Einfach nachkochenSternekoch Maximilian Lorenz zeigt vier leckere Rezepte im Video

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Maximilian Lorenz (re.) und Küchenchef Enrico Hirschfeld

Ein Team: Patron und Küchenchef Maximilian Lorenz (re.) und Küchenchef Enrico Hirschfeld. 

Köln – Maximilian Lorenz und sein Küchenchef Enrico Hirschfeld wissen, mit welchen Gerichten sie ihre Gäste glücklich machen. Für unsere Leserinnen und Leser haben die Sterneköche aus dem „maximilian lorenz“ exklusiv vier leckere Rezepte kreiert. Liebstöckelreibekuchen mit Rindertatar, Risotto mit rotem Mangold und Garnelen, Pilz-Soljanka und Serviettenknödel mit Pilzragout und Ziegenkäse. Wie Sie die Gerichte einfach nachkochen können, zeigen die beiden auch in Videos, die sie extra aufgenommen haben. Außerdem sprechen Lorenz und Hirschfeld im Interview darüber, wie sie sich als Team in der Küche schlagen und ob der Kölner ein Feinschmecker ist oder eher nicht.

Viele haben in der Pandemie das Kochen erst für sich entdeckt. Wie haben Sie gemerkt, das ist mein Ding, Herr Lorenz?

Maximilian Lorenz: Ich habe mich immer fürs Kochen interessiert, was man meiner Figur leider ansieht. Der Berufswunsch war bei mir mit zehn Jahren schon da.

Was hat so früh den Ausschlag geben?

Lorenz: Mein Vater hatte einen Garten- und Landschaftsbaubetrieb und wir haben den Privatgarten von jemandem gemacht, der pensionierter Koch war. Der hat mittags für uns frisch gekocht, es gab nicht immer nur Butterbrote, sechs Wochen in den Sommerferien. Das war super, anders als zu Hause. Meine Eltern waren beide berufstätig, da ist das Essen sehr kurz gekommen, es gab oft Dosenravioli oder Pizza.

Und dann war mal auf „1, 2 oder 3“ oder im „Tigerentenklub“ ein Koch, der hat Würstchen im Schlafrock gemacht. Das hat mich so fasziniert, dass ich mit meinem Fahrrad zu Rewe gefahren bin, mir Blätterteig und Würstchen gekauft habe und das zusammengedengelt habe. Mein erstes Gericht.

Mit dem „L’escalier“ haben Sie bereits mit 21 Jahren ein eigenes Restaurant geführt – hatten neben Ihrer Aufgabe als Koch auch Verantwortung für alle Mitarbeiter. Ganz schön mutig oder?

Lorenz: Ich komme aus einem Unternehmerhaushalt und wollte mein eigenes Ding machen. Und zum Glück weiß man mit 21 noch nicht, welche Aufgaben, Herausforderungen und Belastungen auf einen als Unternehmer zukommen.

Sie waren auch schnell sehr erfolgreich – 2016 wurden Sie als jüngster Koch Deutschlands mit einem Michelin-Stern ausgezeichnet.

Lorenz: Ja, das war der Wahnsinn. Kurz darauf hat sich Enrico bei mir gemeldet, weil er sich beruflich verändern wollte. Da kam der Gedanke, mit ihm in der Küche jemanden an meine Seite zu holen, um dieses Pensum zu schaffen. Die Zusammenarbeit mit Enrico klappt super. Schon nach dem ersten Jahr war er gleichwertiger Küchenchef. Wir stehen zusammen im Michelin, im Gault-Millau und anderen Restaurantführern. Das heißt aber auch ganz klar: gemeinsam durch dick und dünn.

Rezepte als PDF

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Alle vier Rezepte von Maximilian Lorenz und Enrico Hirschfeld können Sie sich hier herunterladen und ausdrucken.

Die Spitzenküche ist oft sehr hierarchisch organisiert, mit einem Maestro an der Spitze. Was schätzen Sie beide an der Teamarbeit?

Enrico Hirschfeld: Es befruchtet einen, wenn man immer eine zweite Meinung hat. Wenn man nicht der König in der Küche ist, sondern auf Augenhöhe miteinander diskutieren kann, das bringt einen selbst und die Gerichte weiter. Sonst besteht die Gefahr, dass man in seiner eigenen Suppe schwimmt, denn die Angestellten sagen ja eher nichts gegen den Chef.

Lorenz: Wir haben zwar die gleiche Idee für die Ausrichtung unserer Küche. Aber als Köche könnten wir unterschiedlicher nicht sein. Enrico ist sehr feinmotorisch, sehr filigran, wahnsinnig technisch geschult. Ich bin eher, ich sage mal „grobschlächtig“. Ich habe dafür einen wahnsinnig tollen Gaumen. Wenn jemand ein Pimentkorn in 50 Liter Wasser reinwirft, schmecke ich das raus.

Restaurant maximilian lorenz - Außenansicht

Im „maximilian lorenz“ gibt es Gourmet-Küche mit deutschen Produkten. 

Und wie hält man ein Team in der Spitzengastronomie zusammen, wenn man seit rund einem Jahr nicht unter normalen Bedingungen arbeiten kann?

Lorenz: Sehr, sehr schwer. Einige sind abgewandert, das ist leider so. Dafür kommen aber auch interessante neue Kolleginnen und Kollegen.

Hirschfeld: Das ist im Prinzip wie bei einer Fußballmannschaft, die nicht trainiert. Nehmen Sie den 1. FC Köln. Wenn Sie alle nach Hause schicken und man trifft sich einmal im Monat für die Strategie, dann wechselt auch bestimmt einer woanders hin. Bis wir wieder eine Einheit sind, eine Küchenmannschaft, das wird dauern.

Vor Corona kamen, auch bedingt durch die zentrale Lage am Hauptbahnhof, viele Geschäftsleute zu Ihnen, haben Sie Sorge, dass sich das ändert?

Lorenz: Nein. Unter der Woche werden auch wieder viele Geschäftsleute kommen, wenn Sie zumindest teilweise wieder in ihre Büros zurückgekehrt sind. Der fehlende Kontakt wird doch eher zu einem großen Nachholbedürfnis führen. Wir sehnen uns doch alle nach der alten Normalität zurück. Ein wichtiges Standbein sind für uns Messegäste und Caterings. Das wird noch etwas dauern. Auch wenn man merkt, dass Zoom-Konferenzen und digitale Messen gar nicht schlecht sind, sie können auf Dauer nicht das echte Zusammenkommen ersetzen.

Sie würden mittlerweile also nicht lieber in ein wohnlicheres Viertel umziehen?

Lorenz: Für unser Konzept ist die Lage am Hauptbahnhof gut. Mit öffentlichen Verkehrsmitteln sind wir hervorragend zu erreichen. Dazu gibt es ein Parkhaus direkt hinterm Restaurant! Und was kann es schöneres geben, als vom Dom und vom Rhein umrahmt zu sein?

Und der Kölner an sich, ist der kein richtiger Feinschmecker?

Hirschfeld: Das über einen Kamm zu scheren, finde ich echt schwierig. In Köln gibt es die Brauhäuser, die Gastro-Hotspots, die Trends setzen, es gibt von teuer bis günstig alles. Alles hat seinen Markt. Und auch zu uns kommen ganz unterschiedliche Gäste, von Anfang 20 bis über 80 Jahre.

Lorenz: Sicher gibt es Städte in Deutschland, da ist es viel selbstverständlicher, schick und teuer essen zu gehen. Aber bei uns kann man sich zum Beispiel durch unsere verschiedenen gastronomischen Konzepte (Sternerestaurant, Weinlokal und Street-Food-Laden, alle Tür an Tür) langsam herantasten und schmecken. Und wir brauchen unsere Kölner Gäste. An dieser Stelle mal ein dickes Dankeschön an alle Kölner, die uns in dieser schweren Zeit unterstützen, uns schreiben, unser Take-away bestellen und uns Mut und Hoffnung machen!

Die vier Rezepte im Video:

Liebstöckelreibekuchen, Rindertatar, Blattsalate, Walnüsse

Rote Garnelen, Risotto, roter Mangold

Serviettenknödel, Pilzragout, Ziegenkäse

Pilz-Soljanka

Welche Rückmeldungen erhalten Sie von Ihren Gästen? Sind die im Lockdown ausgehungert nach guter Küche?

Lorenz: Gute Küche können Sie überall als Take-away haben. Die Gäste sind ausgehungert nach dem Erlebnis. Alleine die Frage „Was möchten Sie heute Abend für einen Wein trinken?“ ist doch phantastisch. Wir haben jetzt öfter Leute, die sagen: „Wir reservieren einfach mal einen Tisch, wir wissen nicht, ob auf ist oder nicht. Aber wenn auf ist, dann wollen wir am ersten Tag wieder essen gehen.“

Herr Lorenz, Sie haben Ihre Heimat im Gegensatz zu vielen Kollegen nicht für Stationen im Ausland verlassen und konzentrieren sich auf deutsche Produkte. Was gibt es kulinarisch bei uns neu zu entdecken?

Lorenz: Mit der deutschen Küche beackern wir ein Feld, auf das wir nie fokussiert waren, das ist wahnsinnig spannend. Denn wir haben beide französisch kochen gelernt. Ich komme ja gebürtig aus Bergisch Gladbach und bin mit ganzem Herzen Rheinländer. Ich bin der Wessi und Enrico ist der Ossi, er kommt aus der Nähe von Leipzig. Deutschland ist so groß und vielfältig, das merken wir alleine an den Gerichten, die Enrico von zu Hause kennt, die ich noch nie gegessen habe, und umgekehrt.

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Ist die deutsche Küche also besser als ihr Ruf?

Lorenz: Selbstverständlich.

Hirschfeld: Da müssen wir bei den Gästen aber auch um Verständnis werben. Denn das heißt ja auch, wir verwenden Produkte aus Deutschland. Und Gemüse von Bauern aus der Region ist nun mal teurer als solches aus Nordafrika. Auch ein Rinderfilet aus Deutschland hat einen anderen Preis als das günstige aus Argentinien.

Wie gehen Sie vor, wenn Sie an neuen Rezepten arbeiten?

Zur Person

Maximilian Lorenz Küche Rakoczy

Lorenz (30) erkochte sich bereits 2016 seinen ersten Stern,

Foto: Csaba Peter Rakoczy

Maximilian Lorenz (30),  geborenen in Bergisch Gladbach, absolvierte seine Ausbildung zum Koch im Restaurant „Zur Post“ bei Christopher Wilbrand in Odenthal. Bereits mit 21 Jahren übernahm er das „L’escalier“ in Köln und erkochte dort 2016 seinen ersten Michelin-Stern. 2018 eröffnete er im ehemaligen „Wein am Rhein“ ein Gourmet-Restaurant unter eigenem Namen, bereits im Februar 2019 folgte im „maximilian lorenz“ ein Michelin-Stern. Daneben gibt es das „weinlokal heinzhermann“ und einen Weinladen. Außerdem betreibt Lorenz den Streetfoodladen „pig bull BBQ“ und erweckte mit Freunden das Traditionsgasthaus „Alter Lindenhof“ in Bergisch Gladbach zu neuem Leben. 

Lorenz: Wir überlegen uns, welche Produkte wir spannend finden. Gemüse beziehen wir in der Regel aus der Region. Miesmuscheln oder Dorsch gibt es nicht im Rhein. Aber wir achten darauf, was man mit Produkten aus ganz Deutschland machen kann. Dann bringen wir einen Spannungsbogen in unser Menü hinein und dann… gibt es die Produkte nicht (lacht).

Weil sie keine Saison haben? Die Jahreszeiten spielen also eine große Rolle?

Hirschfeld: Wir setzen uns damit auseinander, was es gerade gibt. Wenn im Sommer alles da ist, fragen wir uns, wie bereiten wir das auf, damit es auch im Winter für uns verfügbar ist? Fermentieren, Einsalzen, Einwecken, diese ganze alten Lagerungsformen sind ein Riesenthema. Denn wenn man vom Saisonkalender redet, ist von November bis Februar relativ übersichtlich, was aus Deutschland kommt.

Ihre „deutsche Aromenküche“ darf man sich nicht allzu traditionell vorstellen. Sie tricksen Ihre Gäste auch gerne ein bisschen aus, zum Beispiel indem Sie einen Rheinkiesel mit 4711 servieren (eine optische Täuschung, der „Kiesel“ ist Kalbslebermousse, besprüht mit Bergamotte, Orange und Lavendel).

Lorenz: Wenn der Gast etwas liest, hat er eine bestimmte Vorstellung. Diese Vorstellung wollen wir geschmacklich untermauern. Aber von der Textur und optisch wollen wir ihn etwas komplett anderes glauben lassen. Wenn wir aufschreiben „Steinbutt mit Champagnersoße“, dann weiß jeder ganz genau, wie der Fisch aussieht und was da drauf geknallt wird. Das wollen wir anders machen, wir leisten auch Missionarsarbeit.

Die Gerichte, die Sie zum Nachkochen für unsere Leser kreiert haben, bleiben traditioneller. Wie haben sie die Auswahl getroffen?

Zur Person

Lorenz Enrico Hirschfeld

Foto: KSTA-Video/Christian Mack

Enrico Hirschfeld (34) begann seine Zusammenarbeit mit Lorenz 2017 im „L’escalier“. Im „maximilian lorenz“ ist der gebürtige Leipziger gleichberechtigter Küchenchef.

Hirschfeld: Ich habe zum Beispiel eine Pilz-Soljanka gemacht. Die Gerichte sollten auch ein bisschen was über uns erzählen und es gibt ja kaum ein plakativeres Gericht für den Osten, zumindest in meiner Wahrnehmung, dabei wird das gar nicht so oft gekocht bei uns. Ich hab mir gedacht, man macht das mal ein bisschen filigraner und auch vegetarisch, denn der Ansatz ist ja lecker, mit Zwiebeln und dem süßsauren Geschmack. Ich war selber überrascht, wie gut das schmeckt.

Das heißt, Sie haben an den Gerichten für unsere Video-Kochschule richtig gefeilt?

Lorenz: Ja klar, bei mir gibt es nicht einfach Reibekuchen, das kann ja jeder. Dafür brauchen Sie sich nicht die Videos anschauen. Die sollen ja Spaß machen. Und wie immer soll ein kleiner Twist drin sein, durch Liebstöckel bekommen die Reibekuchen zum Beispiel diesen Maggie-Geschmack.

Und was ist Ihr Tipp für alle mit wenig Kocherfahrung, damit das Nachkochen auf jeden Fall gelingt?

Hirschfeld: Der Vorteil an einem Video ist ja, dass man es sich erst einmal anschauen kann bevor man loslegt. Dann kann weniger schief gehen. Das 1:1 mitkochen ist glaube ich schwieriger, denn dann steht man nachher da und merkt, Mist, ich hätte den Ofen vorheizen müssen. Ansonsten hat jedes Rezept so seine Kniffe, da muss man…

Lorenz: … eine Flasche Wein aufmachen …

Hirschfeld: … Spaß haben, und es nicht zu ernst nehmen.

Lorenz: Wir blödeln ja in den Videos auch ein bisschen rum und lassen mal den einen oder anderen Spruch raus. Wir wollen auch in der Pandemie Spaß am Kochen und Essen wecken, ich hoffe, das kommt rüber. 

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