Schmeckts, Frau Floß?Ein Besuch in der „Pastawerkstatt" in der Kölner Südstadt

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Die Pasta ist immer der Hauptdarsteller – Gastraum mit Vitrine und Blick in die Küche 

  • Warum heißen Restaurants jetzt Werktstatt oder Manufaktur?
  • Unsere Gastro-Expertin Julia Floß echauffiert sich über Phrasendrescherei, wo meist nur heiße Luft dahinter stecke.
  • „La Nonna auf dem Etikett würde im Grab rotieren", schreibt Floß.
  • Was das mit der neuen „Pastawerkstatt" am Bananen-Kreisel in der Südstadt zu tun hat, lesen Sie hier.

Wochenlang hing die Ankündigung im Fenster: „Hier eröffnet in Kürze die Pastawerkstatt.“ Entsprechend lief ich wochenlang augenrollend dort vorbei. Die nächste Werkstatt also. War Manufaktur schon weg? Was ist an einer Küche oder Backstube so schlimm, dass plötzlich jeder Hipster mit schwarzen Handschuhen und Messer-Tätowierung in einer Werkstatt kochen muss?

Werkstatt klingt griffiger. Maskuliner. Präzision und Holzspäne. Maschinenöl und Muskelkraft. Dinge, die ich unbedingt mit Kulinarik assoziieren möchte. Mich nervt diese Phrasendrescherei. Zumal meistens nur heiße Luft dahinter steckt und Convenienceprodukte in braunen Apothekerflaschen verkauft werden. La Nonna auf dem Etikett würde im Grab rotieren, wüsste sie welche Plempe das Enkelchen in ihrem Namen vertickt.

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Zimmer mit Aussicht: Pastawerkstatt in der Südstadt.

Derart unvoreingenommen betrete ich also die Pastawerkstatt. Blickfänger ist eindeutig die breite Vitrine und ihre wunderschöne Auslage. Leuchtend gelbe Nudelnester, mit Grieß bestäubte Ravioli, kurze Pasta in verschiedenen Formen. Eine feine Auswahl an italienischem Mandelgebäck und gefüllte Cannoli.

Wichtigstes Merkmal: Es duftet. Auf der Karte stehen neun Pastaformen und die entsprechenden Saucen dazu. Zu jedem Gericht gibt es eine Topping-Empfehlung. Kein Bullshit-Bingo, sondern wunderbare Zutaten und Kombinationen. Salziger Ricotta und Stracciatella sind in Italien in jedem Supermarkt erhältlich, in Deutschland allerdings weitgehend unbekannt. Dabei ist beides ultimativ köstlich. An diesem Mittwochmittag ist nicht viel los. Der Service erklärt geduldig die Karte, bringt Brot und Olivenöl.

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Die Burrata ist eine schöne Einstimmung, meine missgünstigen Zweifel werden sehr leise. Dann kommt die Pasta. Und sie ist gut. Sehr, sehr gut. Die Fussiloni mit weißer Bolognese sind eine perfekte Einheit. Würzig, sämig, umami.

Eine Woche später, Freitagabend, der Laden ist rappelvoll. Gastgeber Antonio Gattuso managt charmant die Warteschlange: „Wollt ihr schon mal ein Bier? Wir haben ein belgisches Ale aus Sülz.“ Er hält an jedem Tisch ein Schwätzchen, erklärt woher seine Produkte kommen und was die Idee hinter der Pastawerkstatt ist. Es geht um Qualität, Erzeuger und nicht zuletzt Geschmack. Man glaubt es ihm. Neun Köche produzieren Nudeln aus sizilianischem Hartweizengrieß. Basta.

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Heller, freundlicher Innenraum der Pastawerkstatt

Heute Abend gibt’s Tagliatelle Bolognese rosso mit Stracciatella und Ravioli mit Trüffeln. Das Phänomen „Stiller Probiermoment“ ist an sämtlichen Tischen zu beobachten. Die Gabel wandert zum Mund und dann – Ruhe. Kurzes Augenschließen. Schmecken. Genießen. Dann wird weiter geplaudert. Wenn jemand diesen Moment an beinahe jedem Tisch erzeugt, kann er sich meinetwegen auch „Manifattura della nonna“ oder „Saunaclub Alfredo“ nennen. Wen juckt’s? 

Fazit: Fabelhafte Pastagerichte, italienisch charmanter Service Pastawerkstatt, Bonner Str. 44, 50677 Köln, Tel. 0 22 33/6 92 31 77,  Geöffnet:  Mo-Sa 11-22 Uhr www.pastawerkstatt.de

Das haben wir probiert:

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Fussilono Bolognese bianca in der Pastawerkstatt.

Fussiloni „Bolognese bianca“ // 11,50 Euro + salziger Ricotta // 1,50 Euro

Burrata di Andria mit Cherrytomaten, Pinienkernen und Basilikum-Emulsion // 7,50 Euro

Ravioli mit Trüffel // 15,90 Euro

Tagliatelle „Bolognese rosso“ // 11,80 Euro + Stracciatella // 2,50 Euro

Spaghetti „Cacio e Pepe“ // 10,50 Euro + Pistazienkerne // 1,50 Euro

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