Gote im „Delice“Mediterrane Klassiker in Top-Qualität

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Das „Delice“ in der Venloer Straße.

Das „Delice“ in der Venloer Straße.

„Nein“, antwortete der Franzose mit dem charmanten Akzent seines Heimatlandes sichtlich amüsiert über meine Frage: „Ich bin nicht der Koch, ich bin Fernsehtechniker.“ Hätte ich angesichts seiner Kochjacke auch so drauf kommen können, aber wie in der aktuellen Fußballberichterstattung rutscht einem ja doch manchmal eine nicht ganz so intelligente Frage raus.

Gut gekontert also, und obwohl die Franzosen gegen Spanien verloren haben, ist dieser Koch nicht nur ausgesprochen kontaktfreudig, sondern spielt in der Küche im Gegensatz zu seinen Landsleuten auf dem Platz mit souveräner Taktik und ausgeprägter Herdbeherrschung. Besonders bei den Klassikern fühlt man sich sofort in die Gasthäuser Frankreichs versetzt. Als Coq au vin gleich drei saftige Hühnerschenkel in einer hervorragenden, dunklen Rotweinsauce, bei der noch leicht das Aroma von geräuchertem Speck mitschwingt. Dazu einwandfreier Kartoffelpüree und etwas Gemüse als Beilage: Das würde ich für 12 Euro problemlos als regelrechtes Schnäppchen einordnen.

Perfekt gebraten

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Ebenso wie das perfekt gebratene Fleisch aus der Lammhüfte, das man leider bei uns in der Gastronomie nur selten bekommt (17,50 Euro). Auch das in einer klassisch angesetzten Sauce neben einem ebenso klassischen Kartoffelgratin und mit Speck umwickelten grünen Bohnen. Besser kann man diese Art von Gerichten eigentlich nicht zubereiten.

Generell sind die Preise hier erstaunlich niedrig für die gebotene Qualität. Die meisten Vorspeisen kosten unter zehn Euro, die Hauptgerichte unter 20 Euro und immer besteht die Möglichkeit, sich selbst ein Drei-Gang-Menu für 27,70 Euro zusammenzustellen.

Stilistisch geht es auf der Speisenkarte weitgehend in Richtung mediterran, etwa beim rosa gegarten Kalbfleisch unter feiner Tunfischsauce mit Kapern und jungen Spinatblättern (10,50 Euro), al dente gegarten, mit Balsamicoessig abgeschmeckten Linsen zu schön kurz gebratener Kaninchenleber (8,90 Euro) und einer mit ordentlich Paprika gewürzten, provenzalischen Hühnchensuppe (6,70 Euro), in der neben dem zarten Hühnchenfleisch noch viel Gemüse und Kartoffeln schwammen.

Mehr Milchreis als Risotto

Das Risotto mit Pfifferlingen (13,50 Euro) bestätigte allerdings meine Erfahrungen, dass französische Köche sich an diesem italienischen Küchenkulturgut nicht selten etwas verheben: Meist bleibt der Reis bei ihnen zu bissfest, aber dieser war eher zu weich und schmeckte trotz der Pilze deutlich mehr nach Milchreis als nach Risotto. Die Doradenfilets, Kaiserschoten, und Zucchini in Weißweinbutter als Beilage zum Risotto waren allerdings tadellos. Andererseits überholte ein Pastagericht problemlos viele italienische Kollegen: hausgemachte Tortelloni, gefüllt mit einer perfekt ausbalancierten Mischung aus Birnen und Ricotta (13,90 Euro) in einer leicht gebunden Rieslingsauce – einfach herrlich. Das Erdbeertiramisu mit üppigem Mascarpone und die Crêpe mit süßem Vanilleeis und einer fein-bitter kontrastierenden Orangenlikörsauce rundeten ein Menü passend ab, der gesamte Service war freundlich und aufmerksam.

Bei den wenigen offenen Weinen gefiel mir der deutsche Grauburgunder (0,2 l für 4,80 Euro) qualitativ besser als der alkoholschwere Rote aus Süditalien (4,90 Euro). Seine Empfehlung wert war die Flasche Pinot grigio aus dem Trentino (22,90 Euro) – ein wirkliches Argument für die in Italien zu oft zum Massenwein verkommene Traubensorte.

Bleibt noch zu vermerken, dass Frankreichs EM-Niederlage die Laune des Kochs nicht weiter beeinträchtigt hat. „Hauptsache, Italien verliert“, bemerkte er dazu lachend. So oder so ist dieses Restaurant eine sehr positive Überraschung, die ich an dieser Stelle nicht erwartet hätte.

Das Restaurant

Delice Venloer Str. 30 50672 Köln-Innenstadt 0221/5696192 Öffnungszeiten: Mo-Fr 12 bis 15 und 18 bis 1 Uhr, Sa/So ab 18 Uhr

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