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„Geschmackssache“ in BrühlModerne Hausmannskost im „30 Stühle“

3 min

Bastian Rohde (links) und Roberto Riccardo Coglianos führen das Restaurant, in dem weiße Stühle gestapelt sind.

Brühl – „Der Schaum der Tage“ heißt Boris Vians berühmtestes Werk – er hätte es nach einem Besuch im „30 Stühle“ in Brühl schreiben können. Im Tagesmenü finden sich in dieser Reihenfolge: Butterschaum, Schaumsuppe, Espuma (spanisch für Schaum) und Madeiraschaum. Schäume sind – neben Balsamico-Straßen und Saucenpunkten – eine der Heimsuchungen der modern wirken wollenden Kulinarik. Aber keine Angst vor Bastian Rohdes und Roberto Riccardo Coglianos „30 Stühle“.

Vier-Gang-Menü // 45 EuroRote-Bete-Cremesuppe / weißer Balsamico / Geflügel-Won-Ton // 6 EuroZanderfilet / Brotkruste / Bohnencassoulet / feinster Fischsud // 22,50 EuroWaldpilze in Rahm / Junglauch / Rosmarin / Kirschtomate / gebratene Serviettenknödel / Salat // 14,50 EuroRucola und Pinienkerne / eingelegte Tomaten / Parmesan / Vinaigrette von altem Balsamico / Brotchip // 9,50 EuroSkrei und Erdapfel / Salat / Suppe / Senf / Butterschaum / Zupfsalat // 14,50 EuroBirne Helene 2015 / Birne / Schokolade / Veilchen / Vanille // 7,50 EuroSaftiger Brownie /Blaubeeren / Nusseis // 8,50 Euro

Der Name ist modern, das Ambiente in der schmucken Gründerzeitvilla mit den blanken Holztischen und hohen Decken auch. Weiße Stühle sind in zwei Türmen als Kunstinstallation bis zur Decke gestapelt, das Personal trägt schickes Grau, ein falsches Feuer flackert im Kamin. Die Gerichte klingen zumeist modern, doch fast alles ist verfeinerte Gutshausküche. Daneben gibt es Klassiker wie Wiener Schnitzel mit Pommes, Forelle Müllerin Art, Matjes oder Vitello Tonnato. Auch beim Würzen verfolgt die Küche keine klare Linie. Die Wildgarnelen werden völlig erschlagen, bei den cremigen Waldpilzen ist dagegen kaum etwas von nuancierenden Aromen zu spüren. Am Gaumen fächert kein Gang wirklich auf – doch komplett negativ fällt auch keiner auf. Wenn auch vieles nicht wirklich auf den Punkt war. Die Duroc-Schweinefilets und der Winterkabeljau von den Lofoten hatten zum Beispiel zu viel Hitze abbekommen und gerieten trocken. Auch der als „saftig“ beschriebene Brownie zum Dessert war genau dies nicht, die Blaubeeren lagen ohne Verbindung daneben. Statt eines Nusseises wäre das Sorbet einer säurestarken Frucht wie Himbeere besser für die Balance gewesen. Gelungener ist da „Birne Helene 2015“: leicht dekonstruiert, aber doch ergeben alle Bestandteile im Mund den gewohnten Geschmackskick.

Der Service ist wirklich nett, doch vergaß er fast immer das Annoncieren der Speisen und oft auch das Nachschenken. Beim Wein war das besonders schade, denn der Weißburgunder Buntstück von Dr. Wehrheim war ein idealer Allrounder und fair bepreist. Die Weinkarte ist klein, aber klug zusammengestellt und bietet ein paar Zeilen Information zu jedem Tropfen – Kölsch gibt es auch.

Das „30 Stühle“ ist also ein Restaurant, in dem auch die Oma etwas auf der Karte findet. Im Endeffekt gibt es hier die gute, alte Hausmannskost (zumeist deutsch und mediterran) aufgehübscht und leicht modernisiert. Da die Portionen zumeist ausreichend groß sind, geht das Konzept auf.

Eine Bereicherung für Brühl.

Fazit: Klingt modern, ist es aber nicht wirklich. Solide Küche in schöner Gründerzeitvilla.

Restaurant 30 Stühle Kurfürstenstraße 22, 50321 Brühl02232/1502977www.30-stuehle.de