Herkules-HochhausProzess um tödliche Messerstiche

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In der Nacht zu Heiligabend wurde ein 32-Jähriger im Herkules-Hochhaus bei einem Streit getötet.

In der Nacht zu Heiligabend wurde ein 32-Jähriger im Herkules-Hochhaus bei einem Streit getötet.

Neuehrenfeld – Was hat Bernd E. dazu gebracht, seinen Mitbewohner Markus W. zu töten? Aufklärung soll der Prozess bringen, der am Donnerstag vor dem Landgericht begonnen hat. In der Nacht auf Heiligabend 2013 hat der 55-Jährige im Herkules-Hochhaus seinen 32 Jahre alten Zimmernachbarn umgebracht. Dass Bernd E. die Tat begangen hat, steht außer Frage. Allerdings schilderte er sie als Akt der Gegenwehr: Er habe sich im Kampf mit Markus W. aus der Umklammerung befreien wollen.

Leben in prekären Verhältnissen

In dem 31 Stockwerke hohen Gebäude in Ehrenfeld leben gut 1000 Menschen, viele in prekären Verhältnissen. Die beiden Männer teilten sich im 15. Stock notgedrungen eine Zwei-Zimmer-Wohnung; an jeden war ein Raum vermietet. Seit dem Einzug des Nachbarn fühlte sich Bernd K., der als Arbeitsloser viel zuhause war, von ihm gestört; er habe rücksichtslos herumgelärmt, ob er nun Möbel gerückt oder an der hölzernen Trennwand Kakerlaken erschlagen habe. Zum ersten Mal seien sie nach drei, vier Monaten aneinander geraten. Markus W. habe die Toilette verstopft, er, der Angeklagte, deshalb sein Radio provozierend laut gestellt – und es folgte eine Prügelei. Sonst will Bernd E. dem Konflikt aus dem Weg gegangen sein, indem er sich öfter draußen herumtrieb, auf der Freitreppe am Dom saß und Alkohol trank. Häufig war er im Spielsalon in der Hoffnung, Geld für einen Wohnungswechsel zu gewinnen.

Stiche in Rücken und Brust

In der Tatnacht fühlte er sich wieder von Lärm gestört. Laut Anklage stieß er die Tür des Nachbarn gewaltsam auf, trat ihn in den Schambereich, drückte ihm einen Daumen ins Auge, griff zu einem Messer mit 20 Zentimeter langer Klinge, stach ihn in den Rücken und mehrfach in die Brust. Dann eilte er nach unten und alarmierte mit dem Handy eines Kioskbesitzers die Polizei. Trotz der Rettungsversuche eines Notarztes starb Markus W. noch am Tatort. Nach Darstellung des Angeklagten war es jedoch der Nachbar, der auf ihn zustürzte. Der habe ihn in die Mangel genommen und nicht aufgehört, ihn an den langen Haaren zu ziehen; in seiner Bedrängnis habe er spontan zum Messer gegriffen. „Ich war erschrocken, dass es so tief reinring“, sagte er zum ersten Stich in die Brust.

Seine Angaben zu seinem Werdegang ergaben ein düsteres Bild. Vom frühen Tod der Mutter über Kinderheimaufenthalte bis Obdachlosigkeit und Inhaftierungen. Für den Prozess sind sechs Verhandlungstage vorgesehen.

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