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CrosstrainingDas härteste Fitnesstraining der Welt

6 min

Liegestütze, immer wieder Liegestütze – bis es nicht mehr geht.

„Ich komme schnell an meine Grenzen“

Der Tag danach geht eigentlich. Die schlimmsten Befürchtungen sind nicht eingetreten. Ich komme aus dem Bett, ich kann mir die Zähne putzen und ich bekomme den Arm sogar so weit nach oben, dass ich mich kämmen kann. Meine Muskeln fühlen sich etwas schlabbrig und müde an. Aber mein Körper verweigert nicht seinen Dienst.

Das ist ein gutes Zeichen. Schließlich habe ich am Abend zuvor meine erste Einheit im Crosstraining hinter mich gebracht. Ich bin vorher gewarnt worden. „Mach das nicht. Das ist nichts für dich“, haben Bekannte gesagt. Andere haben mich darauf hingewiesen, dass Crosstraining das härteste Workout der Welt sein soll. „Ha“, habe ich mir nur gedacht. „Sollen die nur reden. Ich stelle mich der Herausforderung.“ Denn ich stufe mich persönlich als recht sportlich ein: ein- bis zweimal die Woche Tennis, und das auf einem recht ordentlichen Niveau, wie ich finde. Dazu immer mittwochs Fußball und manchmal noch ein paar Kilometer am Rhein joggen.

Als aber das Programm beginnt, komme ich schnell an meine Grenzen. Das erkennt auch Trainer Carsten Mütze. Erst bin ich wenig erfreut, als er vor der Gruppe meine Zwölf-Kilo-Kugelhantel gegen ein Acht-Kilo-Modell austauscht. Das ist eigentlich für Frauen gedacht. Ich füge mich dieser Demütigung – und habe es nicht bereut.

Nach einer Aufwärmphase bekommen wir die Übungen erklärt. Schon da merke ich, dass das etwas anderes ist als ein bisschen Training an Geräten im Fitnessstudio. Das hier findet alles im Freien statt, im Beethovenpark. Bei Sonnenschein, bei Hitze, Regen, Kälte, Wind und Eis. Egal, Crosscamper kennen kein schlechtes Wetter.

Nach ein paar Minuten bin ich auf Betriebstemperatur – und schnell darüber hinaus. Wir müssen immer wieder Liegestütze machen, immer wieder den Berg hinauf laufen, immer wieder verschiedenste Übungen mit den Kugelhanteln machen. Ich bin froh, dass niemand merkt, dass ich irgendwann statt zehn Wiederholungen nur noch acht mache. Und vor allem bin ich froh, als sich das Programm nach einer knappen Stunde dem Ende entgegen neigt. Meine Arme zittern, ich kann kaum die Flasche zum Trinken halten, das Schalten und Lenken beim Autofahren fällt mir schwer. So hart habe ich noch nie trainiert. Aber ich bin auch stolz, dass ich es weitestgehend durchgezogen habe, naja, mit ein bisschen Schummelei.

Das böse Erwachen kommt erst 48 Stunden später. Mir tut alles weh, besonders der Schulter- und Nackenbereich. Den haben wir sehr intensiv trainiert. Aber auch die Brust- und Bauchmuskulatur, die Beine. Crosstraining ist ein Ganzkörperworkout, das wird mir jetzt schmerzhaft bewusst. Es dauert lange, fast eine Woche, bis ich vollständig regeneriert bin. Deshalb bin ich etwas enttäuscht von meinem Körper. Deshalb starte ich zwei Wochen später einen zweiten Versuch. Das Resultat ist nicht ganz so heftig, aber trotzdem beachtlich. Crosscamp ist eine echte Herausforderung. - Sven Winterschladen

„Die Kugelhantel ist mein neuer Freund“

Es regnet, meine Laune ist nicht die beste. Und dann auch noch die schroffe Anweisung von Carsten Mütze: „Nicht hinter mir laufen.“ Am liebsten würde ich sofort wieder aussteigen, zurück aufs Sofa. Aber dafür bin ich zu ehrgeizig, ich ziehe das Programm durch – und Mütze, der Trainer der Crosscamp-Runde, gibt den Ton an.

Wir absolvieren den ersten der angekündigten Tempoläufe. Zuvor habe ich mit der Gruppe auf der Wiese am Beethovenpark bereits mehrere Übungen mit der berüchtigten Kugelhantel überstanden. Das Zwölf-Kilo-Quälgerät steht heute im Mittelpunkt. Müsste ich die Idee hinter Crosstraining nach den ersten Eindrücken beschreiben, würde ich es als eine Art dynamisches Gruppenworkout mit Elementen eines militärischen Drills bezeichnen. Coach Mütze brüllt zwar nicht, aber er bringt uns alle schnell an unsere persönliche Leistungsgrenze.

Die Laufeinheiten zwischen den Übungen sind noch zu verkraften, die unterschiedlichen Übungen mit der Kugelhantel bringen mich aber mächtig ins Schwitzen. Zur „Entspannung“ ordnet der Coach zwischen den Übungen Liegestütze an. „Trinken könnt ihr gleich in der Pause“, sagt er. Noch einmal 20 Schwünge mit der Kugelhantel, dann folgt die nächste Laufeinheit.

In der ersten Pause komme ich mit einem anderen Teilnehmer ins Gespräch. Er erzählt, dass ihn gerade das Training in der Natur mit anderen Leuten reizt. In einem Fitnessstudio Gewichte stemmen oder auf einem Laufband Kilometer abzureißen, kann er sich nicht vorstellen. Das klingt überzeugend. Es ist in der Tat etwas vollkommen anderes hier draußen im Park.

Es hat mittlerweile aufgehört zu regnen, aber darüber mache ich mir schon längst keine Gedanken mehr. Auch die gefühlten 200 Liegestütze ertrage ich – ich bin im Tunnel! Dass ich morgen beim Aufstehen möglicherweise einen schlimmen Muskelkater habe, blende ich aus. Schon geht es weiter im Programm. Mütze korrigiert meine Übungsausführung, die mit zunehmender Erschöpfung immer schlechter wird. Die richtige Technik ist aber oberstes Gebot.

Crosstraining ist ein sehr intensives Trainingsprogramm, das nicht im Fitnessstudio stattfindet. Meist besteht eine Gruppe aus acht bis zehn Personen. Der Trend stammt aus den USA. Crosstraining wurde dort ursprünglich vor allem in der Militärausbildung angewendet. Es hat in erster Linie Einflüsse aus der Leichtathletik, dem Turnen und dem Krafttraining. Es geht um Kraft- und Konditionsverbesserung, aber auch um Ausdauer, Koordination und Flexibilität. Crosstraining ist für Leistungssportler genauso geeignet wie für Einsteiger.

Vor jeder Trainingseinheit erstellt der Coach einen Plan, das sogenannte „Work of the Day“, der meist einen speziellen Anlass hat – zuletzt die Olympischen Spiele. Das Programm dauert immer eine knappe Stunde. Es wird mit Kugelhanteln, Holzboxen, Bällen oder dem eigenen Körpergewicht trainiert. Immer wieder gibt es zur Abwechslung auch besondere Einheiten, zum Beispiel im Schwimmbad, im See oder im Sand.

Carsten Mütze ist ein ehemaliger Zehnkämpfer. Bei ihm finden derzeit immer montags, mittwochs und freitags Einheiten jeweils im Beethovenpark statt (18 Uhr). Es ist geplant, dass auch samstagvormittags eine Einheit stattfindet. Eine Zehnerkarte kostet 130 Euro. Das Probetraining ist nach vorheriger Anmeldung kostenlos. Kontakt: 0173/8142861

Als Alternative in Köln gibt es zum Beispiel noch dieses Angebot:crossfitcologne.wordpress.com

Eine knappe Stunde sind wir jetzt schon dabei – viel mehr geht nicht. Plötzlich die nächste Ansage: „Wer zuletzt auf dem Hügel ist, zahlt ’ne Runde Kölsch“, sagt Mütze. Na prima, zum Abschluss also noch ein 300-Meter-Sprint. Ich hoffe, dass alle anderen genauso erschöpft sind wie ich. Es ist der Abschluss der knapp einstündigen Einheit. Ich bin von Schweiß und Regen durchnässt, aber irgendwie froh, es ohne größere Probleme geschafft zu haben.

Die Gruppendynamik ist ein großes Plus dieser Art des Trainings. Es motiviert, die Übungen mit anderen zusammen zu absolvieren, die die gleichen Probleme beim Ausführen haben. „Und wie war’s?“, fragt mich Carsten Mütze mit einem Grinsen im Gesicht. „Jetzt ist alles gut“, antworte ich. Wohlwissend, dass das dicke Ende mir morgen früh beim Aufstehen wohl noch bevorsteht. - Markus Burger