Hilfe für FrauenDie komplette Ausstattung fürs Baby

Babykleidung im Taborkeller
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Heimersdorf – „Wenn unsere Kunden zu uns kommen, stehen sie oft in der Tür wie Kinder im Spielzeugladen“, sagt Gabriele Otten vom Arbeitskreis Hilfe für Frauen. Der Keller ist prall gefüllt mit allem, was junge und künftige Eltern als Ausstattung für ihren Nachwuchs benötigen: Spielzeug, Bettchen, Hochstühle, Kinder-Autositze, Kinderwagen und vor allem Kinderkleidung, soweit das Auge reicht. Überwiegend sind es gut erhaltene gebrauchte Waren, manches ist nagelneu. Seit nunmehr 20 Jahren können sich Eltern mit eingeschränkten finanziellen Möglichkeiten hier mit fast allem versorgen, was ein Kind in den ersten Wochen, Monaten und Jahren seines Lebens braucht. In diesen zwei Dekaden ist die Einrichtung zu einem gut organisierten Kleinst-Unternehmen geworden – mit ausschließlich ehrenamtlichen Mitarbeitern.
Neben der Ausstattungskammer in der Taborstube bietet der Arbeitskreis auch stundenweise Kinderbetreuung an und hilft bei der Suche nach Kindergartenplätzen und Tagesmüttern. Die Kleider- und Equipment-Kammer ist aber das wichtigste Element des Arbeitskreises. 1992, im Jahr der Gründung, kamen 13 Kunden. Heute sind es jährlich weit mehr als 500 aus dem gesamten Stadtgebiet, die sich hier mit dem Nötigsten eindecken. Die Eltern können aber nicht mal eben vorbeikommen. Sie werden von den Beratungsstellen Esperanza, Donum Vitae und der Schwangerenberatung des Gesundheitsamts der Stadt zum Arbeitskreis geschickt – und gelangen ausschließlich mit Termin in die Heiligen Hallen für Kleinkindbedarf. „Anders geht es nicht. Sonst würden uns die Leute die Bude einrennen“, sagt Rita Kochs.
Atemberaubend niedrige Preise
Sie hat den Arbeitskreis gegründet und ihn zu Beginn allein betrieben. Inzwischen engagieren sich hier zwölf bis 14 Frauen. Kochs hat die Leitung nun an Otten übergeben, die schon zuvor Mitarbeiterin war. „20 Jahre sind genug“, meint Kochs, die dennoch im Arbeitskreis weiter mitmacht, nur eben nicht als Chefin. Die Preise im Keller des Arbeitskreises sind atemberaubend niedrig. Ab gerade einmal 20 Euro gibt es hier zum Beispiel einen Kinderwagen, Spielzeug geht zu Centpreisen über den Tresen. Eine komplette Baby-Erstausstattung – bestehend aus mehreren Bodys, Stramplern, Hosen, Hemden, Schlafanzügen, Socken, Strumpfhosen, Jacken, Schlafsäcken und Overalls – kostet lediglich fünf Euro.
Solch eine Erstausstattung haben sich der kurdischstämmige Ossendorfer Abo Abo und seine noch schwangere Frau gekauft. Im Juni soll das erste Kind des Paares geboren werden. „Ich hätte niemals gedacht, dass Babys so viele Sachen brauchen“, staunt der Sänger orientalischer Musik. Er ist hochzufrieden mit seinen Errungenschaften: „Die Sachen sind sehr schön. Manches ist sogar ganz neu. In einem normalen Geschäft hätte das alles mindestens das 20-fache gekostet.“
Sachspenden und günstige Einkäufe
Ganz umsonst ist aber fast nichts beim Arbeitskreis und zwar aus psychologischen Gründen. „Die Kunden wollen auch etwas zahlen, selbst wenn es nur ein symbolischer Betrag ist. Sonst würden sie sich als bloße Bittsteller fühlen“, hat Kochs herausgefunden. In den Anfangstagen füllte sich das Lager des Arbeitskreises noch ausschließlich durch Sachspenden. „Aber damit kommen wir schon lange nicht mehr hin, wir müssen zukaufen“, sagt Kochs. Um diese Zukäufe möglichst günstig zu erledigen, shoppen die engagierten Frauen auf allen Kanälen. „Einige von uns schwärmen aus und fahren auf Basare in der ganzen Stadt“, erläutert Kochs. Sie sind Spezialistinnen, die jeden noch so kleinen Kinderkleiderflohmarkt kennen. Drogerie-Märkte versorgen die Einrichtung mit gespendeten Windeln und Hygieneartikeln.
Auch das Internet ist eine gute Quelle. Die Fachfrau des Arbeitskreises hierfür ist Sabine Hinsen. Sie durchforstet Internet-Auktionshäuser und feilscht und kauft online. Ihre Beute bezahlt der Arbeitskreis, aber sie holt sie mit ihrem Privatauto ab. Auch die Spritkosten trägt Hinsen selbst. Gerade kommt sie mit einem frisch ersteigerten Kinderwagen in den Keller. „Ich erzähle den Verkäufern immer, wofür ich die Sachen brauche. Manche sind so begeistert, dass sie uns die Dinge schenken“, berichtet Hinsen. Oder aber noch etwas draufgeben: Beim Verkäufer des Kinderwagens hat sie kostenlos zwei Auto-Kindersitze und eine Auto-Babyschale abgestaubt.
Kochs hat den Arbeitskreis vor 20 Jahren aus einem zutiefst christlichen Ethikverständnis heraus gegründet. „Der Schutz des ungeborenen Lebens wird erst glaubwürdig durch die Hilfe für das geborene Leben“, sagt sie. Bei den Kunden in der Taborstube sind aber alle Religionen der Welt vertreten. Und auch unterschiedlichste soziale Herkünfte. „Studenten, Asylbewerber, kinderreiche Familien, alles mögliche“, sagt Kochs. Meist jedoch erfährt sie den Grund der Bedürftigkeit nicht. „Das ist mir auch völlig egal. Die Leute brauchen einfach Hilfe.“