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Krieg im Nahen OstenGummersbacher ist in großer Sorge um Familie in Syrien

3 min
Ein Mann mit Bart, hinter ihm die Gummersbacher Innenstadt.

In Gummersbach fand Hashem Alshater eine zweite Heimat. Doch er sorgt sich um seine Familie. 

Hashem Alshater floh 2015 vor dem Bürgerkrieg nach Deutschland. Seine Familie gehört zur Volksgruppe der Drusen.

„Letzte Woche war eine Katastrophe für mich“, sagt Hashem Alshater und fährt sich mit der Hand durchs Haar. Der 44-Jährige ist angespannt, sorgt sich um seine Familie. Denn in seiner Heimat, der syrischen Provinz Suweida, ist jüngst der Bürgerkrieg wieder aufgeflammt. Viele Menschen starben, Fernsehaufnahmen zeigen Blutlachen in Hauseingängen. „Unser Dorf wurde angegriffen, meine Mutter, meine Geschwister und ihre Familien mussten unter Lebensgefahr fliehen“, schildert er. Ob ihre Häuser noch stehen, sei ungewiss.

Weil in der Region im Süden Syriens Internet und Strom ausgefallen seien, habe er tagelang im Ungewissen gelebt – bis ihn vor wenigen Tagen über WhatsApp eine Nachricht erreichte. Die große Familie hat Unterschlupf in einem anderen Dorf gefunden und ist dort vorerst einigermaßen in Sicherheit.

Es sind radikale Islamisten, es sind Teufel.
Hashem Alshater über die neuen Machthaber in Damaskus

Alshater und seine Familie gehören zur Volksgruppe der Drusen, einer von mehreren Minderheiten in Syrien, die vor allem im Süden des Landes leben. Die Drusen spalteten sich im elften Jahrhundert vom schiitischen Islam ab und gelten heute als eigene Religionsgemeinschaft.

2011 brach in Syrien ein Bürgerkrieg aus – mit dem Ziel, das brutale Regime des Diktators Baschar al-Assad zu stürzen. „2015 sollte ich zum Militär eingezogen werden, aber ich bin Künstler und wollte nicht kämpfen“, sagt Hashem Alshater. Er floh nach Deutschland, lebte erst in einer Sammelunterkunft, lernte Deutsch, fand Arbeit und bekam ein Stipendium einer Kunsthochschule, das Studium dort schloss er mit einem Master ab.

In Gummersbach gibt er Kunstunterricht

Mittlerweile ist der 44-Jährige gut integriert, hat in Gummersbach eine Wohnung und deutsche und syrische Freunde gefunden, er gibt Kunstunterricht – sowohl an der Volkshochschule als auch privat. Und er hat die deutsche Staatsbürgerschaft angenommen. Von Deutschland aus ist es schwer zu durchschauen, wie in Syrien derzeit die Fronten verlaufen und wer gegen wen kämpft. „Als Assad im Dezember 2024 gestürzt wurde, haben alle Syrer gejubelt“, schildert Alshater. „Wir waren optimistisch, dass wir das Land gemeinsam aufbauen können.“

Die neuen Machthaber in Damaskus, die islamische Miliz HTS, tritt nach außen hin zwar gemäßigt auf. Doch Hashem Alshater hält das nur für Fassade. „Es sind radikale Islamisten, es sind Teufel.“ Ihr wirkliches Ziel sei die Errichtung eines islamischen Staates. Im März dieses Jahres verübten islamistische Kämpfer ein Massaker an den Alawiten, einer weiteren Minderheit in Syrien, es gab mehr als 1000 Tote.

Mitte Juli brach dann die Gewalt in der Provinz Suweida aus. Regierungstruppen und sunnitische Beduinen attackierten die Drusen, die ihrerseits militärische Unterstützung aus Israel erhielten. Die in Großbritannien ansässige Syrische Beobachtungsstelle berichtet von mehr als 1000 Toten, von brutalen Misshandlungen und Hinrichtungen. Etwa 200 Menschen seien „auf der Stelle hingerichtet“ worden. Bewohner der Provinz Suweida seien enthauptet und ihre Häuser in Brand gesetzt worden.

Hashem Alshater hofft, dass die internationale Politik nicht wegschaut. „Wichtig wäre es, Schutzzonen im Süden Syriens zu schaffen“, sagt er. Und die Massaker müssten von einer internationalen Kommission untersucht werden. An ein friedliches Zusammenleben der verschiedenen Volksgruppen in Syrien vermag er nicht mehr zu glauben.