Überflutungen in KölnPolitik will Ehrenfeld besser vor Extremwetter schützen

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Überflutung Teichstraße

Die überflutete Kreuzung Teichstraße/Subbelrather Straße

Ehrenfeld – Die Flutkatastrophe vom 14. Juli betraf auch viele Haushalte, Gewerbebetriebe und öffentliche Einrichtungen in den Stadtteilen des Bezirks Ehrenfeld. Anlass genug für die Bezirksvertretung Ehrenfeld, sich in der ersten Sitzung nach der Sommerpause mit einer Aktuellen Stunde dem Thema zu widmen und erste Beschlüsse zu fassen. „Dieses Thema muss und wird uns noch lange beschäftigen“, sagte Bezirksbürgermeister Volker Spelthann (Grüne). Die Bezirksvertretung könne zwar kein Krisenstab sein, habe aber die wichtige Aufgabe Informationen zwischen Bürgern und Verwaltung zu vermitteln.

Fraktionsübergreifend herrschte Einigkeit darüber, dass es in der Stadt Veränderungen geben müsse, um gegen die Wetterextreme besser gewappnet zu sein. Bettina Tull (Grüne) betonte, dass es dabei sowohl um Niederschlagsereignisse gehe als auch um lange Trockenperioden. Auf der Tagesordnung standen mehrere Anträge und Anfragen sowie ein umfangreicher Antrag aus der Bürgerschaft, unterzeichnet von mehreren Männern und Frauen, die im besonders betroffenen Bereich Teichstraße/Subbelrather Straße in Bickendorf wohnen. Dort waren zahlreiche Kellerräume, Wohnungen und Ladenlokale überflutet worden. Der Kiosk an der Teichstraße hatte schon vordem Regen vom 14. Juli geschlossen. Denn nur wenige Wochen zuvor war dieser schon einmal durch Hochwasser infolge heftigen Regens geflutet worden. Schuld ist die Senke, wo sich die von der Kanalisation nicht mehr aufzunehmenden Wassermassen bis in Erdgeschosshöhe der angrenzenden Häuser sammelten.

In den Fluten versunken

Geparkte Autos versanken, Wasser drang bis tief in die Häuser-Fundamente ein. Auch die Stadt Köln verzeichnet einen erheblichen Schaden. Das Schulgebäude Lindweilerhof ist nicht mehr nutzbar. Der Unterricht der dortigen Förderschule findet derzeit in Longerich statt.

Als Experte erläuterte Ingo Schwerdorf, Abteilungsleiter für wasserwirtschaftliche Grundlagen bei den Stadtentwässerungsbetrieben (Steb), die Problematik und mögliche Lösungen. Zunächst drückte er sein Bedauern über die entstandenen Schäden aus. „Das Starkregenereignis vom 14. Juli brachte an einem einzigen Tag eine Wassermenge, die 20 Prozent des Jahresniederschlags in Köln entsprechen“, sagte Schwerdorf. Das Kanalnetz sei in Bickendorf auf dem neuesten Stand. Auch die dort vorhandene Pumpanlage funktioniere. Sie sei aber schlicht überlastet gewesen. Selbst mit einem zehnfachen Leistungsvermögen hätte sie die Wassermassen nicht wegschaffen können.

Gesamte Verwaltung in Vorsorge involviert

Schwerdorf betonte, dass die „gesamte Stadtverwaltung“ am Thema Vorsorge gegen Starkregen arbeite. Es sei nicht nur eine Aufgabe für die Steb, sondern beispielsweise auch für das Grünflächenamt und die Bauaufsicht. Die Starkregenvorsorge werde in Köln bei der Planung von neuen Baugebieten und der Einreichung von Bauanträgen berücksichtigt. So würden die Fließwege von Wasser sinnvoll geplant und die Gefährdung von Gebäuden minimiert. Grundlage hierfür bilden die Starkregengefahrenkarten.

Ein wichtiger Baustein zur Vorsorge gegen Überflutung können urbane Retentionsräume sein. Das Prinzip dieser Räume sieht vor, dass vor allem öffentliche Freiflächen, wie beispielsweise Plätze, Parkflächen, Grünanlagen oder Straßen bei seltenem Starkregen temporär und gezielt als Überflutungsraum oder als Ableitungselement genutzt werden. Dazu müssen die Flächen entsprechend gestaltet sein und ertüchtigt werden. Schon seit 2012 begleiten die Steb etwa die Entwässerungsplanung des Baugebiets Alter Güterbahnhof Ehrenfeld. Dort werden derzeit öffentliche Verkehrsflächen als Fließwege für Regenwasser in Richtung einer öffentlichen Grünfläche mit Notflutfläche angelegt.

„Wir uns Jahrzehnte beschäftigen“

Petra Bossinger, Fraktionsvorsitzende der SPD, kündigte an, dass solche Fragen die politischen Gremien noch über Jahrzehnte bei vielen Projekten beschäftigen werden. Ihr CDU-Kollege Martin Berg gab zu Bedenken, dass in den zurückliegenden 100 Jahren bei vielen Bauvorhaben Fehler gemacht worden seien, indem Freiräume zugebaut worden seien. „Das rächt sich heute brutal“, so Berg.

Die Bezirksvertretung beschloss einstimmig, dass es in naher Zukunft eine öffentliche Informationsveranstaltung zum Thema Vorsorgemöglichkeiten geben müsse. Zudem gab sie der Verwaltung eine Reihe von Prüfungsaufträgen. Untersuchen soll die Stadt, ob auf Schulhöfen, Spielplätzen und Parkflächen Versickerungsmöglichkeiten geschaffen werden können. Städtische Gebäude sollen nach Möglichkeit begrünt werden, um Zwischenspeicher zu schaffen. Beim Straßen- und Wegebau soll berücksichtigt werden, ob wasserdurchlässiger Belag verbaut werden kann. Wenn neue Bäume gesetzt werden, könnten unter Umständen sogenannte Baum-Rigolen eingebaut werden, wo sich Regenwasser zeitweilig stauen kann.

Zur schnellstmöglichen Umsetzung beschloss die Bezirksvertretung außerdem, dass im Bereich der Unterführung Vogelsanger Straße/Gelbspötterweg in Vogelsang eine Entwässerung mit ordnungsgemäßem Anschluss an die Kanalisation angelegt wird. Zudem soll ein Warnschild vor der Überflutungsgefahr aufgestellt werden. Zahlreiche Keller und Wohnungen im Umfeld der Unterführung waren Mitte Juli stark beschädigt worden. Einige Wohnungen sind seitdem unbewohnbar.

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