Minister PinkwartWarum die Sanktionen gegen Russland NRW besonders treffen

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NRW-Wirtschaftsminister Andreas Pinkwart (FDP).

Köln/Düsseldorf – Die Länder des Westens arbeiten an harten Sanktionen gegen Russland wegen der Anerkennung der abtrünnigen ukrainischen Volksrepubliken und dem Einmarsch regulärer Truppen dort. Doch ein solches Embargo schadet nicht nur Russland. Die nordrhein-westfälische Wirtschaft dürfte ebenfalls einen hohen Preis zahlen. Die Handelsbeziehungen zwischen dem bevölkerungsreichsten deutschen Bundesland und Russland sind traditionell eng, enger als in vielen anderen deutschen Regionen.

Pinkwart im Interview

NRW-Wirtschaftsminister Andreas Pinkwart (FDP) verteidigt zwar mögliche Sanktionen, sieht aber auch die Risiken für das NRW: „Russland verstößt mit der Anerkennung der Unabhängigkeit von Donezk und Luhansk und der Entsendung russischer Truppen gegen internationale Vereinbarungen und begibt sich in die politische und wirtschaftliche Isolation. Die Sanktionen sind notwendig, sie treffen aber auch unsere Wirtschaft: Zu befürchten ist ein weiterer Anstieg der Energiepreise, der Menschen und Unternehmen zusätzlich belastet“, sagte Pinkwart im Interview mit dem „Kölner Stadt-Anzeiger“. Kurzfristig sei die Gasversorgung zwar gesichert, mittelfristig „müssen wir unsere Abhängigkeit von einzelnen Lieferanten und fossilen Energieträgern weiter reduzieren“, sagte der Politiker weiter.

Schon Krim-Sanktion brachte Probleme

Schon infolge des Krim-Konflikts und der folgenden Sanktionen hätten die Wirtschaftsbeziehungen gelitten. Exporte und Importe haben sich fast halbiert, mit entsprechenden Folgen für die Wirtschaft im Land und im Bund. Erholt hat sich der deutsch-russische Außenhandel bis heute nicht. „Lag Russland 2013 noch auf Rang 6 der Hauptlieferanten, ist es nun Rang 12. Die unmittelbare Wirkung der Sanktionen ist also begrenzt“, sagte Pinkwart. Gemäß der russischen Ausgabe der Zeitschrift Forbes (RU) belegen NRW-Unternehmen führende Positionen auf dem russischen Markt und gehören zu den Top 50 der größten ausländischen Unternehmen im größten Land der Erde. Berücksichtigt wurden Unternehmen, die zu mindestens 50 Prozent in ausländischer Hand sind.

Metro, Obi, Henkel, Bayer

Unter den genannten Top 50 Auslandsunternehmen in der Russischen Föderation sind fünf Firmen aus Nordrhein-Westfalen. Spitzenreiter ist der Düsseldorfer Handelskonzern Metro, der den Angaben zufolge dort zuletzt 208 Milliarden Rubel an Umsatz machte. Insgesamt belegt die Metro Platz zwölf der wichtigsten Auslandsunternehmen in Russland. Auf Platz 27 ist der Energieversorger Uniper, der aus Eon hervorgegangen ist. Die Vorgängerunternehmen von Eon waren schon zu Sowjetzeiten in Russland geschäftlich aktiv. Knapp 85 Milliarden Rubel Umsatz machte Uniper dort zuletzt. Auf Platz 30 landet Henkel mit knapp 80 Milliarden Rubel, gefolgt vom Leverkusener Konzern Bayer mit 65 Milliarden Rubel auf dem russischen Markt. Zum Vergleich: Eine Milliarde Rubel entsprachen am Dienstag etwa elf Millionen Euro. Ebenfalls unter den Top 50 in Russland ist die deutsche Baumarktkette Obi, die ihren Sitz in Wermelskirchen im Rheinisch-Bergischen Kreis hat.

Neben den genannten Großunternehmen sind nach Angaben des Russland-Kompetenzzentrums NRW jedoch eine ganze Reihe weiterer Unternehmen der Region in Russland tätig. In diesem Zentrum bündeln IHK Düsseldorf, Messe Düsseldorf und die Auslandshandelskammer ihre Russland-Aktivitäten stellvertretend für andere Organisationen und Kammern in ganz NRW.  2021 betrug der Anteil NRWs (vier Milliarden Euro) am deutschen Export nach Russland (26,7 Milliarden Euro) rund 14,7 Prozent.

Ein Drittel der Importe ist Erdgas

Ein Drittel (32,3 Prozent) der Importe aus Russland nach NRW waren im Jahr 2020 Erdöl und Erdgas (0,85 Milliarden Euro). Im Jahr 2019 wurde Erdöl und Erdgas im Wert von 1,5 Milliarden Euro (38 Prozent) eingeführt. Weitere bedeutende Einfuhrgüter waren Metalle (26,2 Prozent, 687 Millionen Euro), Kohle (12,5 Prozent, 328 Millionen Euro), Kokerei- und Mineralölerzeugnisse (8,5 Prozent; 224 Millionen Euro) und Chemische Erzeugnisse (5,8 Prozent, 151 Millionen Euro). Handelsexperten sind skeptisch, was die Wirksamkeit von Sanktionen gegenüber Russland betrifft. „Einreiseverbote gegen bestimmte Personen sind sicher eher symbolischer Natur“, sagt Robert Butschen, Länderreferent der für Russland zuständigen IHK Düsseldorf. Schwieriger wären größere wirtschaftliche Sanktionen, etwa der Ausschluss Russlands aus dem internationalen Zahlungsnetzwerks Swift oder die Einschränkung der Handelbarkeit von russischen Staatsanleihen im Westen.

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