Ausflug ins BergischeSchöner Schiefer in Solingen

Das Kunstmuseum Solingen
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Das „Kaffeehaus“ am Marktplatz von Gräfrath füllt sich allmählich. Es ist zwölf Uhr mittags, auf den rot eingedeckten Tischen brennen Kerzen. Holzdielen knarzen, im Hintergrund gurgelt eine Kaffeemaschine. Das schiefergraue Eckhaus mit dem klassizistischen Dachhäuschen, stammt aus der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts und beherbergte früher Generationen fleißiger Kaufleute. Heute kann man hier bergische Waffeln mit Kirschen und Sahne oder hausgemachte Fischsuppe essen – im Sommer unter riesen Sonnenschirmen auch draußen.
Durch die Sprossenfenster geht der Blick hinaus auf den kopfsteingepflasterten, sanft abfallenden Marktplatz von Gräfrath. Wandert weiter zu den liebevoll restaurierten Häusern links und rechts des Platzes. Nummer vier ist das älteste erhaltene Steinhaus des Ortes und protzt mit gleich zwei Dachgiebeln. Die Wände sind gut einen Meter dick. Vielleicht diente das Gebäude – oder sein Vorläufer – einmal als Fluchtturm. Mitten auf dem Marktplatz steht ein kleiner Brunnen, eine Nachbildung aus dem 20. Jahrhundert zwar, doch geschmückt mit dem Siegel der Schöffen und Räte von „Greverode“, wie das rund 900 Jahre alte Örtchen im Mittelalter hieß.
Fast wähnt man sich in einer Filmkulisse, so idyllisch-still und aus der Zeit gefallen präsentiert sich dieser Flecken Erde zwischen Wuppertal-Vohwinkel und dem geschäftigen Zentrum von Solingen. Der ganze Ortskern von Gräfrath steht unter Denkmalschutz, rund 120 Häuser tragen das Prädikatssiegel „Baudenkmal“.
Streng genommen ist Gräfrath seit 1929 ein Stadtteil von Solingen, auch wenn es mit der sechs Kilometer entfernten „Zentrale“ nur wenig gemeinsam hat. Ein paar Straßen nur gilt es rund um den Marktplatz zu durchwandern, über dem groß und gewichtig die ehemalige Klosterkirche St. Mariä Himmelfahrt thront. Manche Gassen sind so schmal, dass auf einen Bürgersteig verzichtet wurde. Vor den schieferverkleideten Fachwerkhäusern stehen bunt gestrichene Holzbänke; tönerne Blumentöpfe, aus denen die ersten Stiefmütterchen hervorlugen, drängen sich vor den Hauswänden. Die Fensterläden sind froschgrün gestrichen und nehmen den dunklen bergischen Häusern ein wenig von ihrer Schwere.
Fast jedes der Häuser hat eine Geschichte zu erzählen. Das „Hotel zur Post“ am Marktplatz beispielsweise“, das gerade saniert wird und dennoch imposant aussieht, war im 19. Jahrhundert eine Haltestelle für Postkutschen. Das alte grüne Tor, durch das die Wagen bis 1899 ins Innere der Anlage rumpelten, ist noch erhalten. Auch in der beharrlich ansteigenden Straße „In der Freiheit“ finden sich sehenswerte Häuser. Nummer 28 wurde Anfang des 18. Jahrhunderts von Kaufleuten erbaut und beherbergt heute eine Metzgerei. Gegenüber wohnte bis zu seinem Tod 1861 der Augenarzt Friedrich Hermann von Leuw, seinerzeit ein weit über die Grenzen von Gräfrath hinaus bekannter Mann. In dem einstöckigen Gebäude nebenan, wo das empfehlenswerte italienisch-argentinische Restaurant „Emigrante“ abends öffnet, war seine Praxis untergebracht.
Wer vom Marktplatz hinaufwandert zur Kirche St. Mariä Himmelfahrt, wird mit einem weiten Blick über das Tal belohnt, in das sich Gräfrath hineinkuschelt. Von hier aus sind es nur noch ein paar Schritte zum „Deutschen Klingenmuseum“, einer einzigartigen Sammlung von Bestecken, Waffen und Schneidewerkzeugen. Untergebracht ist es in den Gebäuden des ehemaligen Klosters. Die weitläufige Anlage, 1986 bis 1989 zum Museum umgebaut, war bis 1803 ein Stift der Augustinerinnen.Später diente sie als Kaserne, Erziehungs- und Altenheim.
Wem jetzt noch Zeit bleibt für einen weiteren Museumsbesuch, dem sei das „Kunstmuseum Solingen“ im ehemaligen Gräfrather Rathaus nahegelegt. Dafür muss man ein paar Schritte Richtung Wuppertaler Straße wandern, doch die Mühe lohnt sich. Im Erdgeschoss des Museums ist das „Virtuelle Zentrum für verfolgte Künste“ untergebracht. Dazu gibt es eine kleine Ausstellung über verfolgte Autoren. Im früheren Ratssaal in der ersten Etage gewinnt man einen Überblick über das Werk des während der Nazizeit verfolgten Malers Georg Meistermann, der 1911 in Solingen geboren wurde und 1990 in Köln starb.
Anfahrt: A 46 bis Haan-Ost, dort Richtung Vohwinkel/Solingen, links ab auf L 357, nach zwei Kilometern rechts ab auf Wuppertaler Straße/B224.
Mit der Bahn: ab Köln Hbf mit der Regionalbahn nach Wuppertal-Vohwinkel, dann Bus 683 Richtung Burger Bahnhof, Solingen.
Tourismusbüro „Die Bergischen Drei“, Kölner Straße 8, 42651 Solingen, Tel. 0212-88160678.
Am Samstag, 29. März, ist in Solingen „Kulturnacht“. In Gräfrath beteiligen sich das Klingen- und das Kunstmuseum Solingen.
Deutsches Klingenmuseum, Klosterhof 4, Ruf. 0212/25836-0, täglich 10-17, Freitag 14-17 Uhr geöffnet. Montags geschlossen zu. Erw. 4,50, Kinder 2 Euro.
Kunstmuseum Solingen, Wuppertaler Straße 160, Ruf 0212/2 58 14-0, täglich außer montags von 10-17 Uhr. Eintritt: Erwachsene 6, Kinder 2 Euro.
Tourismusbüro „Die Bergischen Drei“, Kölner Straße 8, 42651 Solingen, Tel. 0212-88160678.