SchulanmeldungenFast 1000 Kinder an Kölner Gesamtschulen abgelehnt

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Zu wenig Gesamtschulplätze

Köln – Die Anmeldephase für die Gesamtschulen ist abgeschlossen. Und das Ergebnis ist wie befürchtet ernüchternd: Auch in diesem Jahr werden in den nächsten Tagen wieder 980 Kölner Familien für ihr Kind einen ablehnenden Bescheid für einen Gesamtschulplatz in ihrem Briefkasten finden. Für sie ist die freie Wahl der Schulform in Köln faktisch abgeschafft. Sie müssen sich nun auf einem Gymnasium, einer Real- oder einer Hauptschule anmelden. Dies sind deutlich mehr Ablehnungen als im vergangenen Jahr, als 700 Kinder von Gesamtschulen eine Absage erhielten. 

Insgesamt hatten sich 3330 – also mehr als ein Drittel aller 9600 Kölner Viertklässler - auf einer Gesamtschule angemeldet. 2350 von ihnen bekamen einen Platz. Nahezu jedes dritte Kind ging also leer aus, insgesamt wurden fast 1000 Kinder abgelehnt. Der schulpolitische Sprecher der SPD, Oliver Seeck, sprach von "erschütternden Zahlen" und einer "zögerlichen Gesamtschulpolitik des Ratsbündnisses, das Kinder und Eltern nun ausbaden". Bezüglich der beiden neuen Gymnasien Aachener Straße in Müngersdorf und Zusestraße in Lövenich teilte die Stadt mit, dass die Mindestaufnahmezahl erreicht wurde und diese beiden Schulen mit 186 Kindern an den Start gingen.

Nur 54 zusätzliche Plätze geschaffen

Der zugespitzte Platzmangel liegt auch darin begründet, dass zum neuen Schuljahr wie schon im vergangenen Jahr wieder keine neue Gesamtschule im Interim an den Start geht. Lediglich 54 zusätzliche Schulplätze konnten durch eine Zügigkeitserweiterung an der Lise-Meitner-Gesamtschule geschaffen werden.

Dabei geht der Schulentwicklungsplan davon aus, dass in den nächsten Jahren 13 neue Gesamtschulen benötigt werden, um perspektivisch den Bedarf zu decken. Der nächste Neubau einer Gesamtschule, der den Kölner Westen entlasten soll, ist die Gesamtschule an der Fitzmauricestraße in Ossendorf. Dort soll eine mindestens fünfzügige Gesamtschule entstehen, die auf der Prioritätenliste ganz oben steht. Voraussichtliche Inbetriebnahme ist allerdings erst 2027. Eigentlich gab es den Plan, dass in der Nachbarschaft zunächst ein Interimsbau entstehen sollte, um die Schule vorgezogen an den Start zu bringen. Dies wurde inzwischen als unrealisierbar verworfen.

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Außerdem soll der Neubau einer vierzügigen Gesamtschule in Deutz „Im Hasental“ ebenfalls 2027 vollendet sein. Auch verschiedene Erweiterungsbauten zur Aufstockung von Plätzen an bestehenden Gesamtschulen stehen auf der langen Schulbauliste der Stadt – wie etwa an der Gesamtschule in Rodenkirchen, wo man laut Plan im Jahr 2023 fertig werden will.

Ein riesiges Schulbaupaket für alle Schulformen mit einem Investitionsvolumen von 1,7 Milliarden Euro hat die Stadt auf den Weg gebracht. Durch die Zusammenarbeit mit General- und Totalunternehmern sowie Modulbauten sollen die Bauzeiten deutlich verkürzt werden. Als Zukunftsmusik stehen auf der Liste auch neue Gesamtschulen etwa in Zündorf, Mülheim, Nippes und in der Parkstadt Süd. Als weiteren Standort für eine weiterführende Schule hat die SPD im Schulausschuss das Max-Becker-Areal im Kölner Westen ins Gespräch gebracht, wo ein neues Stadtquartier entstehen soll. Hier solle von vorneherein gemeinsam mit dem Investor geplant werden.

Hauptschule umwandeln

Den abgelehnten Kindern und ihren Familien helfen diese umfangreichen Planungen nichts. Es müssen kurzfristig Plätze her. Um zumindest bereits für den nächsten Jahrgang Entlastung zu schaffen, haben die Fraktionen von SPD und Linken daher beantragt, die Kurt-Tucholsky-Hauptschule in Neubrück in eine vierzügige Gesamtschule umzuwandeln und dabei die aktuellen Lehrkräfte weiter zu beschäftigen. In der dortigen Hauptschule liegt die Auslastung nur noch bei 40 Prozent und die dort angemeldeten Schülerinnen und Schüler sind zu einem Großteil nicht bei einer Gesamtschule angenommen worden. Derzeit laufen diesbezüglich Gespräche zwischen der Schule und der Politik.

Bürgerinitiative kämpft für Gesamtschule

Streitpunkt zwischen den Parteien im Kölner Rat ist die grundsätzliche Frage, ob die Stadt nicht angesichts des großen Mangels einen Schwerpunkt auf den Ausbau des Gesamtschulangebots legen muss. SPD und Linke fordern das. Die Schulverwaltung sowie das Ratsbündnis setzen auf einen gleichberechtigten Ausbau von Gesamtschul- und Gymnasialplätzen. Exemplarisch manifestiert sich dies an der Entscheidung für eine weiterführende Schule in Rondorf: Hier hatte sich in der vergangenen Legislaturperiode das damalige Ratsbündnis aus CDU und Grünen gegen den Rat der Verwaltung und gegen das Votum von 17 Schulleitungen im Kölner Süden für die Einrichtung eines Gymnasiums statt einer Gesamtschule entschieden. Seither kämpft eine vor Ort gegründete Bürgerinitiative weiter für eine Gesamtschule in Rondorf. Im Dezember übergab sie eine Petition mit 2000 Unterschriften an die Stadtverwaltung. Die Initiatoren haben noch die Hoffnung, dass der Rat seine damals getroffene Entscheidung revidiert. Die Grünen - jetzt stärkste Partei im Ratsbündnis - befürworten grundsätzlich den Ausbau des Gesamtschulangebots in Köln. Auch SPD und Linke hatten sich für eine Gesamtschule in Rondorf ausgesprochen.

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