Neues AngebotDie Stille vor dem Schuss

Lesezeit 3 Minuten
Volle Konzentration auf das Ziel. Die Hobbybogenschützen erwiesen sich unter der Anleitung von Rolf Räbiger als durchaus talentiert.

Volle Konzentration auf das Ziel. Die Hobbybogenschützen erwiesen sich unter der Anleitung von Rolf Räbiger als durchaus talentiert.

Brühl – Hochkonzentriert stehen die Schützen in einer Reihe, Pfeil und Bogen im Anschlag, der Fokus gilt einzig dem Ziel. Verlässt der Pfeil die Sehne, durchschneidet ein Surren die Stille und wird nur Sekundenbruchteile später von einem lauten „Plopp“ übertönt – zumindest dann, wenn der Pfeil die Zielscheiben aus Schaumstoff trifft.

Regelrecht durchlöchert waren die viereckigen Scheiben am Dienstagnachmittag auf der Maigler-Wiese in Brühl, und das, obwohl die Bogenschützen allesamt Laien waren. Der Kletterwald „Schwindelfrei“, das dortige Restaurant Wasserturm, Brühl-Tourismus und die Kölner Firma „Bogenlust“ bieten dort fortan Kurse im intuitiven Bogenschießen an. Seminarleiter Rolf Räbiger stellte das Projekt nun vor. Für den 15., 22. und 29. August können dreistündige Seminare gebucht werden.

„Das Ganze ist im Rhein-Erft-Kreis und der Region Köln einzigartig. In anderen Kommunen ließ sich das bislang nicht so einfach realisieren“, erklärte Oliver Mülhens von Brühl-Tourismus. In der vergangenen Woche hatte sich Rolf Räbiger mit dem Ordnungsamt auf der Maigler-Wiese getroffen und alle Details geklärt. Sozusagen als Dank für die zügige Erteilung der Erlaubnis, durfte auch Ordnungsamtschef Wolfgang Gérard zum Bogen greifen. Ebenso dabei waren der Fachbereichsleiter Kultur, Wilfried Becke, Raimund Bechtloff von Schwindelfrei und Roman Berk vom Restaurant Wasserturm.

Skurriles Warm-up

Bevor die Amateur-Schützen jedoch auf die Zielscheiben losgelassen wurden, galt es, ein geistiges Warm-up zu absolvieren, das skurril wirkte. So bestand etwa eine Übung darin, in die Hände zu klatschen und anschließend gleichzeitig mit der linken Hand das rechte Ohrläppchen und mit der rechten Hand an die Nase zu fassen. Das hört sich vielleicht einfach an, ist es aber nicht unbedingt. Es hilft allerdings dabei, die Koordinationsfähigkeit des Gehirns auf Touren zu bringen. Zur Freude Räbigers und seiner Schießleiter waren die Hobby-Schützen durchaus talentiert. Wer Pfeil und Bogen in die Hand nimmt, versteht schnell, was diesen Sport ausmacht. Und das liegt nicht allein am Ehrgeiz, möglichst oft die Mitte der Zielscheibe zu treffen. Der ganze Ablauf hat etwas Meditatives.

Es gilt, den Körper möglichst ruhig zu halten, wenn man sich seitlich zur Zielscheibe stellt, die Beine schulterbreit auseinander. Gleichzeitig versucht man höchste Konzentration aufzubauen. Den Bogen in der schwachen Hand, wird das gefiederte Geschoss in die Sehne gelegt. Dann wird es etwas mühsamer. Zeige-, Mittel- und Ringfinger liegen direkt unter dem Pfeilschaft auf der Sehne und spannen den Bogen. Dabei muss der Ellbogen hoch- und die Sehne fast bis zum Ohr durchgezogen werden. Man visiert das Ziel an, lässt los und verharrt. Mit einer beeindruckenden Geschwindigkeit fliegt das Geschoss und trifft nach Möglichkeit die Platte.

Besonders das Nachhalten in der Endposition hält Räbiger für wichtig. „Damit sich unser Bewusstsein die Stellung merkt. Nur so können wir wissen, ob wir beim nächsten Schuss etwas anders und besser machen müssen.“ Das sei wie beim Tischtennis. „Wenn wir den Ball auf eine gewisse Art schlagen, und er geht über die Platte, dann prägen wir uns das ein, damit wir ihn beim nächsten Mal anders treffen.“ Zielringe waren am Dienstag nicht auf die Scheiben gemalt.

Das hätte die Gefahr mit sich gebracht, dass sich die Teilnehmer allein auf ihre Treffsicherheit konzentrieren – und ärgern, wenn sie nicht treffen. „Intuitives Bogenschießen soll unsere Gelassenheit und Beharrlichkeit sowie unsere Kreativität fördern. Es verbessert die Konzentrationsfähigkeit ebenso wie die Fähigkeit, loszulassen. Der Wechsel von An- und Entspannung baut Stresshormone ab. Intuitives Bogenschießen vermittelt positives Denken und Arbeiten“, lautet das Credo von Bogenlust.

„Schon bemerkenswert wie konzentriert und fokussiert man auf einmal ist“, zeigte sich Wilfried Becke erstaunt. Dieses Fazit nahm Rolf Räbiger mit einem Lächeln zur Kenntnis. Seine Gedanken hatten allem Anschein nach Wurzeln geschlagen. „Es geht um den Einklang von Körper und Geist.“

KStA abonnieren