Die Pläne für das Siemens-Aral in Köln-Ehrenfeld liegen derzeit aus. Nachbarn haben eine Petition gestartet, um 15 Bäume am Rande des Baufelds zu retten.
Siemens-Gelände in KölnNachbarn in Ehrenfeld wollen alte Platanen erhalten

Die 15 mächtigen Platanen in der Franz-Geuer-Straße möchten Jürgen Lauppe (r.) und sein Mitstreiter Joachim Matys erhalten.
Copyright: Hans-Willi Hermans
Die beiden Männer in den schwarzen T-Shirts sind wegen des zweitägigen Amphi-Festivals in Köln und übernachten im Weltempfänger Hostel an der Ecke Venloer Straße/Franz-Geuer-Straße. So eine Festival-Nacht kann anstrengend sein, deshalb erholen sie sich an diesem sonnigen Morgen bei Kaffee und Zigaretten im Schatten einer mächtigen Platane in der Franz-Geuer-Straße, Stühle stehen dort bereit. „Das machen wir jedes Jahr hier, wir kommen ja regelmäßig zum Festival“, erzählt der erste. „Hoffentlich finden Sie die Platane im kommenden Jahr noch vor, die soll nämlich gefällt werden“, sagt Jürgen Lauppe.
Lauppe ist Anwohner und hat erst vor Kurzem unter der Überschrift „Rettet die alten Bäume“ eine Petition gestartet, um den Erhalt der insgesamt 15 meist über 60 Jahre alten Platanen in der Franz-Geuer-Straße und der Stammstraße zu sichern. Zumindest sieben von ihnen sind durch die Bebauungspläne der Swiss Life Asset Managers für das frühere Siemens-Gelände nebenan gefährdet. Die Neuigkeit ist ein echter Schreck in der Morgenstunde für die beiden Dark Wave- und Gothic-Fans: „Was? Das geht nicht, wo können wir die Petition unterschreiben?“, fragt der zweite aufgebracht. Die „Amphi“-Besucher kommen allerdings aus Karlsruhe, ihre Meinung würde bei den Stadtoberen im Zweifelsfall nicht viel zählen, deshalb winkt Lauppe freundlich ab: „Wir haben ohnehin schon etwa 2.100 Unterschriften gesammelt, rund 1.700 davon kommen aus Ehrenfeld.“
450 Wohnungen baut die Swiss Life auf dem ehemaligen Siemens-Areal in Köln-Ehrenfeld
Bis zum 1. August läuft die Petition noch, bis dahin können interessierte Bürger auch die Entwürfe der Swiss Life Asset Managers online oder im Deutzer Stadthaus einsehen und Stellung dazu nehmen. Rund 450 Wohnungen sollen hier entstehen, 30 Prozent davon öffentlich gefördert, dazu ruhiges Gewerbe und eine Kindertagesstätte. Auch ein zukunftsweisendes Mobilitätskonzept inklusive Quartiersgarage und öffentlichen Wegen durch das 1,9 Hektar große Gelände würden berücksichtigt, versichert der Bauherr. Auf der Homepage der Swiss Life Asset Managers ist nachzulesen, dass man dort mit einem Baubeginn „für Anfang 2026“ rechnet und die Fertigstellung 2030 erfolgen soll.
Teilerfolg für Bürger in Ehrenfeld: Investor plante um einige Bäume herum
Für die Baugenehmigung ist allerdings noch die Zustimmung von Bezirksvertretung und Stadtrat notwendig, auch müssen die Bürger Gelegenheit zu Kritik und Verbesserungsvorschlägen haben. Die hatten sie bereits um die Jahreswende 2020/21, aufgrund der damaligen Eingaben wurden die ursprünglichen Pläne geändert. Zwar konnte sich eine Initiative mit dem Vorschlag, das ehemalige Siemens-Gebäude zu erhalten und für eine Schulnutzung umzubauen, nicht durchsetzen. Einen Teilerfolg immerhin konnten die Anwohner verbuchen: Während anfangs von einer Fällung aller 15 Bäume in Stammstraße und Franz-Geuer-Straße die Rede war, sollen nun zumindest je vier Platanen erhalten bleiben. Dafür wurden Gebäudefronten ein paar Meter weit von den Grundstücksgrenzen und Gehwegen weg ins Innere des Areals verlegt. „Wir sind natürlich froh über jeden Baum, der stehen bleibt, aber wir kämpfen weiter um jeden einzelnen“, stellt Jürgen Lauppe klar.

Das Blätterdach der mächtigen Platanen in der Franz-Geuer-Straße möchte Jürgen Lauppe möglichst in seiner jetzigen Form erhalten.
Copyright: Hans-Willi Hermans
Zwar sieht er durchaus ein, dass eine der Platanen an der Franz-Geuer-Straße einer Tiefgaragen-Einfahrt weichen muss. Aber die große, an der Grundstücksgrenze gelegene, unter der gerade die Musik-Freunde frühstücken, die müsse man doch durch geringe Änderungen in der Planung erhalten können. Ähnlich an der Stammstraße, wo ebenfalls eine Tiefgaragen-Ausfahrt vorgesehen ist. Die Bäume seien einfach zu wichtig, das erkenne die Stadt mit ihrem Projekt „klimawandelgerechte Metropole" oder mit dem Hitzeaktionsplan auch ausdrücklich an. „Gerade in Ehrenfeld, das dicht bebaut ist und kaum Bäume hat, müsste man sie doch um jeden Preis erhalten. Hier ist es teils um zehn Grad heißer als in den äußeren Stadtteilen“, schimpft er.
Klar, Wohnungsbau sei eine dringliche Aufgabe, doch Lauppe wünscht sich größeren Ehrgeiz bei Planern, wenn es um die Vermeidung von Baumfällungen geht, auch klarere Vorgaben für Bauherren. Ein anderer Anwohner, Stefan Rütter weist darauf hin, dass bei einem Bauprojekt dieser Größe Grünflächen in einer Größenordnung von fast 9000 Quadratmetern gefordert seien, auf dem Siemens-Gelände aber seien dafür nur etwa 600 Quadratmeter vorgesehen. Der Verweis auf den Inneren Grüngürtel nebenan, auf der anderen Seite der Inneren Kanalstraße, sei irreführend. Denn die vielbefahrene Straße stelle eine ernst zu nehmende Barriere insbesondere für Kinder, ältere Menschen oder Menschen mit Behinderung dar.
Schon die architektonischen Eckpunkte dieses „ins Gigantische aufgeblasenen Neubauprojekts“ hält Rütter für bedenklich: Die beiden geplanten achtgeschossigen Wohntürme sowie die beiden sechsgeschossigen Gebäuderiegel würden künftig die meist drei- bis viergeschossigen Bauten im Umfeld erheblich überragen. Stefan Rütter erhofft sich eine erneute, grundsätzliche Diskussion über das Projekt, und „dass die Stadt zwischen den Interessen der Anwohner und denen des Investors einen fairen Ausgleich trifft.“