So wohnt KölnDrei Männer leben ihren Wohntraum in alter Fabrik – Abriss droht

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WG Bruncken

Lorenz Köhler, Sebastian Koeppe und  Henk Aaron Szanto (v.l.) in ihrem Loft

Köln-Bickendorf – Der Eingang zu Sebastian Köppes Wohntraum sieht unscheinbar aus. Hinter dem Rolltor könnte auch der Lieferanteneingang eines Supermarktes sein. Doch dahinter verbirgt sich kein wohlsortiertes Warenlager, sondern ein luftiger Durchgang, der mit Palmen und Fahnen geschmückt ist. 

Der erstaunte Besucher folgt dem Weg durch den Dschungel und gelangt zu einer kleinen Stahltreppe, die wiederum zu einer Eingangstür auf dem Niveau des ersten Stockwerks führt. 

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Blick in den luftigen gemeinsamen Wohn- und Arbeitsraum

Wer so weit gekommen ist, ist mittendrin, im Herzen der ehemaligen Bruncken-Fabrik an der Rochusstraße 56, in der bis in die 70er-Jahre des letzten Jahrhunderts hinein Elektromotoren hergestellt wurden. 

Kölner Hauseingang gleich einem Gewächshaus

Der besondere Eingang mit den Dimensionen eines Flora-tauglichen Gewächshauses ist also nichts anderes als die frühere Einfahrt in die Fabrik. 

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Der Eingangsbereich erinnert an ein Gewächshaus.

Das Gebäude zeugt von den zahlreichen Industriebetrieben, die nicht nur das einstige Arbeiterviertel Ehrenfeld prägten, sondern auch im Nachbarstadtteil Bickendorf zu finden waren.

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Von der Wohnungstür aus blickt man auf die Flora-artige Eingangshalle.

In der Bruncken-Fabrik leben heute insgesamt sechs Parteien in individuellen Loft-Wohnungen.

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Sebastian Köppe will für den Erhalt der Fabrikhallen kämpfen. 

„Vor uns wohnten hier Theaterleute, die sich den Raum als Bühne hergerichtet haben“, erzählt Sebastian Köppe über sein Domizil. Er ist der Hauptmieter einer Dreier-WG.

Gemeinsam leben und arbeiten

Mit seinen Mitbewohnern möchte er sich in den ehemaligen Fabrikhallen den Traum vom gemeinsamen Leben und Arbeiten erfüllen.

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Wie ein Baumhaus hat sich ein Mitbewohner sein Zimmer selbst gebaut. 

Platz genug für Coworking-spaces bietet der Kathedralen-artige zentrale Raum, in den sein Mitbewohner Lorenz Kohler kurzerhand sein Zimmer wie ein Baumhaus auf einer Zwischenebene eingezogen hat.

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Eine Sauna war für alle drei ein Muss. 

In einer Ecke steht eine Sauna, die haben sich die drei Endzwanziger bei Ebay ersteigert, für 700 Euro. „Wir sind alle totale Sauna-Fans,“ erzählt Köppe. Das Trio komplettier der Fotograf Hank Aaron Szanto, der in dem zum Teil mit Glasdächern ausgestattetem Fabrikgebäude ideale Lichtbedingungen für seinen Job findet.

Investor hat Kölner Fabrikhallen gekauft

Doch der Traum vom gemeinsamen Leben und Arbeiten wird nun wohl bald enden. Schon im März 2021 erhielten sie die Kündigung. Die Eigentümerin hat den gesamten Komplex an einen Investor verkauft. Im zur Rochusstraße hin liegenden Vorderhaus sind längst alle Wohnungen leer, auch ehemalige Praxisräume. „Wir haben eigens den Verein Alte Fabrikhöfe Bickendorf gegründet, weil wir das Gebäude für die Öffentlichkeit erhalten und zugänglich machen wollen“, erklärt Köppe den Plan, wie die WG sich gegen den drohenden Rauswurf zur Wehr setzen wollte.

Auch ein Kaufangebot haben sie gemeinsam mit den fünf anderen Mietparteien abgegeben. „Wir wollten aus den Hallen einen Marktplatz für Bickendorf machen, mit Läden und Cafés und so einen Ort für alle Leute im Viertel schaffen.

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In Tiny Houses auf dem Dach sollten Leute leben. Das Projekt ist meine Semesterarbeit “ erzählt Koeppe, der an der Technischen Hochschule Architektur studiert.

Kölner starten Petition gegen den Abriss

Doch Ende Februar müssen die drei ihre Wohnung an der Rochusstraße nun verlassen. „Weil wir einen befristeten Mietvertrag haben, haben wir den Prozess verloren“, glaubt Köppe. Die anderen fünf Parteien, die auch die Kündigung erhalten hatten, haben erfolgreich dagegen geklagt. Die Gemengelage ist nun unklar. So lange die Fabrik nicht komplett entmietet ist, kann der Investor nicht abreißen und neu bauen. Was ihm das Recht gäbe von seinem Kauf zurückzutreten. Köppe und seine Mitstreitet hoffen, dass genau das passiert. Sie bereiten gerade eine Petition vor, die einen Abriss-Stopp der Bruncken-Fabrik zum Ziel hat.

„Auch wenn wir auf die Straße gesetzt werden, wollen wir doch weiter dafür kämpfen, dass das Fabrikgebäude dem Viertel erhalten bleibt.“ Koeppe wünscht sich, dass nicht nur von Investoren geplante und gebaute Wohnungen in Köln realisiert werden, die maximalen Profit bringen und die Gentrifizierung beschleunigen, sondern dass auch Zwischenräume für Kunst, Leben und Arbeiten erhalten bleiben. Und er hofft, dass sich für seine Dreier-WG am Ende doch noch die Möglichkeit ergibt, ihren Wohntraum zu leben - am liebsten in der Bruncken-Fabrik.

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