Meistgelesen 2022Kölner muss nach homophobem Übergriff operiert werden

Lesezeit 3 Minuten
Tatort Richard-Wagner-Straße, vor einem Imbiss.

Tatort Richard-Wagner-Straße, vor einem Imbiss.

  • Dieser Text ist zuerst am 29. Oktober 2022 erschienen.

Mirxan K. und Leo N. (beide 26) warteten in der Nacht von Samstag auf Sonntag vor einem Imbiss an der Richard-Wagner-Straße, Ecke Engelbertstraße, auf ihr Essen, als sie von drei Jugendlichen homophob beleidigt wurden. Einer der Halbstarken, „unscheinbar, blond, schmal, maximal 17 oder 18 Jahre alt“, habe sich gegen 0.30 Uhr vor ihnen aufgebaut und gesagt: „Na, ihr Schwuchteln?“, erinnert sich Mirxan K., während er im Krankenhaus liegt und auf seine zweite Operation wartet.Oktober

Statt die Beleidigungen stumm hinzunehmen, hätten sie die Jugendlichen gefragt, was das solle, ob sie klarkämen, erinnert sich Leo N. „Dann kam es zu einer kurzen verbalen Auseinandersetzung, bis die drei irgendwann abgedreht sind.“

Homophobe Gewalt in Köln: Schlag ins Gesicht nach Rauferei

Sekunden später kehrten zwei der Jugendlichen zurück, „so aggressiv, dass sofort klar war, was jetzt folgen würde“. Es sei zu einem wilden Handgemenge gekommen, „einer der Jugendlichen hat Mirxan geschlagen, als er das erste Mal zu Boden ging, habe ich ihm hochgeholfen, dann hat er einen Schlag ins Gesicht bekommen und lag wieder auf dem Boden“, erzählt Leo N.

Die Jugendlichen rannten weg, Mirxan K. blieb geschockt und mit stark verdrehtem Fuß liegen. Dass mehrere Knochen im Bereich von Schienbein und Ferse gebrochen waren und K. operiert werden muss, wurde wenig später im Krankenhaus festgestellt. Im Laufe der Woche wird Mirxan K. zum zweiten Mal operiert.

Schwules Paar in Köln: Angst, seine Liebe frei zu zeigen

„Mir geht es soweit gut. Mental aufarbeiten kann ich den Vorfall wohl erst, wenn ich aus dem Krankenhaus entlassen werde“, sagt Mirxan K. Schlimmer noch als die körperliche Versehrtheit sei das Gefühl, sich als schwules Paar in Köln nicht sicher fühlen zu können – „und sogar in einer eigentlich ja toleranten Stadt Angst haben zu müssen, seine Liebe frei zu zeigen“, wie Leo N. sagt.

Beleidigt worden seien sie in Köln wegen ihrer sexuellen Orientierung schon öfter. „Zuletzt stand ich vor einigen Wochen vor einem Friseurladen, als Typen mit dem Auto vorbeigefahren sind, das Fenster runtergekurbelt und gerufen haben: ‚Du schwuler Hurensohn‘“, sagt Mirxan K. Angegriffen worden sei er bis Samstagnacht noch nie. „Ich war auch noch nie in eine Schlägerei verwickelt. Ich bin ein Mensch, der körperlichen Konflikten immer aus dem Weg geht.“

Immer wieder queerfeindliche Übergriffe in Köln auf LGBTIQ-Community

Die Polizei war am Samstagnacht wenige Minuten nach der Tat vor Ort. Ermittlungen wegen Körperverletzung und Beleidigung laufen. Der Täter, der Mirxan K. schlug, war schmal, er hatte blondgelockte Haare und trug einen grauen Kapuzenpullover sowie eine schwarze Umhängetasche der Marke Carhartt.

Immer wieder kommt es in Köln zu Queerfeindlichkeit und Übergriffen gegen Menschen aus der LGBTIQ-Community. Im Juni waren drei Frauen vor einem Nachtclub in der Schaafenstraße von fünf Männern angegriffen worden. Eine Frau soll dabei geschlagen worden sein und das Bewusstsein verloren haben. Am Rande des Christopher Street Days in Münster war Ende August ein 25-jähriger Transmann zu Tode gekommen, nachdem ein junger Mann ihn beschimpft und mit der Faust geschlagen hatte.

„Es ist schlimmer geworden“, hatte Hugo Winkels, Sprecher des Kölner Lesben- und Schwulentags, jüngst berichtet. Queerfeindliche Gewalt habe es schon immer gegeben, die Homophobie äußere sich gegenwärtig aber aggressiver als noch vor zehn oder 20 Jahren. Der Kölner Grünen-Politiker Lino Hammer hatte in einem Gespräch mit dem „Kölner Stadt-Anzeiger“ gesagt, er würde mit seinem Mann „samstagsnachts nicht händchenhaltend über die Ringe laufen“. Solchen Situationen „setze ich mich gar nicht erst aus“.

Mirxan K. und Leo N. wollen eine Stadtgesellschaft, in der sie nicht frei ihre Liebe zeigen können, so nicht hinnehmen. Auch deswegen erzählen sie, was ihnen passiert ist.

KStA abonnieren