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Alte Liebe rostet nichtInnovativ, aber gescheitert – Ulli Frankens Citroën GS Birotor

4 min
Ulli Franken steht neben seinem Auto.

Ulli Franken erhielt vor einigen Jahren die Gelegenheit, einen der raren GS Birotor in gutem Zustand zu kaufen.

Der Citroën GS Birotor wurde in Deutschland nie verkauft. Ulli Franken besitzt einen – und schätzt die Besonderheiten des Autos.

Eigentlich fährt Ulli Frankens Citroën ruhig und seidig, vor allem bei höheren Drehzahlen besticht er durch große Laufruhe. Seit einiger Zeit jedoch ist der Wagen etwas lauter unterwegs: „Irgendwas ist lose im Auspuff, aber man kriegt die Teile nicht“, sagt der 69-Jährige.

So ist es, wenn man einen Citroën GS Birotor besitzt: Das Wankelmotor-Modell ist so selten, dass Ersatzteile Mangelware sind. Dafür hat Ulli Franken eine Menge zu erzählen. Es ist die Geschichte eines innovativen, letztlich aber gescheiterten Automobilprojekts.

  1. Typ: Citroën GS Birotor
  2. Baujahr: 1974
  3. PS: 107
  4. Km/h max: 175
  5. Hubraum: 1990 ccm
  6. Verbrauch: 15 Liter
  7. Gebaute Exemplare: 847
  8. Neupreis: 28.000 Francs (umgerechnet ca. 14.000 D-Mark)

Deshalb habe ich ihn:

Ich bin schon lange Citroën-Fan. Beim Birotor mag ich das technische Konzept und die verrückte Vergangenheit dieses Typs. Der Autohersteller NSU hat den Wankelmotor in den 1960-er Jahren der Weltöffentlichkeit vorgestellt. Beim üblichen Motor gibt es eine Auf- und Abbewegung des Kolbens, beim Wankelmotor kreist ein dreieckiger Kolben.

Alle waren hellauf begeistert von der Laufruhe und den wenigen Bauteilen, die im Vergleich zum konventionellen Antrieb nötig sind. Auch Citroën. Zusammen mit NSU gründete man im Saarland sogar ein eigenes Werk für Wankelmotoren. Im GS Birotor, der auf dem sehr erfolgreichen Mittelklassemodell GS basiert, wollte man die neuartige Technik als Zweischeiben-Wankelmotor massenhaft einsetzen.

Geöffnete Motorhaube des Citroën GS Birotor mit Reserverad

Unter dem Reserverad arbeitet der Zweischeiben-Wankelmotor sehr laufruhig.

Leider ist es dazu nicht gekommen. Erst kam die Ölkrise dem ziemlich durstigen Antrieb in die Quere, dann übernahm Peugeot den angeschlagenen Hersteller Citroën. Alle unrentablen Projekte mussten gestoppt werden.

Nur 847 GS Birotor wurden zwischen 1973 und 1975 gebaut, dann war Schluss. Citroën bot den Käufern an, ihre Autos gegen andere Modelle mit irrsinnigen Rabatten einzutauschen. Man hätte sonst wegen der Zehn-Jahres-Garantie langfristig Ersatzteile für den Birotor vorhalten müssen.

Einige Käufer und Händler haben dem aber zum Glück nicht Folge geleistet. Deshalb sind noch ein paar Exemplare im Umlauf. Schätzungsweise sind es noch 100, wobei 50 nicht mehr fahrbereit sein dürften. In Deutschland ist so etwas besonders selten, denn hier wurde das Modell gar nicht verkauft.

Das kann er:

Ein Freund wies mich vor einigen Jahren auf einen Händler bei Paris hin, der einen Birotor verkaufen wollte. In der Mittagspause durfte ich mich ganz allein mit dem Auto beschäftigen und war vom Zustand begeistert. Der Motor funktionierte und Rost gab es nur wenig.

Die Kombination aus hydropneumatischer Federung, die quasi alle Unebenheiten schluckt, und Wankelmotor ist einfach einzigartig. Für mich kommen hier Komfort, Innovation und Technik zusammen. Im Vergleich zu den normalen GS ist der Birotor auch ziemlich flott unterwegs, das ist schon Luxus.

Gleichzeitig ist er kein Auto zum Angeben, was mir sehr liegt. Niemand merkt so richtig, dass es so ein exotisches Auto ist. Fachleute können einen Birotor zum Beispiel an den Ausbuchtungen an den vorderen Kotflügeln erkennen.

Citroën GS Birotor von der Seite

Der Citroën GS war ein Millionenseller, doch nur die wenigsten bekamen einen Wankelmotor spendiert.

Das kann er nicht:

Das Armaturenbrett hat zu viel Plastik und sieht ein bisschen billig aus. Der Verbrauch ist auch enorm, wobei Citroën das Problem sicher in den Griff bekommen hätte, wäre das Projekt nicht eingestellt worden.

Ein Nachteil ist natürlich auch, dass die Ersatzteillage schwierig ist. Birotor-Fahrer brauchen Connections und müssen jede Gelegenheit nutzen, Teile auf Vorrat zu kaufen. Im Juli habe ich leider eine solche Gelegenheit verpasst. In Frankreich hat die Tochter eines Sammlers Birotor-Teile für kleines Geld versteigert. Ich brauche dringend eine neue Heckklappe, habe aber nichts von der Aktion gewusst. Am Ende wurden nicht versteigerte Stücke und alte Karosserien verschrottet. So etwas tut richtig weh.

Lenkrad und Armaturenbrett des Citroën GS Birotor

Das Einspeichenlenkrad gehörte zu den Markenzeichen von Citroën, am Hebel neben dem Lenkrad wird die Handbremse betätigt.

Das habe ich für ihn getan:

Wer sich für einen Birotor interessiert, sollte sich vorher damit auseinandergesetzt haben. Vor dem Kauf habe ich praktisch nächtelang recherchiert, Literatur gelesen, deutsche und französische Ersatzteilkataloge studiert und Reparaturanleitungen. Ich wollte wissen, worauf ich achten muss, wenn ich ihn kaufe.

Rückansicht des Citroën GS Birotor

Der Citroën GS Birotor gehört nicht zu den auffälligsten Oldtimern, dabei ist er äußerst selten und innovativ.

Das haben wir erlebt:

Der Wagen stand schonmal im Technikmuseum Speyer, als Teil einer Ausstellung mit Fahrzeugen von Robert Opron. Das war der Designer, von dem auch der GS stammt. Auch im Luxemburgischen „Conservatoire National de Véhicules Historiques“ und auf der „Techno Classica“ in Essen war der Birotor schon zu sehen. In Fachkreisen löst dieses Auto wirklich Begeisterung aus, vielleicht ein bisschen so wie die Blaue Mauritius bei Briefmarkensammlern.

Das haben wir vor:

Den Wagen habe ich in den letzten Jahren behutsam restauriert, vor allem die Elektrik habe ich fit gemacht. Um die Technik zu testen, würde ich gerne eine weitere Reise unternehmen. Einfach, um meine Arbeit zu genießen. Eines Tages werde ich mir auch einen zweiten Wankelmotor kaufen und ihn mir mal von innen anschauen. Es ist wirklich schade, dass Citroën den Wankelmotor nicht mehr verbessern konnte. Es hätte alles anders kommen können und auch müssen.