AusgehenOmas Kuchen beim Rotkehlchen

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Katja Preising legt Wert auf Gemütlichkeit zwischen den Backsteinwänden.

Katja Preising legt Wert auf Gemütlichkeit zwischen den Backsteinwänden.

Ehrenfeld – Elstern sind als diebisch verschrien, Tauben mag auch nicht jeder. Und selbst wenn jemand von einer Meise erzählt, ist das nicht immer nett gemeint. Ob aber jemals jemand etwas Böses über ein Rotkehlchen gesagt hat?

Auf jeden Fall ist es ein schöner Name für ein Café. Katja Preising, die Inhaberin hat „ihr“ Rotkehlchen schon vor zehn Jahren so genannt. Damals war sie gerade 18, wohnte in Kamen und träumte mit einer Freundin von einem gemütlichen Café, wo es leckeren Kuchen gibt, wie ihn die Mutter oder die Großmutter noch machten. „Ich komme ja vom Land. Rotkehlchen erinnern mich daran. Sozusagen ein Stückchen Natur in der Stadt“, erklärt Katja Preising.

Raffinierte kleine Speisen sollten täglich wechseln. Bis der Traum in Köln-Ehrenfeld an der Venloer Straße Wirklichkeit wurde, sollte aber noch viel passieren.

Partner aus der Nachbarschaft

Ausbildung, Jobs, ausgedehnte Reisen unternahm die blonde Frau mit den großen braunen Augen, die immer ein wenig zu Staunen scheinen. „Das alles hat mich im Leben weitergebracht“, sagt sie. Das Café Rotkehlchen soll dies auch tun und zwar alle, die hier arbeiten, hier einkehren oder es beliefern.

„Geben und Nehmen“ lautet Katja Preisings Motto. Gleich nach ihrer Ankunft in Ehrenfeld Anfang des Jahres sah sie sich in der Nachbarschaft nach Partnern um – und wurde schnell fündig. Die Bäckerei Schragen an der Ecke Platenstraße/Subbelrather Straße liefert einen Teil der Backwaren, die Kaffeerösterei Schamong den Kaffee. Darüber hinaus betreibt man gegenseitig Werbung füreinander. Und der kräftige Inhaber des Handyladens nebenan, der schon mal mit anpackt, wenn schwere Lieferungen kommen, kriegt dafür einen Kaffee umsonst. Gern sieht es Katja Preising, wenn Gäste miteinander ins Gespräch kommen. „Deswegen habe ich auch kein drahtloses Internet installiert“, erklärt sie.

Gespür für Win-Win-Situationen

Das Gefühl für solche Win-Win-Situationen hat Katja Preising bei ihrer ausgedehnten Reisephase durch Europa und Australien entwickelt. „Als ich zurückkehrte, war mir klar, wie das Rotkehlchen funktionieren sollte“, sagt sie vergnügt. Im Ladenlokal an der Venloer Straße war einst eine Metzgerei. Zuletzt war hier eine Thai-Massagepraxis.

Jedem, der es betritt, fallen als Erstes die rohen Wände aus Backstein sowie der gründerzeitliche Fliesenboden auf. Alles erzählt Geschichte. Alt ist auch das Mobiliar. Zum Teil hat sich Katja Preising sogar ganz persönliche Erinnerungsstücke aus ihrer westfälischen Heimat in das Café gestellt. Großmutters Küchentisch oder Zuckerdöschen aus Porzellan. Auf den Tisch kommt bevorzugt Schneewittchentorte – Marmorkuchen mit Kirschen und Schmand, außerdem Stachelbeerbaiser und vegane Cupcakes – um nur die beliebtesten Speisen zu nennen.

Praxisbeispiel für angehende Manager

Angelockt vom gemütlichen Ambiente und den Köstlichkeiten von der Speisekarte wurden schon viele Gäste. Derzeit sind immer wieder Studenten des Fachs Medien- und Kommunikationsmanagement der Fresenius-Hochschule zu Besuch. Die angehenden Manager haben für eine Semesterarbeit ein Praxisbeispiel für eine Marketingstrategie gesucht – und nun gefunden. Das eigentlich simple Unternehmenskonzept überraschte die jungen Leute. „Zunächst war es ein kleiner Schock, dass es hier eben kein ausgefeiltes Marketingkonzept geschweige denn einen Werbeetat gab“, gesteht Student Pascal Blüher ein. „Zugleich aber auch eine große Herausforderung für uns“, sagt Laura Opolka. „Eigentlich war es aber auch besser als mit einem bekannten Unternehmen zu arbeiten, wo schon alles perfekt organisiert ist und man kaum etwas hätte hinzufügen können“, sagt Isabel Sinnott.

Obwohl die Inhaberin gerade mal fünf Monate nach der Eröffnung durchaus zufrieden ist mit dem Besuch, haben die Fresenius-Studenten einige Empfehlungen gegeben. Ein pfiffiger Vorschlag bezieht sich auf das sympathische Rotkehlchen-Logo. Das abstrakt wirkende Markenzeichen des Cafés findet sich bereits an der Eingangstür, auf den Speisekarten sowie in Form kleiner Bildergeschichten in der Facebook-Präsenz des Cafés. Die Studenten haben nun Rotkehlchen-Schlüsselanhänger als Werbegeschenk entworfen. „Die sollten aus einer dünnen Holzscheibe und einem Lederbändchen bestehen“, sagt Studentin Lisa Benndorf. Katja Preising fand schon Gefallen an der Idee: „Es passt mit dieser schlichten Gestaltung sehr gut zu uns.“

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