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WirtschaftsausschussGroßmarkthändler fordern Perspektiven von Kölner Politik – BUND unterstützt ein Frischezentrum

Lesezeit 4 Minuten
Der Kölner Großmarkt (Archivfoto).

Der Kölner Großmarkt (Archivfoto).

Der Kölner Großmarkt muss 2025 schließen. Die Händler fordern mehr Hilfe bei der Suche nach neuen Standorten von der Stadt Köln.

Der Kölner Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) unterstützt die Händler des Kölner Großmarkts bei ihrer Suche nach einem neuen Standort. Viele der Händler stehen mit dem Ende des Jahres – wenn der Großmarkt schließt – ohne Perspektive da, nur wenige konnten bislang Alternativen finden, um ihr Geschäft weiterzuführen. „Wir hoffen, dass der Kölner Rat die Bedeutung des Fortbestands eines gemeinsamen Netzwerks der Händler als wichtigen Beitrag für die notwendige Ernährungswende in Köln erkennt“, sagte Helmut Röscheisen, Vorstandsmitglied im Kölner BUND.

Mit dem Ratsbeschluss vom 1. Oktober 2024 zur Einstellung des Großmarktbetriebes in Raderberg (wir berichteten) würden die Händler „ohne jegliche Perspektive im Stich gelassen“, kritisierte Röscheisen auf dem Wochenmarkt auf dem Rochusplatz in Ehrenfeld am Mittwoch. Wer auf den Kölner und den regionalen Wochenmärkten Ware verkauft, bezieht sie vielfach vom Kölner Großmarkt. Die Umweltschützer unterstützen die Unternehmen des Großmarkts nun, weil sie sicherstellen wollen, dass regional erzeugte Lebensmittel aus dem Kölner Umland weiter in der Stadt erhältlich bleiben – oder sogar besser vertrieben werden. Pablo Steinberg, Professor und ehemaliger Leiter des Bundesforschungsinstituts für Ernährung und Lebensmittel, leitet eine Arbeitsgruppe beim BUND, die Pläne für ein neues Frischezentrum erstellt. Er will vor allem Erzeuger aus dem rheinischen Revier einbinden.

Der Standort des Großmarkts war seit Jahrzehnten umstritten. Auf den 115 Hektar in Raderberg soll das Stadtentwicklungsprojekt Parkstadt Süd entstehen, Baubeginn: 2032. Bis dahin wird abgerissen.

Michael Rieke, Sprecher der Interessengemeinschaft Kölner Großmarkt (v.l.), Pablo Steinberg der AG Frischezentrum vom BUND Köln, Jörg Frank vom BUND und Helmut Röscheisen, Kölner BUND-Vorstandsmitglied stellen auf dem Wochenmarkt auf dem Rochusplatz ihre Pläne für ein Frischezentrum vor.

Michael Rieke, Sprecher der Interessengemeinschaft Kölner Großmarkt (v.l.), Pablo Steinberg der AG Frischezentrum vom BUND Köln, Jörg Frank vom BUND und Helmut Röscheisen, Kölner BUND-Vorstandsmitglied stellen auf dem Wochenmarkt auf dem Rochusplatz ihre Pläne für ein Frischezentrum vor.

2007 hatte der Kölner Rat bereits die Entscheidung getroffen, den Großmarkt 2020 als neues Frischezentrum oder „Food Hub“, in dem mehr als jetzt auch Endverbraucher einkaufen sollen, nach Marsdorf zu verlagern. Auch sollte ein Investor anstelle des kommunalen Betreibermodells gefunden werden. Das gelang nicht – laut der Großmarkt-Händler und dem BUND auch, weil die Fläche für das Frischezentrum durch eine Initiative des Ratsbündnisses aus Grünen, CDU und Volt 2021 deutlich verkleinert wurde. Grund dafür: Ein Teil wurde für einen Campus des 1. FC Köln vorgehalten. Der Verein verfolgt diese Pläne schon länger nicht mehr. Die Politiker verlängerten den Betrieb in Raderberg zweimal, Ende 2025 ist aber Schluss. Ein Versuch der Fraktionen SPD, Linke und FDP, den Großmarkt noch bis 2030 zu erhalten, war damit gescheitert.

Aktuelle Stunde zur Perspektive der Großmarkthändler im Kölner Wirtschaftsausschuss

Am Donnerstagabend diskutierten die Ratsmitglieder im Wirtschaftsausschuss erneut die Perspektiven der Großmarkthändler, das Ratsbündnis hatte eine aktuelle Stunde beantragt. Volker Görzel (FDP) warf dem Bündnis vor, es sei „scheinheilig“, dass ausgerechnet sie die Aktuelle Stunde zum Thema Großmarkt nun beantragt hatten, die doch für das Ende des Marktbetriebs 2025 gestimmt hatten. 

Stadtentwicklungsdezernent Andree Haack sagte: „Ich möchte daran erinnern, dass die Realisierung der Parkstadt Süd ein vom Rat beschlossenes Konzept ist, das auf dieser Fläche umgesetzt werden soll.“ Monika Roß-Belkner (CDU) sagte den anwesenden Händlern, das Ende des Großmarkts in Raderberg sei nicht überraschend gekommen und von den Händlern sei zu wenig Bereitschaft gezeigt worden, Lösungen zu finden. Norbert Heep, Vorsitzender der IG Kölner Großmarkt konterte: „Uns wurde immer gesagt, der Großmarkt zieht um.“ Laut Heep sind nun bis 1000 Arbeitsplätze direkt betroffen.

Zwar plant die Verwaltung wie vom Rat entschieden auch weiter ein Frischezentrum, „zum Beispiel in Marsdorf“, so steht es im Beschluss. Die Großmarkthändler aber sagen, das Frischezentrum, das die Stadt plant, biete ihnen keine Perspektive, denn selbst wenn es innerhalb des derzeitigen Zeitplans pünktlich gebaut würde, könnte es nicht vor 2030 in Betrieb gehen. Die Händler bräuchten also eine Interimslösung für mindestens fünf Jahre, mit Start im Januar 2026.

Einige wenige Händler haben mittlerweile eine Alternative gefunden. Nevzat Thaskiran, er führt das Unternehmen Adam Früchte, schloss sich mit zwei anderen Händlern des Großmarkts zusammen und fungiert mit ihnen als Generalmieter einer 8500 Quadratmeter großen Halle im Josef-Linden-Weg 8 in Gremberghoven. Laut Thaskiran ziehen in sein neues „Kölner ABA Frischecentrum“ 14 Händler insgesamt ein. Allerdings „Die Konditionen in Gremberghoven sind für uns viel schlechter.“ Die Miete koste mehr als das Dreifache.

Wirtschaftsförderung soll Kölner Großmarkthändler unterstützen

Bei der Suche nach finanzierbaren Alternativen auf städtischen Grundstücken oder privaten Objekten soll die städtische Wirtschaftsförderung Köln-Business unterstützen, das ist Teil des Ratsbeschlusses aus dem Oktober 2024. Doch Norbert Heep und einige seiner Mitstreiter sagen, die Unterstützung sei nicht ausreichend gewesen.

Kai Kröger, Geschäftsbereichsleiter Unternehmen & Investoren der städtischen Wirtschaftsförderung, berichtete dem Wirtschaftsausschuss auf Nachfrage des Ratsbündnisses deshalb, wie die Unterstützung bislang aussah. Er wies einige gefundene Lösungen mit einzelnen Händlern vor, gab aber auch an, nur wenige hätten sich überhaupt an Köln-Business gewandt. Würde ein Großteil der Händler gemeinsam umziehen, bräuchten sie eine große gewerbliche Industriefläche von 30.000 Quadratmetern. „Dafür gibt es keine städtischen Flächen.“ Kröger berichtete, größere Versuche, Flächen und Investoren etwa in Niehl oder im Kölner Umland zu akquirieren, seien letztlich als „nicht praxistauglich“ gescheitert.