Netcologne-Chef„Die Gefahr wird für unsere Kunden immer größer“

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Timo von Lepel, Netcologne-Chef

Timo von Lepel ist Geschäftsführer von Netcologne

  • Timo von Lepel ist Geschäftsführer von Netcologne und versorgt damit etwa 400.000 Menschen in der Region mit Telefon, Internet und TV.
  • Im Interview spricht der Manager über die Risiken, die von Cyberangriffen ausgehen und wie Netcologne seine Kunden schützen möchte.
  • Timo von Lepel übt außerdem Kritik an der Übernahme des Kölner Kabelnetzbetreibers Unitymedia durch Vodafone.

Köln – Timo von Lepel ist Geschäftsführer von Netcologne. Im Interview spricht er über den Nutzen von 5G für Köln, den Netzausbau, Risiken durch Hackerangriffe, die Unitymedia-Übernahme durch Vodafone und warum Netcologne bei Kölnern einen Vorsprung gegenüber der Konkurrenz hat.

Herr von Lepel, Sie haben Ende 2019 die Absicht geäußert, den Aufbau des 5G-Netzes für die Mobilfunkbetreiber in Köln mit Netcologne durchzuführen. Wie weit sind Sie mit dem Vorstoß gekommen?

Die Grundlage für 5G ist eine gute Glasfaserinfrastruktur, und die bauen wir längst. Ohne das wird 5G nicht funktionieren. Wir befinden uns weiterhin in Gesprächen mit den Frequenzinhabern über den Aufbau des 5G-Netzes in Köln.

Zur Person

Timo von Lepel ist seit 2016 Geschäftsführer von Netcologne. Der Jurist verantwortet das Privat- und Firmenkundengeschäft, Marketing, Kommunikation, IT und Netzbau. Seit 2019 ist Von Lepel zudem Geschäftsführer der Stadtwerke Köln. In weiteren Stationen arbeitete er unter anderem bei der Deutschen Telekom und Telefónica.

Netcologne versorgt im Raum Köln-Bonn-Aachen etwa 400 000 Menschen mit Internet, Telefonie und TV. (hge)

Reden Sie mit allen vier Anbietern Deutsche Telekom, Vodafone, Telefónica und 1&1?

Wir sind mit mehr als einem Anbieter im Gespräch, aber nicht mit allen. Wir haben allen Gespräche angeboten, einige sind schneller eingestiegen, andere halten sich noch zurück. Aufgrund unserer Glasfaserinfrastruktur werden wir vermutlich noch mit allen verhandeln.

Warum glauben Sie, dass die Betreiber Netcologne als Partner brauchen?

Weil wir alles haben, was man für ein 5G-Netz braucht. Damit meine ich nicht nur Netcologne, sondern ganz bewusst auch die Stadt und den gesamten Stadtwerke-Konzern. Wir haben fast flächendeckend Glasfaser verbaut und wir haben die Standorte, auf die man Antennen bauen kann. Über die Rhein-Energie haben wir Strom und bei Netcologne das Servicepersonal, das Antennen aufbauen und sie betreiben kann. Wir sind wirklich gut aufgestellt und werden beim 5G-Netzaufbau mitwirken. Ohne uns wird es deutlich mühsamer.

Sie haben die Betreiber aufgrund des langen 5G-Auktionsverlaufs, dem teuren Ausgang, vor allem aber für die Bedingungen der Frequenzversteigerung immer wieder kritisiert. Was ist Ihnen besonders missfallen?

Ursprünglich bestand die Idee, neben den bundesweiten Frequenzen und Campusfrequenzen für Unternehmensstandorte auch regionale Frequenzen zu versteigern. Wir haben uns sehr für diese Frequenzen interessiert, sie sind aber leider nicht zum Tragen gekommen.

Wenn in jedem Bundesland regionale Betreiber aktiv geworden wären, wäre das Ergebnis nicht ein total zerfasertes Netz?

Es hätte den Netzausbau beschleunigt. Natürlich hätte man sich über die gemeinsame Nutzung der Netze per National Roaming verständigen müssen. Aber auch jetzt gehe ich nicht davon aus, dass jeder Netzbetreiber ein eigenes Funknetz mit eigenen Antennenstandorten aufbauen wird. Das ist betriebswirtschaftlich und volkswirtschaftlich kaum darstellbar.

Benötigen Köln und die Kölner auf absehbare Zeit überhaupt 5G? Die aktuellen Geschwindigkeiten mit 4G sind doch im Alltag vollkommen ausreichend.

Sowohl im Festnetz als auch im Mobilfunk wächst die Menge des verbrauchten Datenvolumens fast jedes Jahr um 50 Prozent. Rechnen Sie das mal hoch und bedenken Sie die Zeit, die es braucht, um das 5G aufzubauen. Sie werden merken, dass wir 5G brauchen.

Welche Anwendungen sehen Sie in Köln? Ich kann mir aktuell bei der Kölner Verkehrslage schwer autonom fahrende Fahrzeuge in der Innenstadt vorstellen.

Zunächst geht es etwa um 5G-Netze auf Werksgeländen, um Maschinen innerhalb von Millisekunden zu steuern und sie untereinander kommunizieren zu lassen. Das wird Unternehmen in ganz neue Dimensionen befördern und die Produktion revolutionieren. Auch neue Anwendungen der virtuellen Realität werden durch ein 5G-Netzwerk ermöglicht.

Deutschland führt eine emotionale Debatte, ob das chinesische Unternehmen Huawei vom Netzaufbau ausgeschlossen werden soll, um die Sicherheit des Netzes zu gewährleisten. Hat Netcologne Huawei-Technologie verbaut?

Nein, wir kooperieren nicht mit Huawei. Ich kann und möchte mich zu der laufenden Diskussion auch nicht äußern.

Welche Lieferantenstrategie verfolgen Sie?

Wir legen uns nicht auf einen Lieferanten fest, sondern wollen unabhängig bleiben. Bislang arbeiten wir mit ZTE und noch einem weiterem Anbieter zusammen. Wir sind grundsätzlich offen, immer die neueste Technologie zu testen.

Das chinesische Unternehmen ZTE ist Huawei nicht unähnlich, auch bezüglich Sicherheitsbedenken, in Deutschland nur unbekannter. Einem Ausschluss chinesischer Firmen müssten sie da doch kritisch gegenüber stehen.

Wir testen ZTE und sind zu dem Ergebnis gekommen, dass wir ZTE verbauen können. Wir verfolgen die aktuellen Diskussion sehr nahe, haben auch das US-Embargo von Präsident Trump im vergangenen Jahr genau beobachtet. Wir sind flexibel, arbeiten aber Stand heute gut und gerne mit ZTE zusammen.

Die Gefahr von Hackerattacken auf Unternehmen und Privatmenschen steigt. Haben Cyber-Angriffe auch bei Ihren Kunden zugenommen?

Je digitaler unser Leben wird, desto professioneller werden die Cyberkriminellen und desto größer wird die Gefahr auch für unsere Kunden. Wir überwachen unsere Netze 24 Stunden an sieben Tagen pro Woche und haben Maßnahmen getroffen, mit denen wir unsere Kunden effektiv schützen können. Wenn ein Rechner infiltriert worden ist, können wir das erkennen und informieren unsere Kunden proaktiv, dass sie wahrscheinlich Kriminellen zum Opfer gefallen sind.

Vodafone hat den Kölner Kabelnetzbetreiber Unitymedia im vergangenen Jahr übernommen und versucht nun verstärkt, Kunden per Kabel mit Internet und TV zu versorgen. Wie bewerten Sie die Übernahme?

Wir waren von Anfang an kein Freund dieser Übernahme und haben weiterhin Bedenken. Die Konzentration der Marktmacht bei der Deutschen Telekom und Vodafone ist dem Glasfaserausbau nicht dienlich. Wir werden weiter verfolgen, welchen Einfluss diese Marktmacht auf den Wettbewerb hat.

Wie positionieren Sie sich in diesem Gefüge?

In Städten, in denen regionale Telekommunikationsunternehmen den Wettbewerb befeuern, etwa Hamburg, München oder eben Köln, ist die Versorgung mit Glasfasernetzen deutlich besser als dort, wo dieser Wettbewerb nicht existiert. Wir treiben also auch weiterhin den Glasfaserausbau voran. Wir wollen uns außerdem noch stärker mit dem Service für unsere Kunden auseinandersetzen.

Inwiefern?

Zum Beispiel werden wir mit Hilfe von Datenanalysen Störungen bei Kunden noch besser bekämpfen können. Wir wollen außerdem noch schneller erreichbarer sein, und zwar nicht über Sprachbots, sondern mit echten Menschen.

Welche Rolle spielt Emotionalität bei der Ansprache von Kunden? Haben Sie einen Vorsprung gegenüber der Telekom und Vodafone, weil Sie die Stadt im Nahmen führen?

Natürlich. Wir stehen für diese Region, wir geben mehr als 900 Menschen Arbeit, schütten unsere Gewinne an die Stadt aus und zahlen hier unsere Steuern. Davon abgesehen, haben wir aber auch eine bessere Servicequalität. Das alles sind Punkte, die wir voranstellen.

Vodafone baut nach der Unitymedia-Übernahme Personal ab, um Kosten zu sparen. Haben Sie ähnliche Pläne?

Nein, wir planen nicht, unsere Stellen zu reduzieren.

Haben Sie Ihre Ziele für 2019 erreicht?

2019 war ein erfolgreiches Jahr für die Netcologne. Wir haben mehr als 30.000 neue Kundenanschlüsse realisiert und mit mehr als 1.000 Kilometern neu verlegter Glasfaser ein weiteres Potenzial von 78.000 neuen Kunden erschlossen. Insgesamt waren das 400 Kilometer mehr als in 2018. Zudem sind wir „certified Great Place to Work“ geworden, was uns ebenfalls sehr freut und uns zeigt, dass wir als Unternehmen ein attraktiver Arbeitgeber sind.

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Wie sehen Sie sich bei Glasfaser gegenüber der Konkurrenz aufgestellt?

Beim Bau neuer Infrastruktur sind wir in der Region führend. Die Telekom hat das Supervectoring angeschaltet, ertüchtigt also vor allem seine Kupferkabel, statt in Glasfaser zu investieren. Vodafone-Unitymedia macht das gleiche bei seinen Kabelnetzen. Das ist kurzfristig eine Strategie für mehr Bandbreite, mittel- und langfristig kommen wir aber nicht um echte Glasfasernetze herum.

Wann rechnen sich für Sie der höhere Aufwand und die höheren Kosten?

Wir haben einen langen Atem. Aufwand und Kosten amortisieren sich selten innerhalb von zehn Jahren, aber die Glasfaser ist die Lebensader der Zukunft unserer Gesellschaft. Deswegen werden wir den Ausbau weiter vorantreiben.

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