Der Leiter des Rheingold-Instituts will, dass die Dachfläche des Römisch-Germanischen-Museums für Besucher zugänglich gemacht wird.
100 Ideen für KölnStephan Grünewald: „Museumsdach zur Aussichtsplattform machen“

Das Römisch Germanische Museum (Archivbild)
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Was ist meine Idee für Köln?
Zu den vielen Baustellen, die als Geld- und Zeitfresser in Köln den Charakter von schwarzen Löchern annehmen, gehört das Römisch-Germanische Museum (RGM). Ich schlage vor, den ikonischen Bau in direkter Nachbarschaft des Doms für die nächsten Jahre nicht einfach nur mit Bauzäunen zuzustellen und komplett brachliegen zu lassen, sondern die Dachfläche für Besucher zugänglich zu machen.
Der Grundgedanke, den zuerst die Agentur „Westermann Kulturprojekte“ bereits vor ein paar Jahren entwickelt und mit dem Projektnamen „Himmel un Ääd“ versehen hat, lautet: Die Baustelle wird zur Schaustelle. Vom Dach aus ergäben sich neue, überraschende Perspektiven auf die Südfassade des Doms, auf den Roncalliplatz und die gesamte Umgebung.
Warum wäre das gut für die Stadt?
Eigentlich, heißt es, lieben die Kölner das Provisorische, das Vorläufige und Unabgeschlossene, weil es ja immer auch ungeahnte Möglichkeiten eröffnet. Doch die ewigen Baustellen sind für die meisten Kölnerinnen und Kölner nichts weiter als ein Ärgernis. Mit dem Projekt „Himmel un Ääd“, das das RGM buchstäblich begehbar und somit auch als Sanierungsobjekt attraktiv macht, ließe sich diese negative Grundstimmung ein Stück ins Positive wenden.
Erst vor wenigen Wochen haben wir den Aufstieg des 1. FC in die Bundesliga gefeiert. Das war eine punktuelle Erfahrung, dass es in Köln auch mal wieder aufwärts gehen kann. Mit der Möglichkeit einer RGM-Dachbegehung würden alle Besucherinnen und Besucher Teil einer baulichen Erneuerung und Transformation. Es würde ein beständiges Aufstiegserlebnis geschaffen.

Stephan Grünewald
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Dachlandschaften als innerstädtische Ressource zu erschließen, ist angesichts der Flächenknappheit in Metropolen und Großstädten zudem ein weltweiter Trend. Köln könnte auch in diesem Bereich erstklassig werden, in der Liga der Top-Städte mit innovativen Ideen international vorne mit dabei sein und zeigen, dass die kölsche Mentalität auch ihr Gutes hat, nämlich, aus widrigen Umständen mit begrenzten Mitteln das Beste zu machen.
Wäre das Dach des RGM erst einmal als Aussichtsplattform eingerichtet, ließen sich darüber hinaus die Fläche des Roncalli-Platzes und auch die Domfassade noch einmal ganz anders „bespielen“ – zum Beispiel mit Lichtinstallationen, wie es sie zum Weltkriegsgedenken 2018 mit dem Lichtkunstprojekt „Dona nobis pacem“ gab. Dachbereiche künstlerisch zu „nutzen“, ist in Köln im Übrigen nichts Neues. Man denke an H.A. Schults „Geflügeltes Auto“ auf dem Stadtmuseum oder an Merlin Bauers Schriftzug „Liebe deine Stadt“ am Gebäudekomplex der 1950er Jahre über der Nord-Süd-Fahrt.
Wie könnte die Umsetzung gelingen?
Das Dach des RGM müsste über eine Treppenanlage, Gerüststege und Plattformen zugänglich gemacht werden. Wie mir mein Gewährsmann und Ideengeber Helmut M. Bien versicherte, hat er darüber mit einem renommierten Gerüstbauer gesprochen, der das für machbar erachtet. Hinzukommen könnte ein Info-Pavillon, wie es ihn zum Beispiel während der Bauphase auf dem Platz vor dem Berliner Stadtschloss gab.
Was braucht es dafür?
Als erstes bräuchte es den erklärten Willen der städtischen Verantwortlichen, so ein spektakuläres Projekt anzugehen. In einem ersten Anlauf stieß „Himmel un Äad“ in der Stadtspitze durchaus auf Sympathie. Aber als es an die Konkretion gehen sollte, haben sich die Zuständigen schnell einen schlanken Fuß gemacht. Einer von ihnen will jetzt Oberbürgermeister werden. Vielleicht verändert das seine Positionierung. Über Geld ist seinerzeit noch nicht geredet worden. Aber den erwähnten Gerüstbauer bekäme man bei der Realisierung des „Himmel un Ääd“-Projekts womöglich mit ins Boot.
Stephan Grünewald, geb. 1960, ist Diplom-Psychologe, Mitbegründer des Kölner „rheingold“-Instituts für tiefenpsychologische Marktforschung und erfolgreicher Autor. Gleich sein erstes Buch „Deutschland auf der Couch“ wurde 2006 zum Bestseller, ebenso der Nachfolge-Band „Köln auf der Couch“ 2008. Für den Herbst ist sein neuer Titel „Wir Krisenakrobaten. Psychogramm einer verunsicherten Gesellschaft“ angekündigt. Grünewald ist auch Kolumnist des „Kölner Stadt-Anzeiger“.