehr. Dies geht aus einer Studie des arbeitgebernahen Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) hervor, die dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND) vorliegt.

Die Autoren Thomas Puls und Edgar Schmitz gehen davon aus, dass sich die Lage weiter verschlechtern wird. Nach Jahren der Unterfinanzierung der Verkehrsnetze stelle der Staat nun zwar mehr Investitionsmittel zur Verfügung. „Sie werden aber durch steigende Baupreise aufgezehrt“, heißt es in dem Papier.

Hinzu komme, dass Planungs- und Genehmigungsprozesse viel zu lange dauerten. „Zum anderen fehlen entlang der gesamten Investitionskette – von der Planung über Bau und Betrieb der Infrastruktur – Fachkräfte. Diese Mangellage wird voraussichtlich zunehmen“, schreiben Puls und Schmitz.

Besonders große Firmen klagen

Das IW hatte bereits in den Jahren 2013 und 2018 bei Firmen nach Infrastrukturproblemen gefragt. Die jüngste Erhebung wurde im Sommer 2022 durchgeführt. Ein Trend sei deutlich erkennbar: „Die Lage hat sich seit der ersten Befragung zunehmend verschärft.“ Mittlerweile würden fast vier von fünf der befragten Unternehmen regelmäßig in ihren Aktivitäten behindert – ein neuer Höchstwert. Einschränkend machen die Autoren aber darauf aufmerksam, dass dabei die Pandemie zu neuen Anforderungen an die Infrastruktur geführt haben kann.

Auffällig ist, dass starke Beeinträchtigungen besonders von großen Firmen (mehr als 250 Beschäftigte) beklagt werden. „Eine mögliche Erklärung könnte die Einbindung in globale Lieferketten sein“, so Puls und Schmitz. So zeigt denn auch die Auswertung, dass Probleme im Schiffsverkehr im Vergleich zu 2018 deutlich zugenommen haben.

Als eine Spätfolge der Pandemie stauen sich immer wieder Containerschiffe vor Seehäfen. Wodurch auch der Weitertransport ins Hinterland aus dem Takt kommt. Ein weiterer Faktor war dabei in diesem Jahr im Sommer das Niedrigwasser im Rhein, das Binnenschiffe dazu zwang, mit verminderter Ladung zu fahren.

Wo die größten Probleme liegen

Am stärksten hat sich laut IW allerdings die Energieversorgung verschlechtert. Im Vergleich zu 2018 stieg die Zahl der beeinträchtigten Betriebe um 22 Prozentpunkte. Besonders größere Industrieunternehmen seien vom Energiepreisschock stark betroffen.

Die Probleme im Straßenverkehr aber wiegen nach wie vor am schwersten. 78 Prozent fühlen sich dadurch behindert. Und dabei spielen weder die Größe der Firma und noch die Region, in der sie beheimatet ist, eine maßgebliche Rolle.

Gut zwei Jahrzehnte lang haben Unternehmen und Wirtschaftswissenschaftler auf die Unterfinanzierung des Verkehrssektors aufmerksam gemacht. Inzwischen wurden die Investitionsprogramme des Bundes zwar massiv hochgefahren. Doch der Anstieg der Baupreise bremste die Erneuerung von Straßen, Schienensträngen und Wasserwegen aus. „Sodass die Ausweitung der Mittel kaum zu mehr Bautätigkeit führen konnte“, heißt es in der IW-Studie.

Schienenwege: 23 Jahre von Planung bis Inbetriebnahme

Ferner werde der Ausbau der Verkehrswege durch das Planungsrecht verzögert. Für Bundesschienenwege seien es von der Entwurfsplanung bis zur Inbetriebnahme fast 23 Jahre, bei Bundesfernstraßen knapp 19 Jahre. Die IW-Experten fordern denn auch von der Bundesregierung weitere Initiativen, um Planungen zu beschleunigen und zu digitalisieren.

Letzteres sei wegen eines gravierenden Fachkräfteengpasses dringend erforderlich. Puls und Schmitz argumentieren, der öffentliche Dienst müsse in einem erheblichen Maß Bauingenieure rekrutieren. Doch der Arbeitsmarkt für diese Berufsgruppe sei leergefegt. „Und die Verwaltung ist aufgrund der im Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst festgelegten Besoldungen nicht konkurrenzfähig.“

Die Erhebung zeigt, dass in der Verwaltung der Mangel auch bei anderen Fachkräften für die Verkehrsinfrastruktur ähnlich dramatisch ist. In allen aufgeführten Bereichen sei es „nicht einmal rechnerisch möglich, alle offenen Stellen zu besetzen“.

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