Tiere am HausSchafe im eigenen Garten halten
Schon kurz nach seiner Geburt landete das Lamm Pupperle im Backofen. Allerdings nicht als Braten. Es war vielmehr eine lebensrettende Maßnahme, die seine Besitzer, das Ehepaar Mowinski, damit einleiteten. Das Lamm war nämlich als drittes und letztes eines Wurfes verspätet zur Welt gekommen und von seiner Mutter verschmäht worden. Als die Mowinskis es fanden, war es unterkühlt und schon nicht mehr bei Bewusstsein. Erst ein paar Stunden im Backofen – natürlich bei geringer Temperatur und offener Ofentür – brachten seinen Kreislauf wieder in Schwung.
Das war vor sechs Jahren. Heute lebt die Schafsdame gemeinsam mit zwei anderen „Rentnerschafen“ in Jürgen Mowinskis Garten. Der 62-Jährige hat Ähnlichkeit mit Peter Lustig aus der Kindersendung „Löwenzahn“: Brille, kurze graue Haare, Latzhose, freundlich dreinblickend. Hauptberuflich importiert und verkauft er Pflanzen aus Südamerika. Viel Zeit verbringt er allerdings hinter dem Haus mit seinen Schafen.
„Tiere halten hinterm Haus“, Stern-Les Landes, Kosmos-Verlag, 14,95 Euro
„Schafhaltung auf Kleinflächen“, Gutjahr, Oertel +Spörer, 18,90 Euro
Tipps und Infos gibt es zum Beispiel beim Schafzuchtverband Nordrhein-Westfalen
www.schafzucht-nrw.de
Der Garten, in dem Pupperle lebt, ist 9000 Quadratmeter groß, hauptsächlich Wiesen mit Obstbäumen. Wer hier steht, wähnt sich auf dem Land. Nur der Lärm, der von der nahen A 59 herüberweht, verrät, dass das hier Stadtgebiet ist. Nachdem Jürgen Mowinski das Haus in Leverkusen-Hitdorf mit dem riesigen Grundstück gekauft hatte, legte er sich anstelle eines Rasenmähers die ersten Schafe zu. Rasen mähen musste er seitdem trotz des riesigen Grundstücks nicht mehr. Stattdessen ist er zum Hobby-Schafzüchter geworden. Insgesamt besitzt er zurzeit 20 Schafe. Die meisten werden verkauft. Die drei „Rentner“, wie die Mowinskis sie nennen, haben jedoch eine Sonderstellung. Einen Namen hat aber nur Pupperle. Weil sie mit der Flasche großgezogen wurde, ist sie sehr menschenbezogen und ihr fehlt der Herdentrieb. Wie ein Wattebausch auf Streichholzbeinchen trabt sie über die Wiese, wie ein Hund hält sie ihren Kopf hin, um sich streicheln zu lassen.
Charakter-Schafe
Ob ein Schaf scheu oder zutraulich ist, ist Charaktersache. „Einige entwickeln sich aus irgendeinem Grund zu richtigen Schmuseschafen“, sagt Jürgen Mowinski und krault eines der Jungtiere hinter dem Ohr. Neugierig sind sie allerdings alle. Einmal musste der Schafsbesitzer einige Tiere wieder einfangen, die auf eine Hauptverkehrsstraße hinter Mowinskis Grundstück ausgebüxt sind. „Die meinen immer, auf der anderen Seite sei das Gras besser“, sagt Mowinski und grinst. Allen, die sich Schafe zulegen möchten, rät er deshalb unbedingt zu einer Tierhalterhaftpflichtversicherung. Ärger mit den Nachbarn gibt es aber nicht, obwohl es morgens zur Futterzeit auch schon mal lautes Geblöke gibt. „Dann muss ich auch um sechs Uhr morgens raus, um sie zu füttern.“ Ansonsten seien die Schafe aber sehr ruhig.
Zwei Ziegen besitzt Jürgen Mowinski ebenfalls. Die leben allerdings im angrenzenden Naturschutzgebiet und fressen im Auftrag des Naturguts Ophoven Büsche aus dem Weg. „Ziegenlämmer sind was Tolles – wie Hunde, sehr anhänglich und auch viel schlauer als Schafe.“ Als Rasenmäher eignen sie sich allerdings eher nicht, sie sind auf Büsche und Blätter spezialisiert.
Wie die anderen Schafe auch ist Pupperle ein Dorperschaf, weiß mit schwarzem Hals und Kopf. Eine schiefe weiße Blesse zieht sich über sein Gesicht – ein Schönheitsfehler, den Mowinski ihm nachsieht. Hätte er Pupperle verkauft, hätte es nicht so viel eingebracht wie die Tiere mit einheitlich schwarzem Kopf. Diese Rasse verliert ihr Fell eigenständig und muss nicht geschoren werden. Dorperschafe werden hauptsächlich als Fleischlieferanten gehalten, als Milchtiere oder Woll-Lieferanten sind sie nicht geeignet. Hin und wieder lässt Jürgen Mowinski mal ein Tier für den Eigenbedarf schlachten. „Auch wenn es nur mein Hobby ist, letztlich sind es doch Nutztiere“, sagt Mowinski. Für Pupperle gilt das allerdings nicht. Auch wenn ihr Leben im Backofen begann, enden wird es dort nicht.
Das braucht man:
Zwei Schafe brauchen etwa 1000 Quadratmeter Rasenfläche, wenn sie nur vom Gras satt werden sollen. Sie kommen allerdings mit viel weniger Platz aus, wenn Heu zugefüttert wird. Die Weide muss ausbruchsicher eingezäunt sein. Außerdem benötigen die Tiere einen Stall mit Heuraufe. Da Schafe Herdentiere sind, sollte man sie mindestens zu zweit halten. Wohler fühlen sie sich in größeren Herden.
Das kriegt man:
Die meisten Hobbyhalter erwarten von Schafen nicht mehr, als dass sie das Rasenmähen übernehmen. Natürlich können Schafe und auch Ziegen ebenfalls als Milch- und Fleischlieferanten gehalten werden. Milch gibt es nur, wenn es auch Lämmer gibt. Von einigen Schafen kann die Wolle verarbeitet werden.
Futter:
Im Sommer brauchen Schafe eine ergiebige Weide, Wasser, eventuell Hafer und Mineralsalze sowie hin und wieder etwas Obst. Im Winter wird das Gras durch Heu und Stroh ersetzt. Ähnlich ist es bei den Ziegen, nur fressen die statt Gras verholzte Pflanzenteile, Blätter und Kräuter.
Das ist zu beachten:
Bäume auf der Weide können mit Kaninchendraht vor dem Verbiss geschützt werden. Die Klauen müssen regelmäßig geschnitten und Schafe außerdem einmal jährlich geschoren werden – und zwar von Profis. Weder bei Schafen noch bei Ziegen müssen Böcke gehalten werden, die zur Brunftzeit mitunter störrisch werden und streng riechen. Auf jeden Fall sollten die Nachbarn gefragt werden, bevor man sich zum Kauf entscheidet. Die Tiere müssen beim Veterinäramt und der Tierseuchenkasse angemeldet werden. Eine Tierhalterhaftpflichtversicherung ist ratsam.
Diese Rassen eignen sich:
Vor der Frage nach der Rasse steht die Frage: Schaf oder Ziege? Zum Rasenmähen eignen sich eher Schafe als Ziegen. Die bevorzugen nämlich Blätter und Gehölz und fressen Gras nur, wenn sie nichts anderes bekommen. Stattdessen nagen sie gerne an den Rinden von jungen Bäumen. Es gibt sowohl gehörnte als auch hornlos gezüchtete Ziegenrassen. Kreuzungen verschiedener Rassen sind oft robuster und preiswerter. Bei den Schafen gibt es Milch- und Fleischrassen sowie gute Woll-Lieferanten wie die Merinoschafe. Für Einsteiger können Heidschnucken eine gute Wahl sein. Sie sind nicht sehr anspruchsvoll in ihrem Futterbedarf und relativ unproblematisch in der Klauenpflege. Ziegen und Schafe lassen sich auch gut zusammen halten.
Der Einstieg:
Es lohnt sich, einen Kenner zum Kauf eines Schafs oder einer Ziege mitzunehmen, der den Gesundheitszustand und das Alter beurteilen kann. Züchter kann der Schafzuchtverband vermitteln. Ein Schaf kostet etwa zwischen 80 und 150 Euro.